• 19.02.2019, 12:23:16
  • /
  • OTS0108

Ökostrom - SPÖ drängt auf Verhandlungslösung - Bis Ostern ist Beschluss möglich

Massive Kritik an Demokratieverständnis der ÖVP - Köstingers Versuch, Zweidrittelmehrheit zu umgehen, bringt Verzögerungen, Rechtsunsicherheit und Fleckerlteppich bei Förderungen

Utl.: Massive Kritik an Demokratieverständnis der ÖVP - Köstingers
Versuch, Zweidrittelmehrheit zu umgehen, bringt Verzögerungen,
Rechtsunsicherheit und Fleckerlteppich bei Förderungen =

Wien (OTS/SK) - Die SPÖ bekräftigt ihre Kritik am Vorgehen der ÖVP in
Sachen Ökostrom. Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried
sagt: "Die letzte Woche hat eine für die ÖVP erstaunliche Erkenntnis
gebracht: Nicht der ÖVP-Bauernbund hat die Budgethoheit in
Österreich, sondern das Parlament". In einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit SPÖ-Energiesprecherin Muna Duzdar und dem
Bürgermeister von Ybbs an der Donau, Alois Schroll, bezeichnete
Leichtfried die Reaktion der ÖVP auf die Abstimmungsniederlage im
Bundesrat als "bornierte, kindische Arroganz". Die SPÖ ist
verhandlungsbereit und hält die Einladung an alle Parlamentsparteien
aufrecht, gemeinsam bis Ostern eine Ökostromnovelle zu beschließen,
"die fair und tragfähig ist", bei der die Betreiber der Anlagen und
die ZahlerInnen der Förderung, nämlich die StromkundInnen, wissen,
was auf sie zukommt. ****

Das Verhalten der ÖVP, die, nachdem sie keine Verfassungsmehrheit
bekommen hat für ihr, wie Leichtfried sagt, "schlechtes Gesetz", sei
"unwürdig für eine parlamentarische Demokratie". Die zuständige
Ministerin Elisabeth Köstinger "macht eine Staatsaffäre aus einer
politischen Sachfrage, wo eine Einigung leicht möglich wäre".
Leichtfried: "Wir haben die Hand ausgestreckt, die ÖVP ist
aufgestanden und bis heute nicht zurückgekehrt an den
Verhandlungstisch."

"Miteinander Reden ist zentral für die Demokratie", sagt Leichtfried.
Immerhin gehe es um 150 Millionen Euro, die die StromkundInnen mit
ihrer Ökostromabgabe zahlen müssen. Das neue Vorhaben der ÖVP, mit
dem sie den Verhandlungsweg umgehen will, wird nach Einschätzung von
Leichtfried "länger dauern, es bringt Rechtsunsicherheit und neun
unterschiedliche Länderlösungen - das, was man verhindern wollte, das
machen sie jetzt".

Dazu komme als Begleitmusik die "bewusste Unwahrheit", nämlich der
Vorwurf, die SPÖ sei für Atomstrom. Leichtfried: "Die SPÖ ist für
mehr erneuerbare Energie und ganz klar gegen Atomstrom." Gegen die
"dreiste Propaganda" der ÖVP gibt es eine Klage. Zudem wirft
Leichtfried die Frage auf, was denn die Regierung gegen Atomstrom
mache. Vor den Toren Wiens im slowakischen Mohovce sperrt bald ein
neues AKW mit sehr alter Technologie auf "und die Bundesregierung tut
nichts. Das ist einfach scheinheilig".

Die SPÖ-Energiesprecherin machte klar, dass die StromkundInnen das
Recht haben, zu wissen, was mit ihren 150 Millionen Euro passiert –
aber: "die ÖVP sagt es nicht"; per parlamentarischer Anfrage will
Duzdar jetzt von der Umweltministerin genauen Aufschluss darüber, um
welche Anlagen es geht, welche Leistung die aufweisen, welchen
Wirkungsgrad und wie viele ArbeitnehmerInnen in den Anlagen direkt
beschäftigt sind.

"Die Ministerin missachtet demokratische Beschlüsse. Wenn die
Beschlüsse nicht so ausfallen, wie es die ÖVP gerne hätte, dann
ändern sie die Spielregeln und schummeln sich durch", so Duzdar.
Dabei sei die jetzt geplante einfachgesetzliche Variante "eine
Scheinlösung", die statt einem Gesetz zehn erfordert (das
Grundsatzgesetz und neun Landesgesetze); so produziert die ÖVP eine
"unheimliche rechtliche Verkomplizierung der Sache und große
Unsicherheiten für die Anlagenbetreiber".

