• 02.06.2020, 22:00:32
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 3. Juni 2020. Von PETER NINDLER. "Nächster Anlauf für eine moderne Klinik".

Innsbruck (OTS) - An der Innsbrucker Klinik wurden schon viele
Reformen versprochen, aber holprig angegangen. Doch der Kostendruck
zwingt Tirol Kliniken und Medizinische Universität zum Handeln. Und
die Corona-Krise hat bereits Strukturen aufgebrochen.

Am Reißbrett entwarfen Gesundheitsexperten im Vorjahr eine
Spitalsreform in Tirol. Politisch strauchelten sie jedoch mit der
Ankündigung, das auf Lungenheilkunde spezialisierte Landeskrankenhaus
Natters zu schließen. Dennoch sollen bis 2025 rund 220 Betten
eingespart werden. Unabhängig davon scheitern Veränderungen im
stationären Bereich vor allem dann, wenn sie von oben herab verordnet
werden. So wie die 2007 vom Land forcierte Beteiligung der
Medizinischen Universität an der Spitalsholding Tirol Kliniken.
Weil Land Tirol und Bund schließlich gemeinsam am Landeskrankenhaus
Innsbruck bzw. der Klinik operieren, sollten die Zusammenarbeit und
Führung verbessert, Forschung, Lehre und Patientenversorgung
optimiert werden. Schlussendlich geht es nicht nur um Kompetenzen,
sondern ums Geld. Der Kostendruck ist in den vergangenen dreizehn
Jahren keinesfalls geringer geworden, doch die Rahmenbedingungen für
Reformen haben sich verbessert. Trotz permanenter Finanzierungssorgen
herrschen heute sowohl an den Tirol Kliniken als auch an der Med-Uni
stabile Verhältnisse.
Was bleibt, sind die davongaloppierenden Kosten: Allein die Klinik
verzeichnete 2018 einen Betriebsabgang von 46,1 Mio. Euro, die drei
Krankenhäuser der Tirol Kliniken zusammen 70 Millionen. Für 2019
wurde das Defizit mit 99,5 Mio. Euro gedeckelt. Zugleich kämpfen die
Universitätsmedizin im Allgemeinen und die medizinische Forschung
ebenfalls um jeden Cent.
Zwar ist seit der Absichtserklärung („Letter of intent“) wieder ein
Jahr vergangen, doch Tirol Kliniken und Med-Uni meinen es jetzt
offenbar ernst. Um verkrustete Hierarchien aufzubrechen, die
Patientenversorgung an tatsächliche Notwendigkeiten anzupassen, die
Effizienz zu steigern, Spitzenmedizin weiter zu gewährleisten und den
Bedarf an Ärzten finanziell zu stemmen, benötigt es keine Fusion –
vielmehr Verschränkungen auf allen Ebenen. Dass es mit
„Medizin-Zukunft-Tirol“ erstmals einen gemeinsamen Außenauftritt
gibt, ist ein erstes sichtbares Zeichen des Bemühens.
Die Corona-Krise dürfte den Prozess durchaus beschleunigen, weil
beide Systempartner über Nacht gezwungen waren, sich von
eingesessenen Strukturen zu verabschieden. Trotzdem tickt die Uhr,
Tirol Kliniken und Med-Uni müssen spätestens bis 2021 liefern. Denn
schon beim vor Jahren politisch inszenierten Zusammenarbeitsvertrag
zwischen den beiden Systempartnern hat sich leider gezeigt, dass
Papier geduldig ist und verschwurbelte Absichtserklärungen keine
tiefgreifenden Reformen ersetzen können.

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