Innsbruck (OTS) - Ob gegen Flüchtlinge, ob gegen
Mindestsicherungsbezieher – immer mehr Leute werden rhetorisch immer
brutaler. Wie sich in Italien zeigt, ist der Grat zwischen verbaler
und körperlicher Gewalt schmal.
Auch wenn es europaweit vor Hitze glüht, ist immer mehr Kälte zu
spüren. Leute, die den Tod eines Marienkäfers beweinen, lassen
Hunderte tote Flüchtlinge im Mittelmeer ungerührt. Sie beklatschen
das auch noch. Nicht nur an Stammtischen oder in Hinterzimmern, wo
sie unter sich sind. Öffentlich tun sie das; Netzwerke wie Facebook
und Twitter bieten ihnen eine Bühne, die sie vormals nicht gehabt
haben. Gleichgesinnte finden sich da – und versuchen einander an
Herzlosigkeit zu überbieten. Immer weniger verstecken sich hinter
anonymen Profilen, sie stehen mit ihrem Namen zu ihrer rhetorischen
Grausamkeit. „Gut, wenn es ersäuft, dieses Pack“, heißt es etwa.
„Dann brauchen wir dieses Schmarotzergesindel bei uns wenigstens
nicht durchfüttern.“ Die gängige Reaktion, wenn jemand ob solcher
Äußerungen erschüttert ist: Er wird als „Gutmensch“ beschimpft.
Sind jene, die so etwas sagen, gerne Schlechtmenschen? Woher rührt
die Empathielosigkeit? Warum glauben sie, Wortbrutalität gegen
Schutzsuchende und Mindestsicherungsbezieher sei salonfähig geworden?
Bei der Antwortsuche wird man auch in der Politik fündig, bei
Repräsentanten dieses Metiers, durch die sich etliche Bürger zu ihrem
Rabaukentum animiert und legitimiert wähnen. Rechtspopulisten vom
italienischen Innenminister Matteo Salvini bis zu den deutschen
AfDlern zeichnen Feindbilder, tagaus, tagein. Auch Vertreter der
heimischen Freiheitlichen zählen dazu.
Diese Bilder wirken, vor allem bei jenen, die sich als
Wohlstandsverlierer sehen. Neid entsteht, daraus wird Hass.
Dies wie das richtet sich paradoxerweise nicht gegen jene, die
materiell viel mehr haben als sie, er zielt auf die, denen es viel
schlechter geht.
Wie gefährlich Sündenbockpolitik à la Salvini ist, zeigt sich derzeit
in seinem Land. Ein Marokkaner ist von zwei Männern totgeprügelt
worden. Daisy Osakue, eine Diskuswerferin mit nigerianischen Wurzeln,
wurde angegriffen, ein Roma-Mädchen angeschossen, ein Senegalese
geschlagen und beschimpft.
Staatspräsident Sergio Mattarella ist zu Recht besorgt – und warnt
vor dem „Gift des Rassismus“.
Die Vorfälle in Italien belegen: Der Grat ist schmal zwischen
verbaler und körperlicher Gewalt. Das sollte auch jenen bewusst sein,
die hierzulande stetig „zündeln“ – in der Hoffnung, mit Stimmung
gegen „die Ausländer“ Stimmen zu lukrieren. Verantwortungsvolle
Regierende streuen nicht Gift, sie tragen dazu bei, zu entgiften.
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