Zeitlich ist jedenfalls mit einer wesentlichen Verzögerung zu
rechnen. Immerhin muss die neue Beihilfe von der EU genehmigt werden;
das dauert, wenn es schnell geht, drei Monate, wenn nicht, bis zu
zwei Jahre. Dann haben die Länder sechs Monate Zeit nach
Inkrafttreten des Grundsatzgesetzes für ihre Ausführungsgesetze.
Herauskommen werde ein "Rückfall in alte Zeiten mit einem
Fleckerlteppich von unterschiedlichen Tarifen und Beiträgen", so
Duzdar. Und das Ganze ist bedroht von Rückzahlungsforderungen -
nämlich dann, wenn die EU die Beihilfe nicht genehmigt - und
Millionenstrafzahlungen für Österreich.

"Die SPÖ hat eine tragfähige, faire und rasche Lösung auf den Tisch
gelegt, hat alle Energiesprecher im Parlament eingeladen. Damit
könnten wir bis Ostern einen fertigen Beschluss haben", sagte Duzdar.
Mit dem, was die ÖVP macht, können die Betreiber bestenfalls mit
Allerheiligen rechnen und sie wären aber mit den ganzen Risiken
konfrontiert. Duzdar hat schon am Freitag vergangene Woche alle
EnergiesprecherInnen der Parlamentsparteien eingeladen und "bis auf
ÖVP haben auch alle geantwortet".

Der Ybbser Bürgermeister Alois Schroll spricht sich für eine rasche
Lösung aus. Er betont, dass erneuerbare Energie für alle 2096
österreichischen Gemeinden und Städte ein wichtiges Thema ist. Für
Ybbs ist es seit 120 Jahren die Wasserkraft und seit rund 15 Jahren
auch die Biomasse. Aus der Warte der BürgermeisterInnen verlangt
Schroll Transparenz. Er berichtet, dass allein im Mostviertel sechs
Biomasseanlagen stehen (fünf davon in SPÖ-geführten Gemeinden) und
weder die Betreiber noch die Gemeinden wissen, ob die Anlagen in
Zukunft ihre Förderung bekommen.

Außerdem berichtet Schroll, dass im Vorfeld der Abstimmung im
Bundesrat "massiver Druck" von ÖVP-Seite auf die Gemeinden und die
Betreiber ausgeübt worden sei. Dabei sagen auch die Betreiber, dass
die SPÖ im Bundesrat den richtigen Schritt gemacht hat. Er warf zudem
die Frage auf, was die ÖVP-MinisterInnen eigentlich daran gehindert
habe, eine rechtzeitige Lösung zu verhandeln - denn die
Förderverträge laufen seit dem Jahr 2017 aus. 15 Biomasseanlagen sind
seit 2017 und 2018 ohne Förderung.

"Wirklich letztklassig" findet Schroll den Atomstromvorwurf der ÖVP.
Denn es seien gerade SPÖ-Gemeinden, die sich von Anfang an für
erneuerbare Energien stark gemacht haben. "Weit über 50 Prozent der
Biomasseanlagen sind in SPÖ-geführten Gemeinden", so Schroll. "Wir in
Ybbs an der Donau waren im April 1986 sehr betroffen nach dem
AKW-Supergau in Tschernobyl. Da stehe ich als SPÖ-Bürgermeister
felsenfest da. Nein, wir wollen keinen Atomstrom – wir wollen mehr
Ökostrom, mit einer transparenten Lösung", betont Schroll, der die
ÖVP auffordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Wie es mit der ÖVP weitergeht, sei schwer einzuschätzen. Rein
sachlich sei eine gute Lösung bis Ostern kein Problem. Die
Bereitschaft der ÖVP-Ministerin Köstinger sei allerdings nicht
erkennbar, auch die Prognose, ob das mit der einfachgesetzlichen
Umgehungslösung funktionieren könne, hält Leichtfried ungewiss: "Ob
die Ministerin mit ihrer derzeitigen Tunnelblickphase das
zustandebringt, halte ich für sehr fraglich." (Schluss) sc/wf/mp

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | SPK

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel