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Leitartikel "Das Einmaleins der Politik" vom 23.03.2020 von Peter Nindler
Innsbruck (OTS) - Von Peter Nindler
Für Günther Platter (ÖVP) ist es politisch eine neue Erfahrung: In
den vergangenen Jahren hat sich der Tiroler Landeshauptmann stets als
Krisenmanager bewähren können. Da ging es allerdings nicht um ein
unsichtbares Virus, das sich rasch ausbreitet, sondern vor allem um
regionale Hochwasser- bzw. Unwetterkatastrophen; um den Felssturz in
Vals oder 35.000 Kubikmeter Geröll, die auf die Felbertauernstraße in
Osttirol donnerten und die Verbindung nach Nordtirol lahmgelegt
haben. Alles große Herausforderungen, die im Einzelfall folgenschwer,
aber generell überschaubar waren.
Nunmehr sieht sich Platter plötzlich mit massiver Kritik an der
Corona-Bewältigung konfrontiert. Mit Vorwürfen, auf Druck der
Touristiker zu spät reagiert zu haben, sowie mit
Rücktrittsaufforderungen an seinen Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg
(VP). Manches wird überzogen formuliert und auch so empfunden, doch
Platter wird dennoch seine Schlüsse daraus ziehen müssen. Zuletzt
befand sich der Landeshauptmann am Höhepunkt seiner Popularität, hat
erfolgreich Wahlen geschlagen und die ÖVP wieder über 40 Prozent im
Land geführt. Außerdem hält Platter die Opposition in Schach. Die
sich natürlich selbst immer wieder geschwächt hat. Die SPÖ mit den
unendlichen Diskussionen über ihren Vorsitzenden Georg Dornauer oder
die Freiheitlichen mit dem Ibiza-Skandal.
Die Politik geht mit Corona weiter, deshalb legt die Opposition den
Finger natürlich in Schwachstellen des Krisenmanagements. Sie zielt
auf Tilg und will zugleich an Platter kratzen. Schließlich lief
gerade im Gesundheits- und Pflegebereich nicht immer alles rund,
obwohl der Gesundheitslandesrat bereits seit zwölf Jahren im Amt ist.
Hier schließt sich der Kreis zur Corona-Krise. Ob es die
Ausschreibung für einen landesweiten Rettungsdienst war, 2019 die
monatelange Debatte über die Reform im Spitalswesen oder heuer die
anfangs unbefriedigende finanzielle Lösung bei den Pflegekräften:
Immer wieder wurden Kommunikationsprobleme als Gründe für
Umsetzungsschwierigkeiten genannt.
Das politische Geschäft hat eigene Gesetzmäßigkeiten und kann
mitunter gnadenlos sein. Krise hin oder her – das weiß Platter nur zu
gut. Auch die Tiroler ÖVP und er selbst funktionieren nach diesem
Einmaleins der Politik. Deshalb dürfte die Corona-Krise der Tiroler
Politik einen intensiven Nachspann bescheren.
Jetzt ist nicht die Zeit dafür, aber Schwarz-Grün wird sich der
Aufarbeitung politisch stellen müssen.
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