• 31.08.2020, 22:00:02
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Dienstag, 1. September 2020, von Manfred Mitterwachauer: "Das Schweigen nach dem Applaus"

Innsbruck (OTS) - 500 Euro hat das Land den „Helden des Alltags“ in
Gesundheits- und Pflegeberufen als Corona-Dank versprochen. Was
danach folgte, ist zum Fremdschämen. Und offenbart die Erbsenzählerei
im Landhaus und in den Tirol Kliniken.

Am Höhepunkt der Corona-Krise gab es viele, denen in Tirol Applaus
für ihre Arbeit spendiert wurde. Die „Helden des Alltags“ holte man
in politischen Sonntagsreden vor den Vorhang:
Lebensmittelverkäuferinnen, Buslenker – kurz alle, die maßgeblich
dazu beitragen, dass unser aller Leben so funktioniert, wie es eben
funktionieren soll. Allen voran das medizinisch-pflegerische Personal
in Heimen, Krankenhäusern, mobilen Diensten. 500 Euro wurden diesen
sodann vom Land als Dankeschön versprochen. Vor Monaten. Für viele
bis dato ein leeres Versprechen. Dass mit den Tirol Kliniken
ausgerechnet eine Landes-Tochter zum i-Tüpfel-Reiter mutiert,
verwundert genauso wie das Fehlen eines Machtworts aus den
zuständigen ÖVP-Regierungsbüros.
400 Millionen Euro an Soforthilfen, 230 Millionen Euro als erster
Teil eines mehrjährigen Konjunkturpakets: Die Landesregierung
jongliert derzeit – im Großen gesehen – ohne Netz und doppelten Boden
mit Millionen, dass Artisten im Zirkus vor Neid erblassen könnten.
Geht es aber ins Detail, so wird für das kleine Förder-Einmaleins der
Taschenrechner ausgepackt und penible Buchhaltermentalität an den Tag
gelegt. In Summe reden wir von 7,5 Millionen Euro, die der
Corona-Bonus das Land kosten dürfte. Eigentlich Peanuts in Zeiten wie
diesen.
Die Tirol Kliniken haben mit ihrer Kritik an der Landes-Richtlinie
insofern Recht, als dass das Erstellen einer Steuererklärung wohl ein
leichteres Unterfangen ist, als die Anzahl an Bonus-Berechtigten in
einem Landesunternehmen mit 8600 Beschäftigten zu ermitteln. Doch was
hindert die Führung der Tirol Kliniken daran, die Bonus-Meldung ans
Land großzügig auszulegen? Nicht unmaßgeblich dazu beigetragen haben
dürfte, dass lange Zeit von Seiten des Landes im Raum gestanden ist,
die Boni nicht direkt mit dem Land ab-, sondern zunächst dem
Klinik-Budget anzurechnen. Ein Budget-Schmäh, der verworfen wurde.
Den Abgang deckt ja ohnehin das Land. Und doch wäre die Optik für die
seit Längerem unter Beobachtung stehenden Klinik-Finanzen fatal
gewesen.
Für Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg, für Landesrätin Patrizia
Zoller-Frischauf (zuständig für Landesbeteiligungen) und für
Landeshauptmann Günther Platter wäre es ein Leichtes, dieses
unwürdige Bonus-Pingpong zwischen Landhaus und Tirol Kliniken zu
beenden. Doch ihrem Applaus ist das große Schweigen gefolgt. Von
wegen „Tirol hält z’amm“. Davon können die Beschäftigten im
Gesundheits- und Pflegebereich der Klinik derzeit bestenfalls ein
Lied singen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PTT

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