Bundespräsident im ÖSTERREICH-Interview: Gegen Deutsch-Gebot am Schulhof - Van der Bellen dafür, dass VfGH konsultiert werden darf, bevor eine Materie Gesetzeskraft erhält
Utl.: Bundespräsident im ÖSTERREICH-Interview: Gegen Deutsch-Gebot
am Schulhof - Van der Bellen dafür, dass VfGH konsultiert
werden darf, bevor eine Materie Gesetzeskraft erhält =
Wien (OTS) - Im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH
(Samstagsausgabe) verurteilt Bundespräsident Alexander van der Bellen
den heute bekannt gewordenen Spionagefall. Van der Bellen: "Spionage
ist inakzeptabel. Der Fall gehört natürlich lückenlos aufgeklärt."
Van der Bellen erneuert in dem Interview seine Kritik am
Entschluss der Regierung, den Migrationspakt der UNO nicht zu
unterzeichnen: "Österreich ist als exportorientiertes Land darauf
angewiesen, größte Aufmerksamkeit auf unser Ansehen in der Welt zu
legen, und den ausgezeichneten Ruf der österreichischen Diplomatie,
auch in schwierigen Fragen Konsens zu erzielen, zu erhalten. Da haben
wir ein großes Kapital angehäuft in all den Jahren – wir sollten
alles daran setzen, das zu erhöhen und nicht zu vermindern." Und:
"Österreichs Haltung kann zumindest missverstanden werden. Dass
Österreich weniger als früher gewillt sein könnte, seine
diplomatischen Fähigkeiten im Interesse der Weltgemeinschaft
einzusetzen. Wir sollten alles vermeiden, was diesen Eindruck
erwecken könnte."
Ausdrückliches Lob gibt es von Van der Bellen für den Umgang der
Regierung mit der Vergangenheit: "Zum Beispiel im Bereich der
Erinnerungskultur, zuletzt die Entscheidung der Bundesregierung,
maßgeblich für die Errichtung der Erinnerungsmauer beizutragen. Auch
die Initiative, Menschen, die nach 1938 emigrieren mussten, und ihren
Nachkommen die Doppelstaatsbürgerschaft anzubieten, begrüße ich."
Kritik gibt es für die Details beim 12-Stunden-Tag. Hier
kritisiert Van der Bellen vor allem die überhastete Umsetzung ohne
Einbindung relevanter Gesprächspartner. Van der Bellen: "Vor allem
bei der Frage, wer und wie man den Begriff der Freiwilligkeit
definiert. Genau hier spießt es sich jetzt. Das kommt eben davon,
wenn man sich nicht genügend Zeit lässt und zu wenig in die
Gesprächsbereitschaft investiert. Das fällt einem später auf den
Kopf. Hätte man länger darüber geredet, hätte man sich viel Ärger bei
den Betroffenen erspart."
Van der Bellen spricht sich auch offen gegen Pläne aus,
ausschließlich den Gebrauch der deutschen Sprache in den Schulen
zuzulassen: "Das macht keinen Sinn. Schon deshalb nicht, weil ich es
für nicht exekutierbar halte. Soll jetzt hinter jedem Schüler eine
Lehrerin stehen, die das kontrolliert? Natürlich ist es wichtig, dass
alle Schüler im eigenen Interesse gut Deutsch lernen, aber man darf
auch seine eigene Muttersprache pflegen dürfen und wenn zwei Schüler
die gleiche Sprache sprechen, müssen sie das dürfen."
Würden diese Pläne umgesetzt, würde sie Van der Bellen
verfassungsrechtlich genau prüfen lassen. In diesem Zusammenhang regt
der Bundespräsident eine Gesetzesänderung an. Van der Bellen: "Ich
würde ja gerne initiieren, dass es in Österreich möglich wird, dass
der Verfassungsgerichtshof gefragt werden darf, bevor eine Sache
Gesetz wird. Derzeit kann er ja erst danach darüber entscheiden. Es
würde die Arbeit des Bundespräsidenten erleichtern, wenn er davon
unterrichtet werden kann, dass ein Gesetz verfassungswidrig ist,
bevor er es unterschreibt."
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