- 01.03.2020, 13:39:53
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Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) auf Ö3 über die jüngste Verordnung zum Epidemiegesetz & wann er Ortschaften abriegeln würde
Wien (OTS) - Nach einer sehr turbulenten Woche wegen der ersten
Corona-Ansteckungsfälle in Österreich lud Gesundheitsminister Rudolf
Anschober (Grüne) für Ö3-„Frühstück bei mir“ ins Mühlviertel. Er lebt
dort – am Waldrand bei Steyregg, in einem Haus mit vielen Pflanzen,
Bauernmöbeln und Buddha-Köpfen – derzeit vor allem am Wochenende. Im
Gespräch mit Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl erklärte er, dass er erst
am Freitag die Verordnung unterschrieben hat, dass die Maßnahmen des
Epidemiegesetzes bei Corona anwendbar sind. Anschober auf Ö3: „… weil
dezidiert eine Liste im Epidemiegesetz vorhanden ist, die festlegt,
bei welchen Erkrankungen das Epidemiegesetz angewendet werden kann.
Das heißt, wir haben jetzt einen Rechtsstatus, rechtliche
Voraussetzungen dafür.“ Auf die Frage von Claudia Stöckl, wie viele
Infektionen es geben müsse, damit die Maßnahmen des Epidemiegesetzes
– wie die Abriegelung einzelner Orte – in Österreich exekutiert
werden, erklärte Anschober: „In Italien hat es Gemeinden gegeben mit
30, 40, 50 Erkrankungen. Wenn eine derartige Zuspitzung eintritt und
man sonst keine andere Möglichkeit hat, könnten wir das jetzt auch in
Österreich machen. Aber wir werden das sehr zurückhaltend handhaben.“
Der Minister hätte vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus keine
Angst: „Im Regelfall ist Corona nichts, wovor man sich wirklich
panisch fürchten müsste. Nur was mich mit Sorge erfüllt ist, dass
Italien bereits Nummer drei weltweit ist, was die Länder betrifft,
die Erkrankungen haben. Und dass die Ausbreitungen in Deutschland
sehr stark voranschreiten. Wir befinden uns zwischen Italien und
Deutschland. Wir können keinen Glassturz über unser Land stellen. Wir
können das Virus auch nicht mit mittelalterlichen Methoden bekämpfen,
indem wir eine Mauer rund um Österreich bauen. Deswegen braucht es
eine sehr offensive Strategie, eben diese Abgrenzungsstrategie.“
Bezugnehmend auf eine Studie der John-Hopkins-University, die
weltweit untersucht, wie gut das jeweilige Gesundheitssystem auf
Pandemien vorbereitet ist, sieht Anschober Mängel in den letzten
Jahren: „Die Vorbereitungsübungen gibt es in manchen Bereichen, aber
im Bereich Epidemien derzeit noch nicht.“ Allerdings habe man in den
letzten Wochen aufgeholt: „Die Vorbereitung, die wir jetzt in den
letzten Wochen realisiert haben, da würden wir bei jeder Erhebung der
Welt mit vorne dabei sein.“ In seinem Mühlviertler Steinhaus wäre
Rudolf Anschober jedenfalls für den Fall einer Quarantäne
vorbereitet. „Wir haben in der Speis einiges an Vorräten,
Tomatensugo, Nudeln, trotz Hausbrunnen immer ein paar Flaschen Wasser
zuhause. Weil es einmal Probleme mit der Pumpe beim Hausbrunnen
gegeben hat und da merkt man erst, was es heißt, wenn man drei, vier
Tage kein Wasser hat.“
Über seine Beziehung zu Bundeskanzler Sebastian Kurz, mit dem er in
der Corona-Krise geeint auftritt, gestand Anschober, dass sie vor den
Regierungsverhandlungen noch Probleme aus der Vergangenheit ausräumen
mussten, schließlich hatte er als oberösterreichischer Landesrat mit
seiner Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ für Lehrlinge im
Asylverfahren über viele Monate keinen Termin beim Kanzler bekommen
und war vorerst mit seinem Anliegen nicht erfolgreich gewesen. „Wir
haben vor Beginn der Regierungsverhandlungen über diese Erstbegegnung
gesprochen, die nicht besonders positiv war und haben gesagt, da
machen wir einen Schlussstrich darunter und beginnen neu.“ Die
Informationsstrategie, dass er mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und
Innenminister Karl Nehammer bei den meisten Pressekonferenzen
auftritt, verteidigte Anschober: „Das vermittelt auch Sicherheit. Die
Bevölkerung erwartet, dass wir alles tun, damit sie möglichst
geschützt ist und ich halte sehr viel davon, dass wir das als Team
machen und nicht aus irgendwelchen egozentrischen Gründen nur einer
alleine.“
Die nächsten drei Wochen sieht Anschober als entscheidend: „Es gibt
drei Möglichkeiten der Entwicklung. Das Worst-Case-Szenario: Es kommt
zu einer globalen Pandemie. Best-Case wäre, es ist wie bei SARS vor
Anfang der 2000er, wo die Absonderung, die Abgrenzung so gut gelungen
ist, dass das Virus ‚ausgehungert‘ wurde. Und die dritte Option – mir
sagen mittlerweile Experten des Robert Koch-Instituts in Deutschland,
das könnte sogar die wahrscheinlichste sein – ist, dass eine Mischung
aus beidem eintrifft. Nämlich, dass sich Corona so ähnlich entwickelt
wie die Influenza. Das heißt, dass sie über die Sommermonate weg ist
und dann im Winter kontinuierlich wiederkommen kann. Deswegen ist es
so wichtig, dass wir den Impfstoff möglichst bald kriegen, damit wir
vor der nächsten Kältesaison den Impfstoff haben. Da arbeiten
mittlerweile tausende Forscher und Forscherinnen weltweit. Und ich
glaub einfach ganz fest daran, dass wir das schaffen werden.“
Ö3-„Frühstück bei mir“ – das große Interview der Woche,
Persönlichkeiten ganz persönlich – jeden Sonntag von 9.00 bis 11.00
Uhr im Hitradio Ö3. Audio-Ausschnitte gibt es zum Nachhören auf der
Ö3-Homepage bzw. unter 7 Tage Ö3 und das gesamte Gespräch im
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