Nina Kreuzinger, Kim Kadlec, Max Nicholls, Yvonne Wilder, Judith Hecht, Nikolaus Jilch, Emanuel Liedl, Hans Wu, Kurt Langbein und Max Zirngast ausgezeichnet

Utl.: Nina Kreuzinger, Kim Kadlec, Max Nicholls, Yvonne Wilder,
Judith Hecht, Nikolaus Jilch, Emanuel Liedl, Hans Wu, Kurt
Langbein und Max Zirngast ausgezeichnet =
Wien (OTS) - Im Vorraum des Wappensaals des Wiener Rathauses empfing
eine Kunst-Installation mit dem Titel „Briefgeheimnis“ von Ezgí Erol,
Antonio Semeraro und Shabnam Chamani die Gäste bei der gestrigen 40.
Verleihung des diesjährigen Dr. Karl Renner-Publizistikpreises. Aus
überlebensgroß gedruckten Briefen von Max Zirngast konnten sich alle
einen Teil heraustrennen, um sich als Zeichen der Solidarität ein
Stückchen Max Zirngast mitzunehmen.
In seiner Begrüßung betonte ÖJC-Präsident Fred Turnheim, dass die
höchste und älteste Auszeichnung für Journalismus in Österreich auch
für die Leistungen von Journalistinnen und Journalisten für die
Demokratie vergeben werde. Daher wurde auch letztes Jahr der Dr. Karl
Renner-Solidaritätspreis ins Leben gerufen: „Meşale Tolu wird heute
die Stafette der Solidarität an Max Zirngast weitergeben, damit er
nächstes Jahr auf dieser Bühne stehen kann“, zeigte sich Turnheim
zuversichtlich.
Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG-AutorInnen forderte die Gäste
auf, den „Offenen Brief“ zu unterzeichnen, der an alle relevanten
nationalen wie internationalen Institutionen morgen, Donnerstag
gesendet werde. Und Turnheim weiter: Nach wie vor sind in der Türkei
mit heutigem Stand 174 Journalistinnen und Journalisten bzw. sieben
Österreicherinnen und Österreicher in Haft. „Herr Bundeskanzler,
fahren Sie statt in den angekündigten Skiurlaub in die Türkei und
bringen sie die in der Türkei inhaftierten Österreicherinnen und
Österreicher nach Hause. Dann wird Ihre Ratspräsidentschaft in die
Geschichte eingehen“, endete Turnheim seine Begrüßung mit einem
Appell.
Gemeinderat Jörg Neumayer, der als zuständiger für das Ressort Medien
Bürgermeister Christian Ludwig vertrat, betonte: „Es können alle
einen Beitrag dazu leisten, die Situation der Pressefreiheit wieder
zu verbessern“ und übte scharfe Kritik am Brief des
Innenministeriums, kritische Journalistinnen und Journalisten nur mit
den nötigsten Informationen zu versorgen.
In der Kategorie Print hielt Susanne Ayoub die Laudatio für Nina
Kreuzinger, die für ihre Artikelserie „Operation Abrissbirne“, die im
Falter und in der Wiener Zeitung erschienen ist, den Dr. Karl Renner
Publizistikpreis 2018 erhielt. Sie habe damit ganz wesentlich zur
Verordnung vom 1. Juli 2018 beigetragen, die nun Gründerzeithäuser
besser unter Schutz stellen soll. Nina Kreuzinger sah die
Auszeichnung als Bestätigung ihres 2009 eingeschlagenen Weges als
freie Journalistin. Als diese hätte man zwar keinerlei rechtliche und
soziale Sicherheit, könne sich aber jenen Themen widmen, die einem
wichtig erscheinen. „Die ersten wichtigen Recherchegespräche fanden
vor meiner Haustüre statt, mit meiner Postbotin“, so Kreuzinger und
abschließend: „Das Thema benötigt weiter unsere Aufmerksamkeit.“
In der Kategorie Fernsehen würdigte Laudator Oswald Klotz Kim Kadlec
und Max Nicholls für ihre Am Schauplatz-Reportage „Chakra mit
Gewerbeschein – die Energetikerbranche boomt“ während der umstrittene
Energetiker vom Krankenhaus Nord zeitgleich und ortsgleich zur
Preisverleihung im Rathaus im Untersuchungs-Ausschuss aussagen
musste. „Wir haben einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, um auch in
Bereichen zu recherchieren, die unangenehm sind“, bedankte sich Kim
Kadlec für den Preis.
In der Kategorie Online hielt Zoran Dobric die Laudatio für Yvonne
Widler: „Eine der wichtigsten Säulen einer demokratischen
Gesellschaft ist ein unabhängiger Journalismus, den wir schon bald
für tot erklären müssen. Immer weniger Journalistinnen und
Journalisten haben Zeit, ordentlich zu recherchieren.“ Ausgezeichnet
wurde Yvonne Wilder mit dem Dr. Karl Renner Publizistikpreis 2018 für
ihre Reportage "Misshandelt: Vom Jugendamt zu einer Mörderin
gesteckt" über das Leben von Walfried Janka, der als Baby zu einer
Pflegemutter kam, die zuvor ihr eigenes Kind getötet hatte und später
selbst zum Mörder wurde.
