• 05.06.2020, 10:03:32
  • /
  • OTS0047

COVID-19-bedingte Rezession stellt größte wirtschaftspolitische Herausforderung in der Zweiten Republik dar

Gesamtwirtschaftliche Prognose für Österreich 2020 bis 2022

Utl.: Gesamtwirtschaftliche Prognose für Österreich 2020 bis 2022 =

Wien (OTS) - Die zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie in vielen
Ländern beschlossenen Maßnahmen führen 2020 weltweit und auch in
Österreich zu einer tiefen Rezession. Die Oesterreichische
Nationalbank (OeNB) erwartet für 2020 einen Rückgang des realen BIP
der heimischen Wirtschaft um 7,2 Prozent. Die Jahre 2021 und 2022
werden mit einem Wachstum von 4,9 Prozent beziehungsweise 2,7 Prozent
von einem Aufholprozess gekennzeichnet sein. Die Arbeitslosenquote
laut Eurostat-Definition steigt 2020 auf 6,8 Prozent und wird im Jahr
2022 immer noch bei 5,3 Prozent liegen. Die am Harmonisierten
Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflation geht im Jahr 2020
auf 0,8 Prozent zurück, wird 2021 auf diesem Niveau verbleiben und
sich 2022 wieder auf 1,5 Prozent beschleunigen. Die COVID-19-bedingte
Rezession stellt die größte wirtschaftspolitische Herausforderung in
der Zweiten Republik, nach dem Kriegsende und den ersten
Wiederaufbaujahren, dar. Das gesamtstaatliche Defizit
(Maastricht-Defizit) steigt aufgrund der umfangreichen fiskalischen
Maßnahmen und der Wirkung der automatischen Stabilisatoren im Jahr
2020 auf 8,9 Prozent des BIP, wird aber bis 2022 wieder sinken und
1,5 Prozent des BIP betragen.

Containment-Maßnahmen führen zu Wirtschaftseinbruch

Die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie hat in der ersten Jahreshälfte
2020 die Wirtschaftsentwicklung weltweit stark beeinträchtigt. In
Österreich ist die Wirtschaftsleistung in diesem Zeitraum um rund 13
½ Prozent eingebrochen. Bereits für das zweite Halbjahr 2020 wird
aber – ausgehend von diesem sehr niedrigen Aktivitätsniveau – ein
deutlicher Aufholeffekt erwartet.

Einbruch des Welthandels und der Exporte

Während die Welt ohne den Euroraum in der Finanz- und
Wirtschaftskrise im Jahr 2009 noch ein geringfügiges Wachstum
verzeichnet hatte, schrumpft das BIP dieser Region im Jahr 2020 um 4
Prozent. 2021 kommt es aufgrund von Aufholprozessen aber zu einer
deutlichen Erholung. Für die österreichischen Exportmärkte wird für
das Jahr 2020 ein Einbruch von 12,7 Prozent erwartet, der zu einem
Rückgang der österreichischen Exporte um 11,6 Prozent führt. Für 2021
und 2022 wird ein Exportwachstum von 6,9 Prozent beziehungsweise von
4,7 Prozent prognostiziert.

Einbruch der Inlandsnachfrage

Für die Bruttoanlageinvestitionen, die sehr konjunkturreagibel sind,
wird ein Rückgang um 6,7 Prozent erwartet. Der private Konsum wird in
diesem Jahr um 5,8 Prozent sinken. In historischer Betrachtung wirkte
der Konsum in Krisenperioden über das Entsparen der Haushalte
konjunkturstabilisierend. Aufgrund der Lockdown-Maßnahmen, die die
Konsummöglichkeiten der Konsumentinnen und Konsumenten stark
einschränkten bzw. teilweise unterbanden, kam es trotz des
gleichzeitigen Rückgangs der Einkommen aber zu einem deutlichen
Anstieg der Sparquote. Für die Jahre 2021 und 2022 werden sowohl für
die Bruttoanlageinvestitionen als auch für den privaten Konsum
infolge von Nachholeffekten sowie des verbesserten
Wirtschaftsvertrauens überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten
erwartet.

