- 21.10.2019, 12:01:35
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„kreuz und quer“ über „Letzte Hilfe – Leben heißt Sterben lernen“ und „Die Suche nach dem Paradies“
Am 22. Oktober ab 22.35 Uhr in ORF 2, danach: TV-Drama „Die letzte Reise“ mit Christiane Hörbiger, Suzanne von Borsody und Nina Kronjäger
Utl.: Am 22. Oktober ab 22.35 Uhr in ORF 2, danach: TV-Drama „Die
letzte Reise“ mit Christiane Hörbiger, Suzanne von Borsody und
Nina Kronjäger =
Wien (OTS) - „Ich persönlich habe keine Angst vor dem Sterben“,
formulierte der New Yorker Filmemacher Woody Allen einmal, „ich will
nur nicht dabei sein, wenn es so weit ist.“ Dass das Dasein endlich
und der Tod unausweichlich ist, dass alle Menschen ein „Sein zum
Tode“ führen (Martin Heidegger), erfüllt viele mit Angst und
Schrecken. Kann man diesen Schrecken lindern? Lässt sich die Kunst
des Sterbens lernen? Und wie gehen Menschen mit der
Unausweichlichkeit des Todes um, die sich beruflich oder ihrer
Berufung wegen mit dem Thema auseinandersetzen müssen? Auf diese
Fragen sucht Günter Kaindlstorfers „kreuz und quer“-Dokumentation
„Letzte Hilfe – Leben heißt Sterben lernen“ am Dienstag, dem 22.
Oktober 2019, um 22.35 Uhr in ORF 2 nach Antworten.
Danach macht sich die Journalistin Lena Ganschow in Andreas Sawalls
Dokumentation „Die Suche nach dem Paradies“ (23.10 Uhr) auf die Suche
nach dem Paradies in der Gegenwart und der Vergangenheit. Und sie
findet Erstaunliches heraus. Im anschließenden TV-Drama „Die letzte
Reise“ (0.00 Uhr) von Florian Baxmeyer beeindruckt Christiane
Hörbiger als Seniorin, die nach einem ereignisreichen und glücklichen
Leben ihren Tod selbst bestimmen will.
„Letzte Hilfe – Leben heißt Sterben lernen“ – Ein Film von Günter
Kaindlstorfer
Thanatologe Martin Prein aus Linz, ein bodenständiger Mensch mit
Hausruckviertler Wurzeln, ist als „Sterbeexperte“ und
Notfallpsychologe tätig. Prein hat in jungen Jahren u. a. als
Bestatter gearbeitet. Heute berät er Institutionen wie das „Rote
Kreuz“ und die Angestellten von Hospizen und Krankenhäusern über den
richtigen Umgang mit dem Thema Tod. Immer wieder veranstaltet Prein
auch sogenannte „Letzte-Hilfe-Workshops“. Die Kamera begleitet den
Thanatologen zu Orten wie der „Feuerbestattung Oberösterreich“, dem
ersten CO2-neutralen Krematorium Österreichs, aber auch auf den
St.-Barbara-Friedhof in Linz, wo Prein im Gespräch mit dort
arbeitenden Menschen über die „letzten Dinge“ philosophiert.
Ingrid Mohr, katholische Begräbnisleiterin aus Schwechat, setzt sich
seit 2013 als „Begräbnisleiterin“ des Dechanats Schwechat mit der
Trauer der Hinterbliebenen auseinander. Sie führt seelsorgerliche
Gespräche, legt gemeinsam mit den Angehörigen die Eckpunkte von
Begräbnisfeiern fest und leitet diese Feiern. „Der Tod ist immer ein
Skandal“, resümiert die 53-Jährige, „vor allem, wenn Kinder oder
junge Menschen betroffen sind, aber auch bei älteren Verstorbenen tut
man sich mit dem Abschiednehmen oft schwer.“ Ingrid Mohr ermutigt
Hinterbliebene dazu, dem Schock des Todes und der Trauer nicht
auszuweichen: „Ich finde, man soll keine Scheu davor haben, Tote
anzuschauen und anzufassen, man muss den Tod eines Menschen
realisieren, um wirklich Abschied nehmen zu können. Das ist natürlich
oft schmerzhaft.“ Aber just diesen Schmerz, so meint die
Pastoralassistentin des Dechanats Schwechat, gelte es auszuhalten.
Der renommierte Theologe Gisbert Greshake ist überzeugt: „Leben ist
immer schon sterben“ – zunächst schlicht im
physikalisch-medizinischen Sinn, weil schon das Absterben und neue
Entstehen von Körperzellen das „Vergehen und Werden“ deutlich
machten, aber auch im ganz personalen Leben: „Lieben ist, wenn Liebe
ernst gemeint ist, ein Stück Sterben: Ich muss mein kleines
egoistisches Ich weggeben, um offen zu werden für den anderen, und
dann im anderen und durch den anderen – durch die Liebe des anderen –
mich neu zu gewinnen … aufzuerstehen in gewisser Weise. Leben ist ein
Stück Sterben.“ Mit seinen 86 Jahren sei ihm voll bewusst, „dass ich
nicht mehr lange Zeit habe“. Er ordnet bereits seinen Nachlass und
verschenkt Dinge, um anderen später Arbeit zu ersparen – „das ist für
mich das Natürlichste von der Welt. Ich sage immer: Ich lebe wirklich
gern, und ich habe ein wunderbares Leben gehabt – im Rückblick. Aber
gerade, weil ich gern lebe, sage ich auch Ja zum Tod, der Tod gehört
zum Leben.“ Er bemühe sich, ein glaubender Mensch zu sein. Eine
Grunderfahrung für ihn war im Alter von fünf Jahren das Sterben
seiner Großmutter, das er miterlebte – es war eine positive Erfahrung
des Abschiednehmens. Als Christ lebe er aus der Hoffnung, dass der
Tod nicht Abbruch, Ende und Vernichtung des Seins, sondern das Tor
zur Fülle des Lebens bei Gott sein werde.
Felix Hütten, Autor des Buches „Sterben lernen“, arbeitet als
Wissenschaftsjournalist für die „Süddeutsche Zeitung“. Im
Hanser-Verlag hat der studierte Mediziner vor Kurzem das Buch
„Sterben lernen“ herausgebracht. „Der Tod hat mich ein Leben lang
begleitet“, konstatiert der 32-jährige Hütten, „als Sanitäter auf der
Straße, als Medizinstudent im Leichenkeller, als Journalist in meinen
Texten, oft in meinem Kopf. Mich fasziniert das Sterben in gewisser
Hinsicht, denn es ist ein erstaunliches Programm des Körpers, das wir
alle in uns tragen.“ Für die Arbeit an seinem Buch hat Hütten
Sterbende beim Prozess des Abschiednehmens begleitet. Manche tun sich
schwer, das Leben loszulassen, weiß er: „Mitunter hilft es, wenn
Angehörige zum Sterbenden sagen: ,Du darfst gehen.‘ Denn manchmal
braucht es genau das: eine Art Erlaubnis, nicht mehr weiterkämpfen zu
müssen. Das hilft dann auch den Angehörigen. Viele sagen hinterher,
sie seien froh, dass der Verstorbene es endlich ,geschafft‘ hat.“
So unterschiedlich die Zugänge von Martin Prein, Ingrid Mohr, Gisbert
Greshake und Felix Hütten zum Thema Tod und Abschied auch sein mögen,
einig sind sich alle drei in ihrer Wertschätzung des Philosophen
Michel de Montaigne. Der hat erkannt: „Leben heißt sterben lernen.“
„Die Suche nach dem Paradies“ – Ein Film von Andreas Sawall
Gibt es das Paradies auf Erden? Und wenn ja, wo liegt es? Fest steht,
es gilt als Ort des vollkommenen Glücks: in der Werbung, als
Reiseziel oder als Versprechen in den Religionen.
1903 gibt es am kaiserlichen Hof in Berlin einen Skandal, der
weltweit für Aufsehen und Diskussionen sorgt. Friedrich Delitzsch,
Professor für Assyriologie und semitische Sprachen, Mitbegründer und
Direktor der Deutschen Orient-Gesellschaft, behauptet: Die
Paradies-Erzählung der Bibel geht auf ältere, babylonische Quellen
zurück. Das war Gotteslästerung – denn was heute Wissenschaft und
Theologie gleichermaßen als selbstverständlich ansehen, durfte damals
nicht sein. Ein ganzes Jahrzehnt beschäftigt dieser sogenannte
Babel-Bibel-Streit Theologen, Wissenschafter und die Presse.
Besonders pikant: Der deutsche Kaiser Wilhelm II. persönlich ist
involviert. Von ihm hängt es ab, ob das Paradies eine göttliche
Offenbarung oder menschliche Erfindung ist.
Der italienische Historiker und Theologe Alessandro Scafi hat
entdeckt, dass auf alten Weltkarten immer wieder das Paradies als
ganz konkreter Ort eingezeichnet ist. Stets auf jenen sogenannten
weißen Flecken der Erde, die bis dahin noch nicht erforscht waren. So
„wanderte“ das Paradies bis auf den amerikanischen Kontinent und
sogar zum Nordpol. Glaubten die Menschen also an ein konkretes
Paradies auf Erden? Wie sieht das Paradies im Islam aus?
Bekannt sind die paradiesischen Versprechungen, die den
Selbstmordattentätern und ihren Angehörigen gemacht werden, ohne
Umweg ins Paradies zu kommen, in dem alle Wünsche für jeden Mann –
und jede Frau – erfüllt werden. Tatsächlich hofft jede Muslima und
jeder Muslim auf ein Leben im Paradies nach seinem Tod. Dafür muss
ein streng gottgefälliges Leben auf Erden geführt werden. Die Bilder
des muslimischen Paradieses sind: sattes Grün, Wasserfälle und
Blumen, eine liebliche Landschaft, die alle Plackerei auf Erden
vergessen lässt.
Der niederländische Anthropologe und Biologe Carel van Schaik (Autor
von „Das Tagebuch der Menschheit. Was die Bibel über unsere Evolution
verrät“) ist überzeugt, dass es das Paradies auf Erden gab – und zwar
vor der Sesshaftwerdung des Menschen. Die wird zum Sündenfall, denn
solange die Menschen Nomaden waren, lebten sie angeblich im Einklang
mit der Natur und Schöpfung.
Auf ihrer Suche nach dem Paradies trifft Lena Ganschow
Historiker/innen, Anthropologinnen und Anthropologen, Mediziner/innen
sowie Theologinnen und Theologen in ganz Europa. In aufwendigen
Reenactments werden der Babel-Bibel-Streit zwischen Friedrich
Delitzsch und der Gesellschaft am Hofe Kaiser Wilhelms II.
inszeniert. Weitere Spielszenen visualisieren die neuen Erkenntnisse
über die babylonischen Wurzeln der Geschichte von Adam und Eva im
Garten Eden.
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