- 18.04.2020, 22:00:32
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TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 19.April 2020 von Mario Zenhäusern – „Aufarbeitung mit Volldampf“
Innsbruck (OTS) - Die Fehleranalyse in Ischgl muss rasch passieren.
Das Virus wartet nicht, bis geklärt ist, was hier falsch gelaufen
ist.
Auch wenn einige das immer wieder behaupten: Die Corona-Krise hatte
ihren Ursprung nicht in Ischgl. Die renommierte Frankfurter
Allgemeine Zeitung etwa berichtete bereits Anfang März, dass
möglicherweise ein Münchner Cluster Ausgangspunkt für sämtliche
europäischen Seuchenherde war. Wenn das stimmt, wäre jede Form von
Schuldzuweisung und auch das anhaltende Ischgl-, Tirol- und
Österreich-Bashing völlig unangebracht.
Unabhängig von der Klärung dieser Frage muss die Causa Ischgl mit
Volldampf untersucht werden. Es ist offensichtlich, dass Touristiker,
Politiker und Behörden hier die ersten Anzeichen der sich anbahnenden
Corona-Krise missinterpretiert oder negiert und deshalb falsch
reagiert haben. Die Tatsache, dass 57 Prozent aller österreichischen
Corona-Infektionen hier ihren Ursprung haben, spricht Bände. Selbst
Landeshauptmann Günther Platter hat mittlerweile – im Gegensatz zu
Landesrat Bernhard Tilg – eingeräumt, dass möglicherweise Fehler
gemacht wurden. Fehler, die im Nachgang aufgearbeitet werden sollen.
Dabei geht es natürlich darum, fehlerhafte Entscheidungen zu
analysieren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Aber
nicht nur. Vorrangiges Ziel muss sein, aus den Fehlern, die gemacht
wurden, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Damit sie, sollte uns eine
zweite Corona-Welle überrollen – was wir alle nicht hoffen –, nicht
noch einmal gemacht werden.
In welcher Form die Fehleranalyse gemacht wird, ob auf
wissenschaftlicher Basis oder in Form einer politisch besetzten
Untersuchungskommission, ist letztlich zweitrangig. Wichtig ist nur,
dass die Aufarbeitung rasch erfolgt, weil das Coronavirus nicht
wartet, bis geklärt ist, was in Ischgl richtig oder falsch gemacht
wurde.
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