In der Kategorie Investigativer Journalismus zeichnete Laudator
Helmut Kletzander ein Recherchekollektiv von Die Presse und ORF aus.
Judith Hecht, Nikolaus Jilch, Emanuel Liedl und Hans Wu hatten acht
Gigabite Daten gesichtet, um einen Kriminalfall rund um eine
Bitcoin-Sekte zu durchleuchten. Die Situation erforderte von sonst so
einzelkämpferischen Journalisten Teamarbeit. Dass acht Augen mehr
sehen als zwei hätte die Recherche nicht einfacher, das Ergebnis aber
umso besser gemacht, betonten die Preisträgerinnen und Preisträger.
Kurt Langbein erhielt den Dr. Karl Renner-Publizistik-Preis für sein
Lebenswerk. In seiner Laudatio erklärte Rainer Rosenberg: „Kurt
Langbein – ich wage es zu sagen – ist ein braver Sohn, sein Vater
kämpfte gegen den Faschismus, für eine Revolution und das Überleben,
er musste das Scheitern seiner Ideologie erkennen und ließ sich in
seiner Suche nach Gerechtigkeit und Auseinandersetzung mit den
erlittenen Verbrechen nicht entmutigen.“ Derzeit schreibt Kurt
Langbein ein Buch über die Geschichte seines Vaters.
Krönender Abschluss des Dr. Karl Renner Publizistik-Preises 2018 und
gleichzeitig auch Höhepunkt einer internationalen Solidaritätswoche
für Max Zirngast (siehe OTS0043 2018-12-11/09:30) war die Verleihung
des Dr. Karl Renner-Solidaritätspreises an Max Zirngast, der von
seiner Mutter Barbara Zirngast entgegengenommen wurde. Die Laudatio
hielt Meşale Tolu, die 2017 selbst gemeinsam mit Deniz Yücel mit dem
Preis ausgezeichnet wurde und nur einen Tag vor der Verleihung nach
acht Monaten Haft aus dem Gefängnis freikam.
„So groß auch die Freude darüber ist, dass Ihre Solidarität etwas
bezweckt hat, desto größer ist die Trauer, dass heute immer noch 174
Journalistinnen und Journalisten in der Türkei in Haft sind“, betonte
Meşale Tolu in ihrer Rede. „Ich bedanke mich bei allen, die zur
heutigen Verleihung beigetragen haben und überreiche mit großer
Freude den Karl Renner Solidaritätspreis an Familie Zirngast, in der
Hoffnung, dass Max nächstes Jahr auch auf dieser Bühne steht und
diesen Preis weitergibt.“
In ihrer Dankesrede appellierte Mutter Barbara Zirngast an die
Medien, aufgrund des laufenden Verfahrens keine Aussagen zu
kolportieren, die nicht eindeutig Max Zirngast zuzuordnen wären. Sie
bat um Verständnis, dass die Familie bis zur Veröffentlichung der
Anklage von Interviews absehe und bedankte sich nochmals für die
große und couragierte Solidarität von Freundinnen und Freunden von
Max Zirngast, die sich in der Kampagne #FREEMAXZIRNGAST organisiert
haben. „Mir als Mutter tut es weh, dass er für seine Werte ins
Gefängnis muss und auf einen Prozess mit nicht absehbarem Ausgang
wartet. Denkt an ihn, lasst ihn nicht allein.“
Nachdem Max Zirngasts Rede für den Dr. Karl Renner-Publizistikpreis
von den türkischen Behörden nicht freigegeben wurde, schaffte es
zumindest ein Audio-Mitschnitt von einem gestrigen Telefonat Max
Zirngasts aus dem türkischen Hochsicherheitsgefängnis nahe Ankara in
den Wappensaal des Wiener Rathauses.
Die Aufzeichnung der Verleihung des 40. Dr. Karl Renner
Publizistik-Preises als älteste und höchste Auszeichnung für
Journalismus in Österreich ist in Bälde im Podcast des
Österreichischen Journalisten Clubs abrufbar.
An Max Zirngasts Geburtstag, am 12. Jänner 2019 um 21:15 sendet
OktoTV einen Zusammenschnitt der Höhepunkte der
Solidaritätsveranstaltung am vergangenen Sonntag im Wiener
Schauspielhaus.
Rund 100 Preisträgerinnen und Preisträger wurden bisher mit dem Dr.
Karl Renner-Publizistik-Preis ausgezeichnet, darunter Helmut Zilk,
Hugo Portisch, Claus Gatterer oder Julia Ortner.
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