Deutlicher Anstieg der Arbeitslosenquote

Durch die umfassenden Containment-Maßnahmen zwischen Mitte März bis
Mitte April 2020 ist die Anzahl der registrierten Arbeitslosen von
rund 310.000 auf über 530.000 Personen angestiegen. Aufgrund der
Neuausrichtung der Kurzarbeitsregelung konnte aber ein noch viel
stärkerer Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert werden. Die
Arbeitslosenquote wird im Gesamtjahr 2020 bei im historischen
Vergleich sehr hohen 6,8 Prozent liegen (laut Eurostat-Definition).
Trotz der deutlichen Verbesserung der Konjunktur im Jahr 2021 wird
die Arbeitslosenquote auf nur knapp unter 6 Prozent sinken.

Inflation unter einem Prozent

Im Gesamtjahr 2020 wird die HVPI-Inflationsrate auf 0,8 Prozent
zurückgehen. Ein wichtiger Grund hierfür ist der weltweite Einbruch
der Nachfrage nach Rohöl, der 2020 zu einer Halbierung des Ölpreises
führt. Die HVPI-Inflation ohne Nahrungsmittel und Energie wird durch
den Nachfrageschock gedämpft, wodurch die Inflation im Jahr 2020 auf
0,8 Prozent sinkt. 2021 wird die HVPI-Inflationsrate bei 0,8 Prozent
verweilen. Erst 2022 wird es zu einem Anstieg auf 1,5 Prozent kommen.

Substanzielle Unterstützung durch die Fiskal- und Arbeitsmarktpolitik

Infolge der umfangreichen, temporären, fiskalischen Maßnahmen zur
Eindämmung des Konjunkturabschwungs sowie aufgrund der Wirkung der
automatischen Stabilisatoren wird der gesamtwirtschaftliche
Budgetsaldo im Jahr 2020 auf –8,9 Prozent des BIP sinken. Das
Auslaufen der Maßnahmen und die Konjunkturerholung werden eine
deutliche Verringerung des Defizits auf 3,9 Prozent im Folgejahr
bewirken. 2022 wird das Budgetdefizit mit einem Wert von 1,5 Prozent
des BIP wieder deutlich unter die 3 Prozent-Maastricht-Defizitgrenze
sinken. Der starke Anstieg der Schuldenquote auf 84,4 Prozent des BIP
(+14 Prozentpunkte) im Jahr 2020 führt zur zweithöchsten
Schuldenquote seit dem Beitritt Österreichs zur EU. Nach diesem
starken Anstieg wird die Schuldenquote bereits im Jahr 2021 wieder
auf einen rückläufigen Pfad zurückkehren.

Prognose stark annahmegetrieben: Zweite Infektionswelle würde
Wirtschaftswachstum zusätzlich drücken und den Aufholprozess 2021
dämpfen

Der Prognose liegen zwei wesentliche Annahmen zugrunde: Es kommt zu
keiner zweiten Infektionswelle im Herbst 2020 und Mitte 2021 steht
eine medizinische Lösung (Medikament oder Impfung) zur Verfügung. Die
Annahme des Auftretens einer zweiten Infektionswelle im Herbst dieses
Jahres, die schwächer ausfällt als jene im Frühjahr, würde laut einer
Szenarienrechnung der OeNB im Jahr 2020 zu einem zusätzlichen
Wirtschaftseinbruch um rund zwei Prozentpunkte beziehungsweise einer
noch tieferen Rezession von –9,2 Prozent führen. Im Jahr 2021 würde
das Wirtschaftswachstum in diesem Szenario nur 3 ½ Prozent betragen.

Die Prognose steht auf der Website der OeNB auch als Download zur
Verfügung:
www.oenb.at/Geldpolitik/Konjunktur/prognosen-fuer-oesterreich

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | ONB

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel