• 27.08.2019, 15:07:29
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  • OTS0123

FPÖ-Darmann: Todesfall in Wohngemeinschaft zeigt, wie dringend notwendig eine Systemänderung in der Kärntner Jugendhilfe ist!

Multiorganversagen der Kärntner Jugendhilfe: Überforderte Betreuer, massive Mängel in Heimorganisation und Versagen der Aufsicht

Utl.: Multiorganversagen der Kärntner Jugendhilfe: Überforderte
Betreuer, massive Mängel in Heimorganisation und Versagen der
Aufsicht =

Klagenfurt (OTS) - „Vor einem Jahr starb die 16-jährige Serena in
einer Wohngemeinschaft in Villach an einer fatalen
Medikamenten-Kombination. Die für die Jugendhilfe zuständige
SPÖ-Sozialreferentin LHStv. Beate Prettner bezeichnete die Tragödie
als Einzelfall. Diese lapidare Erklärung führte dazu, dass sich die
zuständigen Aufsichtsbehörden nicht mit den Hintergründen beschäftigt
haben und zur Tagesordnung übergingen. Es wurden seitens des Landes
keine Konsequenzen gezogen“, kritisiert heute der Kärntner FPÖ-Chef
Klubobmann Mag. Gernot Darmann.

Erfreulicherweise scheine die Staatsanwaltschaft mittlerweile
bestrebt, den Fall zu klären, nachdem die Ermittlungen in den ersten
Monaten nach der Tragödie wenig intensiv betrieben wurden. „Aber es
ist zu wenig, dass der Fall allein strafrechtlich aufgearbeitet
wird“, so Darmann. Wenn man Mängel im System nicht erkennt, besteht
die Gefahr, dass sich ein solch tragischer Fall wiederholt. Aus Sicht
der FPÖ liegt ein Multiorganversagen der Kärntner Jugendhilfe vor.

Laut den Polizeiprotokollen haben mehrere Betreuer eingestanden, dass
sie fachlich überfordert waren, um die Jugendlichen in der
sozialpädagogischen Wohngemeinschaft adäquat begleiten zu können.
„Seit Jahren unterlässt es LHStv. Beate Prettner eine Verordnung zu
erlassen, welche Eignungsvoraussetzungen Betreuer erbringen müssen.
Dieses Defizit zeigt auch die Volksanwaltschaft seit Jahren auf“,
betont Darmann.

Wenn Betreuer angeben, dass sie mit den Jugendlichen regelmäßig
geraucht haben, müsse man die Qualität der Erziehungsarbeit in Frage
stellen. „Die medizinische Versorgung in der Einrichtung war nicht
gewährleistet. Ein Mädchen klagte im März 2018 über Bauchschmerzen.
Von Seiten der Betreuer wurde sie als Hypochonder eingestuft. Serena
fuhr mit ihr nach Klagenfurt, wo sie im Krankenhaus am Blinddarm
notoperiert werden musste“, nennt Darmann ein Beispiel.

Ein paar Monate später litt Serena unter massiven Schmerzen der
Wirbelsäule. In der Wohngemeinschaft wurde es wieder verabsäumt, für
eine adäquate fachärztliche und physiotherapeutische Behandlung Sorge
zu tragen. „Die 16jährige war medizinisch unterversorgt und versuchte
ihre Qualen durch rezeptpflichtige Schmerzmedikamente zu lindern.
Dabei mixte sie Substanzen, was leider tödlich endete“, so Darmann.
Niemanden von der Kärntner Jugendhilfe scheine sich dafür zu
interessieren, wie einfach gefährliche Arzneimittel in eine
Schutzeinrichtung gelangen. Die Einrichtung dürfe uneingeschränkt
weiterarbeiten, kritisiert er. Offen bleibe die Frage, warum keiner
Aufsichtsperson auffiel, dass die Tabletten im Zimmer der
Jugendlichen offen herumlagen.

Zweifel an der Betreibergesellschaft „Contraste“ entstehen, wenn man
den Ablauf der Tragödie betrachte. „Nach Auffinden der leblosen
Serena dauerte es laut Zeugenaussagen 17 Minuten (!) bis der Notarzt
gerufen wurde. Die zuständige Betreuungsperson sah sich veranlasst,
vorher noch mit ihren Vorgesetzten zu telefonieren!“

Ein Mal pro Jahr wurde die Einrichtung von der Fachaufsicht des
Landes kontrolliert. „Betreuer gaben vor der Polizei an, dass sie
Tage vorher wussten, wann eine Überprüfung stattfindet. Dies obwohl
LHStv. Prettner im Landtag behauptet hatte, dass alle Kontrollen
unangemeldet erfolgen würden. Da braucht man sich nicht zu wundern,
wenn bei der Visitation nichts bzw. nur Irrelevantes herauskommt“, so
Darmann. Hier liege der Verdacht nahe, dass zwischen Aufsicht und
privaten Betreibern ein Agreement bestehe.
Daher sei eine Strukturreform dringend notwendig. „Die Kontrolle muss
eigenständig sein und aus der Jugendhilfebehörde ausgegliedert
werden. Sie muss Überprüfungen ohne Voranmeldung und bei Bedarf mehr
als ein Mal pro Jahr durchführen“, fordert der Kärntner FPÖ-Chef.

Völlig unverständlich ist für Darmann auch, dass sich die Kinder- und
Jugendanwaltschaft nicht um Aufklärung bemüht hat. „Da kommt ein Kind
unter Aufsicht des Landes zu Tode, aber die obersten Schützer von
Kinderrechten kümmert das nicht!“ Auch hier zeige sich der
Systemfehler, dass die Jugendanwaltschaft nicht Teil jener Behörde
sein sollte, die sie mit zu kontrollieren hat. Enttäuschend sei auch,
dass Volksanwalt Günther Kräuter trotz eines Ersuchens des Vaters von
Serena den Todesfall nicht überprüft hat.

„Unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen besteht seitens des
Landesgesetzgebers akuter Handlungsbedarf. Die Aufsicht der
Jugendhilfe muss neu organisiert werden. Die Kinder- und
Jugendanwaltschaft gehört aus der Landesverwaltung ausgegliedert und
wie der Landesrechnungshof dem Landtag zugeordnet. Die Anwaltschaft
sollte auch die Möglichkeit haben, Kontrollen anzuordnen. Es ist so
rasch wie möglich eine Verordnung zum Jugendhilfegesetz zu machen, in
der ein erhöhtes Anforderungsprofil für Betreuer in
sozialpädagogischen Wohngemeinschaften sowie eine regelmäßige
fachärztliche Aufsicht verankert werden“, fordert Darmann
abschließend.

(Schluss)

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