- 21.07.2019, 22:00:16
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TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 22. Juli 2019 von Mario Zenhäusern - Nachhaltige Maßnahmen statt Phrasen
Innsbruck (OTS) - Europa ist in der Frage der künftigen
Migrationspolitik nach wie vor uneins. Populistischer Nationalismus
hat die Solidarität verdrängt, eine Strategie für Krisenregionen wie
Afrika kommt über Sonntagsreden nicht hinaus.
Mit der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommt
endlich wieder Schwung in die Debatte um die Migrationspolitik.
„Dublin IV und eine verpflichtende Verteilung der Asylwerber auf ganz
Europa sind gescheitert.“ Das ließ Karoline Edtstadler am Samstag via
Aussendung verbreiten. Vor allem mit dem zweiten Satz hat die
ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament leider vollkommen Recht:
Die verpflichtende Verteilung der Asylwerber ist tatsächlich
gescheitert – in erster Linie an der mangelnden Solidarität der
Mitgliedstaaten, aber auch an dem Umstand, dass immer mehr Politiker
zwar bei den zahllosen EU-Gipfeln zu diesem Thema Konsensbereitschaft
signalisieren, zurück in der Heimat dann aber genau das Gegenteil
tun. Populistischer Nationalismus lässt keinen Platz für eine
humanitäre Migrationspolitik.
Edtstadler spricht in ihrer Erklärung auch davon, dass es mehr Hilfe
vor Ort in Afrika brauche, um die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Selbstverständlich müssten Menschen vor dem Tod im Mittelmeer
gerettet werden, „aber wir müssen eben schon vorher ansetzen, um zu
verhindern, dass die Menschen auf die Boote steigen“. Gegen diese
Aussagen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil, eine klare Strategie
für Krisenregionen wie Afrika scheint aktuell der einzig gangbare Weg
zu sein, die Millionen, die sich nach Europa aufmachen, an der Flucht
zu hindern. Das Problem ist nur, dass niemand diese Theorie in die
Tat umsetzt. Die EU-Kommission hat auf Initiative Jean-Claude
Junckers vor drei Jahren einen Treuhandfonds in Höhe von 44
Milliarden Euro aufgelegt, um kleine und mittlere Betriebe dazu zu
bringen, in Afrika zu investieren, damit die Menschen vor Ort Arbeit
finden. Die EU-Mitgliedsstaaten sagten damals zu, ebenfalls 44 Mrd.
Euro aufzubringen, um dieses Projekt zu unterstützen. Passiert ist –
richtig – gar nichts. In Österreich sind die Mittel für die
Entwicklungszusammenarbeit zuletzt sogar auf einen neuen Tiefststand
von 0,26 Prozent des Bruttonationalprodukts gesunken.
Die nächsten Monate werden zeigen, wie sehr sich die EU-Gremien Rat,
Parlament und Kommission ins Zeug legen, um den neuen Schwung in der
Migrationsdebatte, wie ihn Edtstadler spürt, auszunützen. Die Antwort
auf die Migrationsfrage, schreibt die ÖVP-Politikerin abschließend,
sei nämlich eine „gemeinsame Verantwortung der EU-Mitgliedstaaten,
die nur durch gemeinsame Anstrengung gefunden werden kann“.
Unbestritten! Nur fehlen eben diese gemeinsamen Anstrengungen. Es ist
Zeit, die hohlen Phrasen endlich durch nachhaltige Maßnahmen zu
ersetzen.
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