• 10.03.2020, 15:39:55
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  • OTS0172

Industrie: Unternehmen in Coronavirus-Krise praxisnah unterstützen

IV-GS Neumayer/IV-Chefökonom Helmenstein: Klassisches Konjunkturpaket nicht zielführend – Unternehmensliquidität stärken, Bürokratie abbauen, Kurzarbeit praxisgerecht regeln

Utl.: IV-GS Neumayer/IV-Chefökonom Helmenstein: Klassisches
Konjunkturpaket nicht zielführend – Unternehmensliquidität
stärken, Bürokratie abbauen, Kurzarbeit praxisgerecht regeln =

Wien (OTS) - „Es ist zwar unklar, wie stark sich das Coronavirus in
Österreich und Europa noch ausbreiten wird. Jedoch ist bereits jetzt
mit doch stark spürbaren Auswirkungen auf die Industrieproduktion und
die zugrundeliegenden Wertschöpfungsketten zu rechnen. Auch andere
Branchen wie der Tourismus sind stark betroffen, sodass sichtbare
volkswirtschaftliche Effekte zu erwarten sind. Im Ergebnis wird
COVID-19 über verschiedene Wirkungskanäle (China, Italien, Luftfahrt,
Finanzmärkte) die heimische Konjunkturdynamik belasten“, betonte der
Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph
Neumayer, am heutigen Dienstag bei einer Ad-hoc-Pressekonferenz mit
IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein.

„Trotz der absehbaren wirtschaftlichen Konsequenzen halten wir ein
klassisches Konjunkturprogramm zu diesem Zeitpunkt für nicht
zielführend“, erklärte Helmenstein, der darauf verwies, dass es sich
bei der Coronavirus-Krise in Österreich um einen negativen
Angebotsschock handle, der von einem globalen Nachfrageschock
begleitet wird. „Konjunkturprogramme zur Nachfragestärkung setzen
darauf, dass bei Unternehmen ungenutzte Kapazitäten zur Verfügung
stehen. Das ist jedoch bei drohenden Arbeitsausfällen und
unterbrochenen Lieferketten nicht durchgängig der Fall“, so
Helmenstein.

Die Industrie empfiehlt und plädiert daher für Maßnahmen, die dazu
beitragen, negative Effekte der Epidemie – etwa Liquiditäts- und
Lieferengpässe oder Mobilitätseinschränkungen – bestmöglich zu
kompensieren.

1. Unternehmensliquidität sichern

Konkret ist zunächst darauf zu achten, dass die Liquidität besonders
betroffener Unternehmen schnell und unbürokratisch gesichert wird, um
die Krise zu überbrücken. Dies könne etwa durch Haftungen des Bundes
für bestehende Forderungen von Kreditinstituten oder für neue
kurzfristige Finanzierungsvereinbarungen gelingen. Die Europäische
Zentralbank kann mit bereits bestehenden Programmen zur Milderung der
Liquiditätskrise beitragen. (Mit dem Targeted Long-Term Refinancing
Operations-Programm (TLTRO) können Banken bei der EZB Geld günstiger
und längerfristig leihen, wenn sie an Unternehmen mit einem
prinzipiell tragfähigen Geschäftsmodell bei Corona-bedingten
Liquiditätsschwierigkeiten Kredite vergeben.)

2. Steuerstundungen pragmatisch ermöglichen

Zudem schlägt die Industrie pragmatische Steuerstundungen vor.
Konkret sollten für betroffene Unternehmen die Fristen für die
vierteljährlichen Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlungen
sowie für die (monatlichen und vierteljährlichen)
Umsatzsteuervorauszahlungen verlängert oder diese Vorauszahlungen
gänzlich ausgesetzt werden.

3. Vereinfachung von Verfahren bei Personalengpässen

Zudem sollten bürokratische Belastungen für Unternehmen auf ein
absolutes Minimum reduziert werden, um drohenden Arbeitsausfällen
entgegenzuwirken. Dafür schlägt die Industrie beispielsweise die
Aussetzung der Betriebsprüfung für die Zeit während des
Personalengpasses vor.

4. Mit Kurzarbeit gegensteuern

Um einen dauerhaften Beschäftigungsrückgang zu vermeiden, sollte auf
das sich in der Finanzmarktkrise bewährte Mittel der Kurzarbeit
zurückgegriffen werden. Hier plädiert die Industrie für eine
praxisgerechte unbürokratische Regelung: Ähnlich wie in Deutschland
sollten Vereinbarungen von Kurzarbeit künftig auf Betriebsebene
erfolgen können. Zudem spricht sich die IV für eine erhöhte
Kurzarbeitsbeihilfe ab dem ersten Monat aus.

5. Konjunkturbelebung durch raschere Genehmigungsverfahren für
standortrelevante Investitionsprojekte

Gerade in Krisenzeiten kann sich eine Volkswirtschaft ausufernde
Genehmigungsverfahren wie in der Vergangenheit nicht leisten. Das
Standortentwicklungsgesetz (StEntG) sollte jetzt zur Anwendung
gebracht werden.

6. Stabile Rahmenbedingungen für Wachstum ermöglichen – die Stimmung
stabilisieren

Um die Investitionsbereitschaft der Unternehmen wieder zu stärken,
braucht es ein klares Commitment der Politik zur Senkung der KöSt von
25 auf 21 Prozent. Dies sollte durch eine gesetzliche Verankerung und
ein fixes Datum des Inkrafttretens gegeben werden.

7. Investitionen in die Digitalisierung vorziehen

Ein Ausbau der Digitalisierung der österreichischen Volkswirtschaft
zählt zu den wichtigsten Zukunftsausgaben. Dies könnte nach der Krise
einen markanten Schub an Prozessinnovation durch
Digitalisierung/Virtualisierung mit sich bringen. Ein Vorziehen
solcher Investitionen ist daher geboten. Auch wäre eine
Sonderförderung für den Aufbau digitaler Homeoffice-Arbeitsplätze in
Form einer sofortigen Abschreibung oder einer Digitalisierungsprämie
sinnvoll.

8. Krisenvorsorgende Fiskalpolitik fortsetzen

Die aktuelle Krise zeigt, wie spontan Angebots- und Nachfrageschocks
auftreten können. Geringe Staatsschulden und eine niedrige
Abgabenbelastung sind die effektivste Versicherungsprämie gegen
abrupt auftretende Wirtschaftskrisen. Die Politik des ausgeglichenen
Haushalts durch die Bundesregierung und das Festhalten an einem
Nulldefizit in konjunkturell guten Zeiten wird daher durch die Krise
wieder einmal bestätigt.

Weitere Informationen: www.iv.at/medien

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