- 18.03.2019, 10:24:30
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AK Rechtsschutz: Uni-Angestellte bekam 12 Jahre nur befristete Arbeitsverträge
AK Präsidentin Anderl: „Weg mit den Kettenarbeitsverträgen!“
Utl.: AK Präsidentin Anderl: „Weg mit den Kettenarbeitsverträgen!“ =
Wien (OTS) - Ein besonders krasser Fall von prekärer Beschäftigung
aus dem AK Rechtsschutz liegt derzeit beim Europäischen Gerichtshof:
Eine Chemikerin arbeitete knapp 12 Jahre lang an einer Universität in
der Forschung. Jedes Jahr musste sie darum bangen, dass ihr
Arbeitsvertrag für ein weiteres Jahr verlängert wird. Nach 12 Jahren
hieß es schließlich: „Es ist kein Geld mehr da.“ Und der
Arbeitsvertrag wurde nicht verlängert. Seit 2014 ist die nunmehr
54-Jährige auf Arbeitssuche, doch sie blitzte überall ab: „Ich bin
den Arbeitgebern wohl zu alt und zu teuer“, sagt sie bitter. AK
Präsidentin Renate Anderl kritisiert die Praxis der Befristungen:
„Weg mit den Kettenarbeitsverträgen! Die neoliberale Uni geht voll
auf Kosten von Beschäftigten und Studierenden: Die dauernde
Unsicherheit über die eigene berufliche Zukunft zermürbt. Der Fall
der Forscherin, die sich an den AK Rechtsschutz gewandt hat, liegt
jetzt beim Europäischen Gerichtshof.“
Die betroffene Forscherin war ab 2002 im selben Fachbereich an einer
Wiener Universität tätig, teils in Vollzeit, teils in Teilzeit. Die
Arbeit an der Universität sei sehr interessant gewesen. „Deswegen bin
ich geblieben und habe immer gewartet und gehofft.“ Die Unsicherheit
über die eigene berufliche Zukunft erschwerte ihr auch die Gründung
einer Familie. Nach der Geburt ihres Kindes hatte sie Angst, ihren
Job zu verlieren und kehrte deswegen so schnell wie möglich nach
einem Jahr wieder zurück. Sie bekam vorerst nur einen „freien
Dienstvertrag“, der aber in Wahrheit, wie das Gericht feststellte,
ebenso wie die anderen befristeten Verträge ein Arbeitsvertrag war.
2014 sagte ihr Vorgesetzter, dass die sogenannten Drittmittel –
private Gelder, aus denen die Universitäten vieles an Forschung
finanzieren müssen – nicht mehr ausreichten, um ihren Vertrag ein
weiteres Mal zu verlängern. Sie suchte Hilfe bei der AK und klagte
auf Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
Die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen ist laut
Universitätsgesetz nur eine begrenzte Zeit lang erlaubt. Sonst
entsteht ein unzulässiger Kettenarbeitsvertrag, der in Wirklichkeit
ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist. Bei Vollzeitkräften maximal
sechs Jahre, bei Teilzeitkräften maximal acht Jahre. Nur in
Ausnahmefällen, wenn es um die Fertigstellung von Projekten geht,
sind es zwölf Jahre. Das Gericht erster Instanz ging leider davon
aus, dass auch die Befristung über acht Jahre hinaus in diesem Fall
sachlich gerechtfertigt war. Das Gericht der zweiten Instanz jedoch
griff das Argument der AK auf, dass die für Teilzeit- und
Vollzeitkräfte unterschiedlichen Zeitgrenzen, nach denen befristete
Arbeitsverhältnisse in ein unbefristetes übergehen, eine mittelbare
Diskriminierung von Frauen darstellen. Schließlich arbeiten auch an
der Universität überwiegend Frauen in Teilzeit.
Der Fall wurde zurück an das Arbeits- und Sozialgericht Wien
verwiesen. Der zuständige Richter sah sich den Fall nochmal
grundsätzlicher an und stellte ein Vorabentscheidungsersuchen an den
Europäischen Gerichtshof. Der Schlussantrag des Generalanwalts wird
für Juni erwartet. Die betroffene Arbeitnehmerin hofft auf einen
positiven Ausgang. Sie sagt: „Ich bin seit 2014 arbeitslos. Ich habe
mich überall beworben, aber ich bin den Arbeitgebern wohl zu alt und
zu teuer.“
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