- 14.03.2019, 10:04:40
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Caritas: „Mindestsicherung neu“ punktuelle Korrekturen nicht ausreichend
„Hier wird Kinder- und Familienarmut verschärft, statt sie zu bekämpfen“, so Landau: „Ziel der Mindestsicherungsreform sollte aber eine Verbesserung für armutsbetroffene Menschen sein."
Utl.: „Hier wird Kinder- und Familienarmut verschärft, statt sie zu
bekämpfen“, so Landau: „Ziel der Mindestsicherungsreform
sollte aber eine Verbesserung für armutsbetroffene Menschen
sein." =
Wien (OTS) - „Es ist zunächst erfreulich, dass bei dem Beschluss der
„Mindestsicherung Neu“ in einzelnen Aspekten – etwa bei den
Ansprüchen für Menschen mit Behinderung – Nachbesserungen gegenüber
dem Begutachtungsentwurf erreicht werden konnten“, sagt Caritas
Präsident Michael Landau: „Allerdings macht es uns als Caritas sehr
betroffen, dass mit den beschlossenen Kürzungen - insbesondere ab dem
dritten Kind - ein Anstieg der Kinder- und Familienarmut in
Österreich in Kauf genommen wird. Ziel sollte doch bleiben, die Armut
der Menschen zu bekämpfen und nicht Menschen, die von Armut betroffen
sind, noch weiter an den Rand zu drängen.“
Anstieg von Kinderarmut verhindern
Mehr als 330.000 Menschen haben 2017 zumindest einmal eine Leistung
aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten. Rund ein
Drittel davon waren Kinder. Da ab dem dritten Kind künftig nur 5
Prozent des Ausgangswertes zusätzlich an „Mindestsicherung Neu“
vorgesehen sind - 2019 etwa 44 € pro Monat -, wird es für Familien
mit Kindern noch viel schwerer, im ohnehin prekären Alltag
zurechtzukommen. „Wer bei der Mindestsicherung für Kinder kürzt,
kürzt bei der Zukunftstauglichkeit unserer Gesellschaft insgesamt“,
hält Landau fest. Auch wenn es stimmt, dass beim Zusammenleben in
einem Haushalt Einsparungseffekte entstehen, ist die vorgesehene
Kürzung bedenklich. Das gilt auch dann, wenn man die
Familienleistungen des Bundes mit einrechnet. Dermaßen niedrige
Sätze, vor allem in Kombination mit der Kürzung der Geldleistungen
bei Paaren um 10 Prozent, reichen für die soziale Teilhabe und ein
menschenwürdiges Leben in Österreich nicht aus. Landau: „Hier wird
Kinder- und Familienarmut verschärft, anstatt sie zu bekämpfen.“
„Mehrkindfamilien, egal ob mit oder ohne Erwerbseinkommen, haben in
unserem Land ein erhöhtes Armutsgefährdungsrisiko. Daher plädieren
wir dafür, hier alle Familien besser zu stellen – und nicht mit dem
Sparstift anzusetzen“, so der Caritas Präsident.
Das Mindeste sichern für ein Leben in Würde
Die Mindestsicherung ist für viele Menschen in Österreich die letzte
finanzielle Absicherung, die ihnen der Sozialstaat bietet. „Diese
Hilfe muss das Mindeste sichern, unabhängig davon, wie sie benannt
wird“, stellt Landau mit Blick auf die neue Bezeichnung „Sozialhilfe“
klar. „Mir bereitet es Sorge, dass das Grundsatzgesetz keine Mindest-
sondern nur Maximalleistungen vorsieht, die von den Ländern beliebig
unterschritten werden können“, erklärt der Caritas Präsident.
„Menschen, die von Armut betroffen sind, benötigen Sicherheiten und
keine Fragezeichen. Hier sollte auch den Ländern mehr Spielraum
eingeräumt werden, gute Lösungen beizubehalten. Das gilt ganz
besonders bei der Unterstützung für Familien.“
Sachleistungen und Deutschkurse kann man nicht essen
Dass der Anspruch auf die volle Leistungshöhe von den
Deutschkenntnissen der BezieherInnen abhängig gemacht wird, sei
ebenfalls kritisch zu sehen, so Landau. „Selbstverständlich ist es
sinnvoll, wenn Menschen die Sprache rasch erlernen. Sachleistungen
kann man aber nicht essen. Wer nicht weiß, wie er die Miete zahlen
soll, dem hilft ein Deutschkurs nicht unmittelbar. Unsere Erfahrung
in der Caritas Arbeit zeigt: Die Menschen wollen in aller Regel
Deutsch lernen und auf eigenen Beinen stehen, und das ist gut so.
Aber Existenzsicherung und Integrationsleistungen kann man nicht
gegeneinander ausspielen. Es geht hier nicht um ein Entweder-Oder,
sondern um ein Sowohl-Als-Auch“, erläutert Landau.
Reform sollte keine Verschlechterungen bringen
„Darüber hinaus darf der größere Kontext der Reform nicht vergessen
werden“, sagt Caritas Präsident Landau und erinnert daran, dass die
Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm auch eine grundlegende
Neugestaltung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bis Ende 2019
angekündigt hat. „Aus Sicht der Caritas wäre es nicht klug, die
Notstandshilfe in ihrer bisherigen Form abzuschaffen“, so Landau.
Diese Systemänderung wäre mit einer Reihe von gravierenden
Verschlechterungen für Betroffene verbunden, die dann auf die
„Mindestsicherung Neu“ angewiesen wären. „Dieser Schritt würde die
soziale Ungleichheit im Land deutlich erhöhen“, führt Landau aus:
„Bei einigen sozialpolitischen Vorhaben steht momentan für die
unmittelbar Betroffenen viel auf dem Spiel - ebenso wie für unsere
Gesellschaft als Ganzes. Im Vertrauen darauf, dass sich die
Mitglieder des Nationalrates ihrer Verantwortung bewusst sind, wenn
es demnächst gilt, der Gesetzesinitiative zur ‚Mindestsicherung Neu‘
die Zustimmung zu erteilen, hoffe ich weiter, dass im Sozialstaat
Österreich die am meisten Benachteiligten in unserer Gesellschaft
nicht vergessen werden“.
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