• 24.05.2018, 12:38:27
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  • OTS0127

Ernährungsexperten und Ärztekammer fordern Aktionsplan gegen Adipositas

12 bis 16 Mio. übergewichtige Kinder in Europa. WHO erwartet wissenschaftlich fundierte Präventions- und Behandlungsmodelle.

Utl.: 12 bis 16 Mio. übergewichtige Kinder in Europa. WHO erwartet
wissenschaftlich fundierte Präventions- und
Behandlungsmodelle. =

Wien (OTS) - „Krankhaftes Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen
ist inzwischen eine gesundheitliche und gesundheitspolitische
Zeitbombe ersten Ranges und eine Basis für eine Reihe von
Erkrankungen und höhere Sterblichkeit. Die Politik muss wirksamen
Präventions- und Behandlungsmodellen höchste Priorität einräumen“,
sagt Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte
und Vizepräsident der Österreichische Ärztekammer anlässlich des 25.
European Congress on Obesity (23. bis 25. Mai in Wien). „Wir brauchen
einen Aktionsplan gegen Adipositas.“

In Europa sind 12 bis 16 Millionen Kinder, bedingt durch
Fehlernährung und Bewegungsmangel, übergewichtig. „In einer
untersuchten Wiener Volksschule liegt die Häufigkeit von Übergewicht
bzw. Adipositas bei 40 Prozent. Diese Kinder haben ein erhöhtes
Risiko zum Beispiel für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder
Gelenksschäden. Außerdem ist Übergewicht assoziiert mit geringem
Selbstwertgefühl, sozialer Ausgrenzung und psychischen Erkrankungen
wie Angstzuständen und Depressionen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Kurt
Widhalm, Kinderarzt und Präsident des Österreichischen Akademischen
Instituts für Ernährungsmedizin.

Die WHO fordert angesichts des Massenphänomens Übergewicht/Adipositas
auch von Österreich, dass bis zum Jahr 2020 das Übergewicht im
Kindes- und Jugendalter stagniert. Prof. Widhalm: „Dafür sind neue
präventive und therapeutische Zugänge notwendig. Wir müssen
evaluierte Therapie- und Präventionsprogramme auf breiter Basis
evaluieren, die zu einer Reduktion der Belastung durch
ernährungsbedingte Krankheiten führen.“

Ein Beispiel dafür ist das EDDY Young Projekt („Effect of sports and
diet training to prevent obesity and secondary diseases and to
influence young children‘s lifestyle“). Es verfolgt das Ziel, ein
bezüglich der Wirksamkeit wissenschaftlich evaluiertes Programm zur
Prävention von Übergewicht und kardiovaskulären Erkrankungen zu
entwickeln. EDDY beruht unter anderem auf Ernährungs- und
Lifestyle-Schulung an Schulen durch spezialisierte Kräfte gemeinsam
mit den Lehrpersonen, speziellem körperlichem Training, und dem
Einsatz von speziell entwickelten Apps. „Das günstigste Alter dürfte
um das 10. Lebensjahr liegen, weil dann bei den Kindern
entsprechendes Bewusstsein hergestellt werden kann“, so Prof.
Widhalm. „Damit konnte messbar die körperliche Leistungsfähigkeit
erhöht, das Ernährungswissen und -verhalten verbessert und der
Anstieg des Körperfettes gebremst werden. Die Ausweitung so eines
wissenschaftlich ausgewerteten Programms zur Prävention von
Übergewicht und zur Verbesserung des Lebensstils ist dringend
geboten.“

Übergewicht bei Jugendliche: Abnehmen schützt ihr Herz

Dass Abnehmen bei Jugendlichen das Herz schützt, wird durch eine
Reihe aktueller Studien bestätigt, zum Beispiel eine auf dem letzten
Kongress der Europäischen Kardiologengesellschaft (ESC) präsentierte
Untersuchung aus Leipzig. Die Forscher untersuchten insgesamt 60
Jugendliche: 30 von ihnen waren und blieben normalgewichtig, 15 waren
und blieben übergewichtig und 15 reduzierten im Kontrollzeitraum von
3,2 Jahren ihr Übergewicht. Die Untersuchungen wurden mittels einer
Ultraschall-basierten Analyse der Herzmuskulatur durchgeführt.

Bei der Erstuntersuchung wiesen die Übergewichtigen einen signifikant
höheren Blutdruck auf als ihre normalgewichtigen Altersgenossen,
außerdem war bei ihnen die Muskelmasse der linken Herzkammer deutlich
vergrößert. Fazit der Studienautoren: „Eine Gewichtsreduktion führt
bei Jugendlichen zu einer Verbesserung der strukturellen und
funktionellen Veränderungen des Herzens, die durch das Übergewicht
bedingt sind.“

Übergewicht-Risiken setzen sich bei Erwachsenen fort –
Frühzeitige Intervention sinnvoll

Dass sich die durch Übergewicht bedingten Risiken bei Erwachsenen
fortsetzen, bestätigt einmal mehr eine kürzlich im European Heart
Journal erschienene Studie mit fast 300.000 Teilnehmern. Fazit: Ein
erhöhter Body Mass Index steht eindeutig mit einem erhöhten
Herz-Kreislauf-Risiko in einem Zusammenhang. Wer seinen BMI zwischen
22 und 23 behält, kann sein Risiko, an einer Herzkrankheit zu leiden
oder daran zu sterben, deutlich reduzieren. Ähnliche Ergebnisse
brachte auch die Messung des Bauchumfanges: Verglichen mit einem
Umfang von 74 und 83 Zentimetern, stieg das Risiko bei Frauen pro
12,6 weitere Zentimeter um zehn Prozent, bei Männern sogar um 16
Prozent pro zusätzlicher 11,4 Zentimeter.

„Es ist besonders wichtig, dass Interventionen gegen Fettleibigkeit
bereits im Kindesalter ansetzen“, so Prof. Widhalm. „So kann man
Folgeerkrankungen am besten vorbeugen, außerdem ist es bei krankhaft
übergewichtigen Erwachsenen oft viel schwieriger, eine
Verhaltensänderung oder physische Verbesserung zu erreichen.“

Quellen:
Winzer et al.: Impact of weight reduction during adolescence on
parameters of cardiac geometry and function. European Heart Journal
(2017) 38 (Supplement) 710
Iliodromiti et al.: The impact of confounding on the associations of
different adiposity measures with the incidence of cardiovascular
disease: a cohort study of 296 535 adults of white European descent.
European Heart Journal. doi:10.1093/eurheartj/ehy057
WHO, Report of the Commission on Ending Childhood Obesity:
implementation plan – report by the Secretariat, EB140/30 13 January
2017

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