VKI: Ohne Muster-Widerrufsformular gilt Rücktrittsfrist von 12 Monaten im Internet
Unternehmen muss Konsumentin 4.400 Euro zurückzahlen
Wien (OTS) - Bei Vertragsabschlüssen über das Internet können Konsumentinnen und Konsumenten im Normalfall innerhalb von 14 Tagen vom Vertrag zurücktreten. Der Unternehmer hat die Pflicht, die Verbraucher vor Vertragsabschluss über dieses Rücktrittsrecht zu informieren und er muss ihnen ein EU-weit normiertes Formular für den Vertragsrücktritt (Muster-Widerrufsformular) zu Verfügung zu stellen. Kommt der Unternehmer seiner Informationspflicht nicht nach, indem er beispielweise das Muster‑Widerrufsformular nicht zur Verfügung stellt, so verlängert sich die Rücktrittsfrist des Verbrauchers um 12 Monate.
Der VKI vertrat im Auftrag des Sozialministeriums eine Konsumentin, die über das Internet einen Vertrag für einen Fernstudienlehrgang abschlossen hatte. Im konkreten Fall waren im Anmeldeformular zwar die Informationen über das Rücktrittsrecht enthalten, allerdings fehlte das Muster-Widerrufsformular. Die Konsumentin erklärte dann etwa zwei Monate nach Vertragsabschluss ihren Rücktritt vom Vertrag. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie das Studium noch nicht begonnen. Trotzdem behielt der Unternehmer die Hälfte des gesamten Preises, nämlich 4.400 Euro als Stornogebühr ein.
Das Landesgericht (LG) Linz urteilte nun in zweiter Instanz, dass der Unternehmer der Konsumentin die 4.400 Euro zurückzahlen muss. Da der Unternehmer es versäumt hatte, der Konsumentin das Muster‑Widerrufsformular zu übermitteln, verlängerte sich die Rücktrittsfrist um 12 Monate. Zudem führte das LG Linz aus, dass auch die bloße Downloadmöglichkeit des Muster-Widerrufsformulars nicht ausreicht, um die gesetzlichen Informationspflichten vollständig zu erfüllen. Auch in diesem Fall verlängert sich die Rücktrittsfrist um 12 Monate. Das Urteil ist rechtskräftig.
„Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes lediglich, wenn bei Vertragsabschluss nur ein begrenzter Raum für die Darstellung der Informationen zur Verfügung steht, wie etwa bei einem heraustrennbarem Bestellschein in einem Werbeprospekt. Hier muss zwar über das Rücktrittsrecht informiert werden, aber es muss nicht unbedingt das Muster-Widerrufsformular beigefügt sein“, ergänzt Dr. Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen im VKI. „Ebenfalls darf man nicht vergessen: Sollte der Unternehmer die geforderten Informationen nachliefern, so endet die Rücktrittsfrist für den Verbraucher 14 Tage nach Erhalt der Informationen.“
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at.
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