• 13.12.2019, 11:21:53
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  • OTS0088

AK Anderl zu VfGH-Erkenntnis: Neue Regierung am Zug!

Wien (OTS) - „Wir bleiben dabei: Die neue Parität in der
Sozialversicherung ist ungerecht“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl
zum diesbezüglichen Spruch des Verfassungsgerichtshofes. „Unsere
Befürchtungen sind weiter aufrecht, denn die Interessenslagen von
ArbeitnehmerInnen und Unternehmen sind in weiten Bereichen
gegensätzlich. Das hat sich zuletzt auch an den Vorstellungen der
Wirtschaft zu schärferen Kontrollen von Krankenständen gezeigt.“

Die AK nehme zur Kenntnis, dass der Gerichtshof die
Verfassungsmäßigkeit der neuen Parität zwischen Dienstgeber- und
Dienstnehmervertretern in der Versicherung der Dienstnehmer anerkannt
hat. Anderl sieht jetzt die neue Regierung am Zug: „Der
Verfassungsgerichtshof hat an vielen wesentlichen Stellen
Reparaturbedarf geortet und damit den Umbau der Sozialversicherung
zurück an den Start geschickt. Jetzt muss sich die neue Regierung
beweisen, den Dialog mit uns suchen und die Gelegenheit nutzen, den
7,2 Millionen Versicherten die Verantwortung für ihre Versicherung
wieder zurückzugeben.“ In einem nächsten Schritt werden die AK
ExpertInnen das Erkenntnis genau analysieren und das Ergebnis
anschließend auch präsentieren. Der genaue Termin wird umgehend
bekannt gegeben.

Aus Sicht der AK gibt es neun Gründe, warum die Übernahme der
Sozialversicherung der ArbeitnehmerInnen durch die ArbeitgeberInnen
zutiefst unfair ist und eine politische Lösung notwendig macht:

+ Die ArbeitgeberInnen können jeden Fortschritt in der
Sozialversicherung blockieren.

+ Verstärkt wird das dadurch, dass sie kein Eigeninteresse an
bestmöglichen Leistungen haben: Sie haben ja ihre eigene
Sozialversicherung.

+ Vielmehr geht das Interesse der ArbeitgeberInnen in die genau
entgegengesetzte Richtung: Während die versicherten
ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen und Angehörige vor allem an einem
hohen Leistungsniveau interessiert sind, legen die ArbeitgeberInnen
vor allem auf niedere Sozialkosten Wert.

+ Ein zweiter Interessengegensatz legt geradezu Unvereinbarkeit nahe:
Viele ArbeitgeberInnen wollen gute Geschäfte mit der
Sozialversicherung machen, zB. Medikamente und Medizinprodukte
verkaufen, Rehab-Zentren und Spitäler mit privatem Profit betreiben
statt durch die Sozialversicherung gemeinnützig führen zu lassen usw.

+ Der Gruppe der ArbeitnehmerInnen den Interessengegner mit gleichem
Stimmgewicht in die eigene Sozialversicherung zu setzen, verletzt den
Grundsatz der Gegnerfreiheit. Das ist, als würde man Gewerkschafter
gleichberechtigt in die Wirtschaftskammer oder Landwirtschaftskammer
setzen, damit sie dort zB. Förderungen blockieren können.

+ Demokratiepolitisch ist die Parität höchst fragwürdig: Rund 240.000
Arbeitgebern (davon rund 160.000 in der WKO organisiert) wird der
gleiche Einfluss auf die Sozialversicherung von 7,2 Millionen
Menschen gegeben wie diesen selbst.

+ Selbst wenn man nur die Finanzierungsseite (und nicht die für die
Menschen existenziell wichtige Leistungsseite) betrachtet, ist die
ArbeitgeberInnenparität ungerecht: Die ArbeitgeberInnenbeiträge
machen nur 26 Prozent der Mittel der Krankenversicherung der
ArbeitnehmerInnen aus (davon 21 Prozent von in der WKO organisierten
Dienstgeber).

+ Völlig unverständlich ist, warum in der Sozialversicherung der
Beamten, der Eisenbahner und des Bergbaus die Versicherten weiter die
Mehrheit haben. Sind ArbeitnehmerInnen Menschen zweiter Klasse?

Noch stärker sind die Mehrheitsverhältnisse übrigens im neuen
Dachverband ausgeprägt: Sechs ArbeitgebervertreterInnen zu vier
ArbeitnehmervertreterInnenn - mit der Kompetenz ausgestattet, etwa
Selbstbehalte beim Arztbesuch für ArbeitnehmerInnen einzuführen.

Erste gravierende Verschlechterungen sind schon jetzt im Bereich
der Österreichischen Gesundheitskasse sichtbar. Die Wirtschaft will
eine Krankenstandspolizei auf Zuruf ausrücken lassen und damit
Krankenstände rückwirkend stornieren. Daneben verschlingt die
Zusammenlegung Millionen an BeraterInnen-Honoraren, die dringend
beispielsweise zum Ausbau der Psychotherapie gebraucht würden. In
Zukunft drohen die Einführung von Selbstbehalten, die Privatisierung
des Gesundheitssystems („Absenkung Lohnnebenkosten“) und die
Ausdünnung der ärztlichen Versorgung.

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