- 07.02.2019, 15:10:10
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- OTS0146
BMI:Rechtliche Klarstellungen zu den tragischen Ereignissen in der BH Dornbirn
BFA legt rechtliche Grundlagen dar
Utl.: BFA legt rechtliche Grundlagen dar = =
Wien (OTS) - Das "Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl" bedauert den
tragischen Vorfall in der BH Dornbirn, ist aber rechtlich an folgende
Grundlagen gebunden: Genfer Flüchtlingskonvention, EU-Recht,
Menschenrechtskonvention.
Zu Fragen des Asylverfahrens und des Aufenthaltsverbotes
Trotz eines Aufenthaltsverbots ist – aufgrund derzeitiger
europarechtlicher Vorgaben (Verfahrens-Richtlinie) – bei
Asylantragsstellung ein Asylantrag zu prüfen und ein Asylverfahren
einzuleiten. Das bedeutet, dass der Asylantragsteller ein
vorübergehendes Aufenthaltsrecht und einen faktischen Abschiebeschutz
besitzt.
Im gegenständlichen Fall hätte es bei einer genaueren Prüfung
voraussichtlich auch kein aufrechtes Aufenthaltsverbot mehr gegeben,
da laut EUGH-Judikatur mit der Rückführungs-Richtlinie
Aufenthaltsverbote zeitlich befristet werden. Eine darauf gestützte
Schubhaft wäre aufgrund der Judikatur daher rechtswidrig gewesen,
auch wenn kein Asylantrag gestellt worden wäre. Denn EU-rechtlich
gilt: Nicht jedes ausgesprochene Aufenthaltsverbot ist ein
bestehendes Aufenthaltsverbot. Daher geht – nach aktueller Rechtslage
– das Asylverfahren vor dem Aufenthaltsverbot, und der Asylantrag ist
anzunehmen und zu prüfen.
Zur Frage des Asylverfahrens und der Zulassung
Mit den für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Regeln der
Dublin-Verordnung wird sichergestellt, dass jeder Antrag auf
internationalen Schutz rasch vom tatsächlich zuständigen
Mitgliedstaat inhaltlich bearbeitet werden kann, und die
Schutzprüfung in der EU nur einmal erfolgt. Die Verpflichtungen, die
sich aus der Dublin-III-Verordnung ableiten, sind von allen
Dublin-Mitgliedstaaten – auch von Österreich – verbindlich
einzuhalten.
Im gegenständlichen Fall erfolgte seitens des BFA eine solche
Zulassungsprüfung. Nach der Erstbefragung durch Beamte der LPD
Vorarlberg wurde die Vorführung zur Erstaufnahmestelle West in
Thalham zur Führung des Zulassungsverfahrens sowie die Verständigung
des LVT durch Beamte der LPD angeordnet.
Da es sich um kein Dublin-Verfahren handelt (u.a. gab es etwa keinen
EURODAC-Treffer) erfolgte eine Zulassung zum inhaltlichen Verfahren
in Österreich.
Zur Frage der Verfahrensdauer und des "Fast Track"-Verfahrens
"Fast Track"-Verfahren werden bei sicheren Herkunftsstaaten mit
geringer Aussicht auf Schutzgewährung, wie Georgien, durchgeführt.
Ermittlungsintensive Verfahren, die zu Schutzgewährungen oder
Duldungen führen können, werden aufgrund der Komplexität als
Normverfahren geführt. Die aktuelle Verfahrensdauer bei "Fast
Track"-Verfahren beträgt rund ein Monat, bei Normverfahren rund drei
Monate.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um einen türkischen
Staatsangehörigen, der im Rahmen seines Asylverfahrens Angaben
gemacht hat, die laut Asylgesetz und Status-Richtlinie als
Ausschlussgrund für die Zuerkennung eines Schutzstatus gelten
könnten. Aufgrund dessen hätte das seit Jänner 2019 laufende
Asylverfahren vermutlich keinen schutzgewährenden Bescheid in erster
Instanz zur Folge gehabt.
Eine an das negativ abgeschlossene Asylverfahren angeknüpfte
Außerlandesbringung wäre jedoch aufgrund der sensiblen Angaben im
Verfahren (Angehöriger der kurdischen Volksgruppe) nicht mit Art. 3
der europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar gewesen.
Das bedeutet, dass selbst nach Ausstellung eines negativen
Asylbescheids im vorliegenden Fall letztendlich aufgrund der
möglichen Unzulässigkeit einer Abschiebung eine Duldung ausgesprochen
hätte werden müssen.
Zur Frage der Schubhaft
Schubhaft ist ein Mittel zur Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden
Entscheidung. Dies gilt auch in jenen Fällen, in denen Asylwerber
eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen.
Schubhaft in einem laufenden Asylverfahren kann nur bei
Sicherungsbedarf verhängt werden. Das ist in der österreichischen
Verfassung und der europäischen Menschenrechtskonvention verankert.
Im gegenständlichen Fall wäre dieser Sicherungsbedarf nicht
argumentierbar gewesen, da der Asylwerber aufrecht gemeldet war und
bei einer Familie privat wohnte.
Schubhaft kann im fremdenrechtlichen Bereich nur zur Sicherung der
Außerlandesbringung verhängt werden und ist daher auch klar von der
Strafhaft zu unterscheiden.
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