• 26.07.2018, 09:00:01
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Tapeziererhelferin kurz vor 25-jährigem Jubiläum gekündigt – AK klagte erfolgreich gegen sozialwidrige Kündigung

Linz (OTS) - 

Das Thema Kündigung sorgt bei den Beschäftigten stets für Verunsicherung. Grundsätzlich müssen Firmen keinen Grund nennen, warum sie eine Kündigung aussprechen. In einigen Fällen ist es aber keineswegs so, dass der oder die Betroffene diese Kündigung auch tatenlos hinnehmen muss. Denn sozialwidrige Kündigungen können die Arbeitnehmer/-innen vor Gericht anfechten. Die AK vertrat erfolgreich unter anderem eine Tapeziererhelferin aus dem Bezirk Eferding, die kurz vor ihrem 25-jährigen Dienstjubiläum – und somit vor dem nächsten Abfertigungssprung – gekündigt wurde. Sie erhielt in Summe mehr als 13.900 Euro.

Sozialwidrig ist eine Kündigung, wenn sie wesentliche Interessen der/des Beschäftigten beeinträchtigt (insbesondere in Zusammenhang mit zu erwartender langer Arbeitslosigkeit, empfindlichen Einkommenseinbußen, Unterhaltspflichten, hohen monatlichen Fixkosten). Kann der Arbeitgeber beweisen, dass die Kündigung betriebsbedingt (z.B. aus wirtschaftlichen Gründen, bei Wegfall des Arbeitsplatzes durch Umstrukturierung etc.) oder personenbedingt (z.B. bei Verfehlungen der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers – etwa, wenn sie/er sozial unverträglich ist) erfolgte, hat eine Interessenabwägung vor Gericht stattzufinden. Sozialwidrige Kündigungen sind zwar vorerst wirksam, aber bei Gericht anfechtbar.

Laut Gesetz hat der Arbeitgeber eine sogenannte soziale Gestaltungspflicht: Er muss die sozialen Umstände der/des Beschäftigten berücksichtigen, wenn er sie/ihn kündigt. Im Rahmen seiner Möglichkeiten müsste er bei Vorliegen bestimmter sozialer Gründe versuchen, die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz unterzubringen. In der Praxis kommt es allerdings selten vor, dass Beschäftigte, die einmal gekündigt wurden, nach einer positiven Anfechtungsklage in dieser Firma weiterarbeiten – meist ist das Verhältnis zwischen Betrieb und Arbeitnehmer/-in dann zu stark zerrüttet. In den meisten Fällen endet ein solches Verfahren mit einem Vergleich.

So auch bei einer 52-jährigen Tapeziererhelferin aus dem Bezirk Eferding. Die Frau erhielt die Kündigung so, dass die Kündigungsfrist genau zwei Wochen vor ihrem 25-jährigen Dienstjubiläum – und somit vor dem nächsten Abfertigungssprung – abgelaufen wäre. Im Jahr zuvor musste sie operiert werden und war deswegen länger im Krankenstand. Der Betriebsrat in der Firma hatte der Kündigung ausdrücklich widersprochen – vor allem deswegen, weil die Vermutung nahelag, dass die Frau aufgrund ihres Alters in absehbarer Zeit keinen adäquaten Arbeitsplatz finden würde.

Die Arbeitnehmerin wandte sich an die AK. Die brachte Klage ein – mit der Begründung, dass die wirtschaftliche Existenz der Frau gefährdet sei und es im Betrieb keine Erfordernisse gebe, die ihrer Weiterbeschäftigung entgegenstehen würden. Die Frau hatte sich auch keinerlei Pflichtverletzungen schuldig gemacht, die ihre Kündigung gerechtfertigt hätten. Der Rechtsstreit endete in einem Vergleich: Die Frau gab sich damit zufrieden, dass ihr die Firma zusätzlich zu den zustehenden gesetzlichen und kollektivvertraglichen Ansprüchen vier Bruttomonatsentgelte an „freiwilliger Abfertigung“ bezahlte. In Summe erhielt sie mehr als 13.900 Euro.

„Die Frau arbeitete die Hälfte ihres Lebens jahrelang treu und fleißig für eine Firma. Mit Anfang 50 zeigte der Körper die Spuren der Arbeit und sie musste operiert werden. Der Dank der Firma: Sie wird hinausgeschmissen – zu alt, zu teuer. Einmal abgesehen davon, welche Enttäuschung und Kränkung so ein Verhalten von Betrieben verursachen kann, sind die Betroffenen in vielen Fällen in ihrer Existenz bedroht, weil gerade ältere Beschäftigte kaum noch bis zur Pension einen neuen Job finden“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.

Die AK rät Betroffenen, eine sozialwidrige Kündigung nicht einfach auf sich sitzen zu lassen. Hat eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer das Gefühl, die Kündigung durch den Chef sei sozialwidrig, sollte er/sie auf jeden Fall umgehend in die AK-Beratung kommen. Die Rechtsexperten/-innen prüfen den Fall, beraten und vertreten – im Fall der gerichtlichen Kündigungsanfechtung – die AK-Mitglieder kostenlos. Vielfach könnten sie noch an einem anderen Arbeitsplatz in der Firma eingesetzt werden. Hier appelliert die AK an die Arbeitgeber, auch kreative Lösungen zu finden. „Die Arbeitgeber müssen ihrer sozialen Gestaltungspflicht nachkommen. Das ist einerseits gesetzlich festgeschrieben, andererseits auch eine Frage des Respekts vor den hervorragenden Leistungen der Beschäftigten“, so Kalliauer.

Rückfragen & Kontakt

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Ines Hafner, MA
+43 (0)50/6906-2178
ines.hafner@akooe.at
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