• 30.01.2020, 22:00:02
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Freitag, 31. Jänner 2020, von Carmen Baumgartner-Pötz: "Das macht keinen schlanken Fuß"

Innsbruck, Wien (OTS) - Eigentlich hätte die ökosoziale Steuerreform
im Mittelpunkt der Regierungsklausur stehen sollen. Eine türkise
Last-Minute-Personalentscheidung schaffte es aber, dass wieder über
Stil und Feingefühl diskutiert wurde.

Sie hätte so schön aufgehen können, die türkis-grüne Erzählung von
dem produktiven Arbeitsbeginn nahe den Weinbergen von Krems, denn
alles hatte sehr vielversprechend begonnen: tadellos arrangierte
Bilder von der gemeinsamen Busfahrt (die Anreise per Zug wäre, so
hörte man, einem Teil der Regierung zu beschwerlich gewesen). Dazu
die in freundlicher Endlosschleife wiederholten Beteuerungen von
beiden Partnern, dem jeweils anderen Wertschätzung zu zollen, bei
aller inhaltlichen Verschiedenheit.
Und dann gelangten die Edtstadler-Mails an die
Kuratoriums-Vorsitzenden von Albertina, Technischem Museum und MAK an
die Öffentlichkeit – und störten die durchkomponierte Inszenierung
der neuen Bundesregierung. Wobei man eines außer Frage stellen muss:
Es steht politischen Entscheidungsträgern natürlich frei, anstehende
Personalentscheidungen zu treffen und Funktionsperioden nicht zu
verlängern. Die Frage, wie es mit den genannten Museumskuratorien
weitergeht, lag schon zur Zeit der Übergangsregierung auf dem Tisch.
Von dem her ist das Geschehene wirklich „nicht aufregend“, wie sich
Bundeskanzler Sebastian Kurz auf Nachfrage zu versichern bemühte.
Und doch darf sich die Regierungsspitze nicht wundern, dass
kritisch hinterfragt wird, warum es ausgerechnet in dieser Form
erfolgen musste: Last-Minute-Entscheidungen von Politikern, bevor sie
nicht mehr für Postenbesetzungen zuständig sind, haben immer einen
fahlen Beigeschmack. Dafür gibt es in der Vergangenheit unzählige
Beispiele – man denke nur an Herbert Kickl, der kurz vor seiner
Abberufung als freiheitlicher Innenminister seinen Vertrauten und
Generalsekretär Peter Goldgruber noch schnell zum Generaldirektor für
die öffentliche Sicherheit ernennen wollte. Was dann ja an der
Zustimmung des Bundespräsidenten scheiterte.
Ob akkordiert oder nicht: Ultra-Kurzzeitkulturministerin Karoline
Edtstadler hätte die Entscheidung, auf Christian Konrad, Peter
Kostelka und Hannes Sereinig künftig zu verzichten, auch Ulrike
Lunacek als neuer zuständiger Staatssekretärin überlassen können.
Dann hätten die Grünen, die in den letzten Wochen ohnehin schon viel
schlucken mussten, ihr Gesicht wahren bzw. selber zu der Aktion
stehen können. So aber drängt sich der Eindruck auf, der
Juniorpartner habe eine türkise Racheaktion gegen unliebsame
Weggefährten mittragen müssen. Das zeugt von mangelndem Feingefühl.

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