• 20.04.2020, 23:00:02
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" vom 21. April 2020 von Serdar Sahin "Populismus in Reinkultur"

Innsbruck (OTS) - Unter freiheitlicher Regierungsbeteiligung gab es
nur ein Mini-Plus für das Heer – jetzt fordert die FPÖ mehr Geld für
das Militär. Ex-Innenminister Kickl begehrte einen „Bundestrojaner“ –
jetzt warnt er vor einem Überwachungsstaat.

Die parlamentarische Opposition ist wichtig. Sie kontrolliert die
Regierenden, hinterfragt sie, zeigt auf, wenn etwas falsch läuft.
Gleichzeitig schlägt die Opposition Alternativen vor. Das tun SPÖ,
FPÖ und NEOS. Manche Parteien sind dabei inhaltlich konsequent,
andere wiederum weniger.
So fordert die FPÖ in der gegenwärtigen Corona-Krise ein „starkes
Bundesheer“. Das Budget des Heeres gehöre auf drei Milliarden Euro
aufgestockt, fordern freiheitliche Spitzenpolitiker. Dabei vergessen
sie, dass unter Türkis-Blau mit Mario Kunasek einer der ihren das
Verteidigungsministerium innehatte. Und wie viel Geld hat er für die
Soldatinnen und Soldaten damals herausgeholt? Ein Mini-Plus war es:
2018 gab es gerade einmal 38 Millionen Euro mehr – insgesamt 2,26
Milliarden Euro. Für 2019 wurde ein Budget von 2,29 Milliarden Euro
paktiert.
In Sachen „Stopp Corona“-App warnt FPÖ-Klubchef Herbert Kickl vor der
„Installierung eines Überwachungsstaates“. Er habe „massive
datenschutzrechtliche Bedenken“. Doch Kickl plante – als er noch
Innenminister war – offenbar Ähnliches, wenn nicht gar Schlimmeres.
Im vergangenen Jahr wurde ein Dokument der BVT-Reform publik. Demnach
ließ Kickl Planspiele für eine Art Überwachungsstaat durch groß
angelegte Lausch- und Spähangriffe prüfen. Auch einen
„Bundestrojaner“ zur Überwachung von Messenger-Diensten wie WhatsApp
und Co. begehrte Kickl. Verteidigte diesen gar gegen Kritik.
Unverständlich war es für ihn, warum es ein Problem sein soll, wenn
die WhatsApp-Kommunikation überwacht wird. Letztlich hatte der
Verfassungsgerichtshof etwas dagegen.
Schließlich spricht die FPÖ davon, dass „Günstlinge ungeniert zu den
Krisengewinnern“ gemacht werden. Vergessen scheinen dabei die
Casinos-Causa, der Ibiza-Skandal und einige andere zumindest
fragwürdige Postenbesetzungen unter freiheitlicher
Regierungsbeteiligung.
Klar ist: Wir wollen keinen Überwachungsstaat, die Nutzung von „Stopp
Corona“ muss freiwillig bleiben, das Heer benötigt eine ordentliche
finanzielle Ausstattung und ja, Posten sollten nur an die besten,
qualifiziertesten Personen gehen.
Die FPÖ-Forderungen können so nicht ernst genommen werden, sie sind
einfach nur widersprüchlich. Bocksprünge machen und das sagen, was
nach Partei-Ansicht gerade gut in der Bevölkerung ankommen könnte –
das ist Populismus in Reinkultur. Und es zeigt auch: Der FPÖ fehlt
zurzeit eine stringente Linie.

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