- 06.05.2020, 09:57:48
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„Wofür es sich zu leben lohnt“
Paul-Watzlawick-Ehrenring 2020 der Ärztekammer für Wien geht an Robert Pfaller – Lustverhinderung und Askese als Ausdruck einer neoliberalen und paternalistischen Kultur

Utl.: Paul-Watzlawick-Ehrenring 2020 der Ärztekammer für Wien geht
an Robert Pfaller – Lustverhinderung und Askese als Ausdruck
einer neoliberalen und paternalistischen Kultur =
Wien (OTS) - Mit seinem jüngsten Buch „Erwachsenensprache – Über ihr
Verschwinden aus Politik und Kultur“ hat Robert Pfaller, stilsicher
und sprachverliebt wie immer, die Gefahr des Paternalismus und der
Entmündigung der Bürger durch die Politik aufgezeigt: mit teilweise
witzigen, an Paul Watzlawick erinnernden Paradoxa und ironischen
Anspielungen. Unter anderem dafür wird ihm die Ärztekammer für Wien
ihren Paul-Watzlawick-Ehrenring verleihen. ****
Mit der Entmündigung der Bürger – schon früh gebrauchte Pfaller
den Begriff der Interpassivität – beschäftigt sich der Professor für
Philosophie an der Kunstuniversität Linz schon seit Jahren. Mit
Interpassivität beschreibt er die Praxis, eigene Handlungen und
Empfindungen an äußere Objekte – Menschen oder Dinge – zu delegieren.
In seinem Erfolgsbuch „Die Illusionen der anderen“ entwickelt Pfaller
die These, dass es Einbildungen gebe, die keiner konkreten Person
zuzuordnen sind. Pfaller nennt das „Emotionen ohne Eigentümer“.
In der „Erwachsenensprache“ stellt er fest, dass im öffentlichen
Diskurs nur mehr auf Scheinempfindlichkeit von einzelnen Gruppen
Rücksicht genommen wird. Der Terror der Korrektheit lässt keine
kritischen Auseinandersetzungen mehr zu. Befindlichkeiten werden über
alles gestellt. Ein modernes Triggertum erfasst die Demokratien.
Pfaller differenziert – als Vorbilder nennt er unter anderem
Octave Mannoni und Johan Huizinga – zwischen Einbildungen mit
Eigentümern (Meinungen) und Einbildungen ohne Eigentümer, die nicht
rational begründbar sind. Lustverhinderung und Askese sind für ihn
Ausdruck der aktuellen neoliberalen, paternalistischen Kultur.
Individuen verlernen sukzessive, ihre Interessen adäquat
wahrzunehmen, sie lassen sich vielmehr von Verzichtskategorien
leiten, die der politischen Correctness entsprechen.
Als Vertreter des mündigen, lusthaften Citoyens hat Pfaller
mehrere Initiativen gestartet oder mitgetragen, zum Beispiel „Mein
Veto! - Bürger gegen Bevormundung“ oder „Adults for Adults: Citizens
Against Patronizing Politics“. Gemeint sind damit
„Bevormundungspolitik“, „Biopolitik“ und „Pseudopolitik“.
Mit Paul Watzlawick verbinden ihn sowohl der Sprachwitz als auch
dessen kritischer Konstruktivismus. In seinen Essays „Hätten Sie mal
Feuer?“ und anderen Aufsätzen erinnert er an die „selbsterfüllende
Prophezeiung“ des Paul Watzlawick.
Dialogoffenheit und interdisziplinärer Diskurs
Den Paul-Watzlawick-Ehering der Ärztekammer für Wien nimmt er „mit
Freude und Dankbarkeit“ entgegen. „Robert Pfaller ist eine
Ausnahmeerscheinung“, resümiert die Vorsitzende der Jury, Elisabeth
J. Nöstlinger-Jochum, stellvertretend für ihre Kolleginnen und
Kollegen in der Jury.
„Für uns“, so Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, „ist der
Ehrenring ein Zeichen unserer Dialogoffenheit und des Engagements des
interdisziplinären Diskurses. Ärztinnen und Ärzte brauchen
Philosophie und Geowissenschaften, und sie brauchen Anregung zur
Zivilcourage – wie jene von Robert Pfaller, und in Zeiten wie diesen
ganz besonders“.
Vor Pfaller haben folgende Persönlichkeiten den
Paul-Watzlawick-Ehrenring der Ärztekammer für Wien erhalten: Peter L.
Berger (2008), Aleida Assmann (2009), Rüdiger Safranski (2010),
Friedrich Achleitner (2011), Walter Thirring (2013), Ruth Klüger
(2015), Konrad Paul Liessmann (2016), Franz Schuh (2017), Hartmut
Rosa (2018) und Ulrike Guérot (2019). (hpp)
(S E R V I C E – Der-Paul-Watzlawick Ehrenring der Ärztekammer für
Wien wird am 15. Oktober 2020 in Kooperation mit den Wiener
Vorlesungen verliehen – im Rahmen einer Vorlesung von Robert Pfaller
und begleitet von einer Laudatio durch Konrad Paul Liessmann.)
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