Einzelmaßnahmen sind zu wenig: Wirtschaftskammer startet umfassende Fachkräfte-Offensive
WKÖ–Präsident Mahrer und Generalsekretär Kopf präsentieren Österreichs Fachkräfte-Radar – wo der Bedarf am größten ist und welche Maßnahmen jetzt noch nötig sind
Wien (OTS) - „Die Fachkräfte-Problematik ist eine größere als in den letzten Jahren beobachtet wurde“, sagte Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), heute bei der Präsentation des WKO Fachkräfte-Radars im Rahmen einer Pressekonferenz. Dies belegt eine Studie, die das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) im Auftrag der WKÖ durchführte. Dabei wurden im April dieses Jahres rund 4500 Unternehmen befragt: 87 Prozent von ihnen sagen, den Fachkräfte-Mangel zu spüren. Hochgerechnet auf ganz Österreich werden insgesamt 162.000 Fachkräfte gesucht.
„Das hat große Auswirkungen auf die Innovationstätigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und kann zu einer gefährlichen Abwärtsspirale führen. Es kommt schließlich hinzu, dass auch die Demografie gegen uns spielt“, warnt Mahrer. Denn ein Blick auf die demografische Entwicklung zeigt, dass laut den Bevölkerungsdaten der Statistik Austria die Zahl der 20-60-Jährigen heuer ihren Höhepunkt erreichen. Ab 2019 nimmt die Zahl ab und wird bis zum Jahr 2030 um mehr als 230.000 Personen zurückgehen. Schon 2024 wird es um 40.000 mehr 60-Jährige als 20-Jährige geben.
Mobilisierung des vorhandenen Potenzials
„Wir brauchen eine integrierte Gesamtstrategie zur Fachkräftesicherung, Einzelmaßnahmen sind zu wenig“, betonte Mahrer. Die Wirtschaftskammer startet daher eine umfassende Fachkräfte-Offensive. In einem ersten Schritt wurde der WKO Fachkräfte-Radar geschaffen – eine übersichtliche Aufbereitung sämtlicher Daten zum Arbeitskräfteangebot sowie ein gebündeltes Serviceangebot an die Wirtschaftskammer-Mitglieder. „Unser Fachkräfte-Radar mit allen Daten und Fakten ist die Grundlage, um das vorhandene Arbeitskräftepotenzial zu nutzen. Denn wir konzentrieren uns auf die Aktivierung und Mobilisierung der vorhandenen Potenziale in Österreich“, führt WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf aus. Und er nennt ein Beispiel: „Wenn die Firma Maier aus Vöcklabruck dringend Elektroinstallateure sucht, sieht sie auf der interaktiven Karte auf wko.at/fachkraefte, dass in ihrem Bezirk nur 19 arbeitslose Elektroinstallateure zur Verfügung stehen. Gleichzeitig kann das Unternehmen auf unserem Servicetool aber sehen, dass in Wien 320 arbeitslose Elektroinstallateure auf 100 offene Stellen kommen. Die Firma Maier kann somit das AMS bitten, auch in Wien nach Kandidaten für den Job in Vöcklabruck zu suchen.“
Fünf wesentliche Stoßrichtungen
In Summe, so betont Mahrer, gehen die Anstrengungen der Wirtschaftskammer in fünf Stoßrichtungen: Diese sind Qualifizierung, Maßnahmen zur Personalsuche und -sicherung, zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum Erhalt der Gesundheits- und Arbeitsfähigkeit und als fünfte Säule braucht es qualifizierte Zuwanderung. „Ich sage es ganz offen: Wer glaubt, es wird ganz ohne qualifizierte Zuwanderung gehen, der irrt. Es gibt viele der gesuchten Leute hierzulande ganz einfach nicht“, so Mahrer. Genauso ist das Arbeitskräftepotenzial in den Nachbarländern ausgeschöpft. Das zeigt allein die Tatsache, dass Tschechien, Ungarn, Deutschland ebenso wie Bulgarien und Rumänien bereits niedrigere Arbeitslosenraten haben als Österreich. „Gerade im IT-Bereich fehlen Fachkräfte – aktuell in Summe rund 10.000 in Österreich. Hier haben wir es in Europa mit einem ausgetrockneten Markt zu tun“, so der WKÖ-Chef.
Um qualifizierte Zuwanderer zu bekommen, sei eine Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot-Karte nötig. „Wenn Verfahren sechs Monate dauern, anstatt acht Wochen, wie im Gesetz vorgesehen, dann handelt es sich um ein höchst bürokratisches Tool. Wir müssen Verfahren beschleunigen, die Form der Anmeldung vereinfachen und vor allem auch die Mangelberufsliste regionalisieren“, sagt Mahrer. Denn wie auf dem WKO Fachkräfte-Radar ersichtlich ist, gibt es ein enormes Ost-West-Gefälle und somit Berufe, die nur in einzelnen Regionen zu Mangelberufen zählen.
Lehre wird weiterentwickelt
In Summe, so betonen Mahrer und Kopf unisono, stehen aber Maßnahmen im Inland im Vordergrund. Ein besonderes Anliegen ist der WKÖ-Spitze dabei der Bereich Qualifizierung. „Wir werden in den nächsten Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag in den Bereich Aus- und Weiterbildung investieren“, so Mahrer. Ein großer Teil davon werde in die Weiterentwicklung der Lehre von der dualen Ausbildung zur trialen Ausbildung gehen. Mahrer: „Es ist sehr erfreulich, dass neue Lehrberufe wie beispielsweise der Coder geschaffen werden. Die Digitalisierung hält aber nahezu überall Einzug in den Berufsalltag. Wir brauchen daher in allen Bereichen die Ergänzung um digitale Kompetenzen.“
In einigen anderen Bereichen, etwa der Verbesserung der Personalsuche durch Steigerung der Mobilität und Forcierung der überregionalen Vermittlung, braucht es einen Ausbau von Anreizen. „Wir haben zu allen fünf Stoßrichtungen, in die wir gehen müssen, eine große Expertise in der Wirtschaftskammer. Wenn die Bundesregierung das möchte, stehen wir bereit“, so Mahrer abschließend. (PWK598/DFS)
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