- 16.05.2018, 15:39:06
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Datenschutz: Weitere Sammelnovelle passiert mit Änderungen Nationalrat
Einzelne "datenschutzfremde" Vorhaben nach Oppositionskritik aus dem Paket herausgenommen
Utl.: Einzelne "datenschutzfremde" Vorhaben nach Oppositionskritik
aus dem Paket herausgenommen =
Wien (PK) - Nachdem das Parlament bereits zwei Sammelnovellen zur
Anpassung einer Reihe von Materiengesetzen an die neuen EU-Vorgaben
in Sachen Datenschutz beschlossen hat, passierte heute mit den
Stimmen von ÖVP und FPÖ ein drittes Paket mit 100 Gesetzesnovellen
den Nationalrat. Diesmal geht es vorrangig um die Bereiche
Gesundheit, Finanzen und Verkehr, zudem müssen einige Gesetze aus dem
Zuständigkeitsbereich des Außenministeriums und des Sportministeriums
adaptiert werden. Die Opposition kritisierte bereits im
Verfassungsausschuss Änderungsbestimmungen im Gesetzespaket, die mit
dem Datenschutz nichts zu tun haben. Im Plenum folgte heute daraufhin
ein einhellig beschlossener Abänderungsantrag der Koalitionsparteien,
womit drei umstrittene Punkte zur Umsetzung der EU-
Geldmarktfondsverordnung aus der Novelle herausgenommen und einer
separaten Behandlung zugeführt werden.
Mehrheitlich stimmten die Abgeordneten auch für eine ergänzende
Novellierung des Gesetzes über die Gründung einer
Bundespensionskasse. Auch diese Materie muss an die DSGVO angepasst
werden. Für die Entschließung "Beraten statt strafen" als Grundsatz
im Datenschutz sprach sich ebenso die Mehrheit der Abgeordneten aus.
Opposition kritisierte "datenschutzfremde" Vorhaben in der Novelle
und erreicht Abänderung des Pakets
Abseits des Datenschutzes sollte das aktuelle Materien-Gesetzespaket
dazu genutzt werden, etwa die neue EU-Geldmarktfondsverordnung
umzusetzen. Kritik an der Einbindung solcher "datenschutzfremden"
Bestimmungen in die Sammelnovelle kam seitens der Opposition bereits
im Verfassungsausschuss, worauf von den Ministerien eine Übersicht
über alle derartigen Bestimmungen im Gesetz eingefordert und auch
vorgelegt wurde, wie etwa Wolfgang Gerstl (ÖVP) erklärte. Der
Vorsitzende des Verfassungsausschusses Peter Wittmann (SPÖ)
bezeichnete die Vorgangsweise der Regierung, andere Materiengesetze
im Datenschutz-Paket zu "verstecken" als skandalös, er sehe das
Parlament und das Vertrauen massiv missachtet. Er äußerte auch Unmut
darüber, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nicht
eingeschritten sei.
Inhaltlich ist sich Wittmann mit seinen FraktionskollegInnen Walter
Bacher, Thomas Drozda, Melanie Erasim und Johannes Jarolim einig,
dass mit dem Materien-Anpassungsgesetz eine Riesenchance versäumt
wurde, ein modernes Datenschutzrecht in Österreich einzuführen.
Stattdessen gehe die Regierung vor Konzernen in die Knie, verweigere
Verbandsklagen und die Möglichkeit, Widerspruchsrechte geltend zu
machen. Bacher und Drozda etwa halten darüber hinaus das Paket für
DSGVO-feindlich bzw. -widrig, es führe zu weiterer Verunsicherung
statt zu Rechtssicherheit. Datenschutz im Sinne der DSGVO bedeute
nicht, die Daten, sondern die Menschen zu schützen, forderte Bacher
die Regierung auf, entsprechend zu handeln. Für Erasim ist spätestens
seit dem Beschluss für Bundestrojaner klar, dass Datenschutz kein
Anliegen der Regierung sei. Zur Entschließung "Beraten statt
Bestrafen" zeigte sie sich grundsätzlich verwundert über den Ansatz,
dass die Regierung zwar Unternehmen im Datenschutz beraten will, aber
etwa für Familien Strafen für Schulschwänzen erhöht würden. Johannes
Jarolim dankte zwar Justizminister Josef Moser, dass es letztlich im
Parlament gelungen sei, den datenschutzfremden Bestimmungen
entgegenzutreten. Als absolut beschämend bezeichnete er,
Gesundheitsdaten auszuliefern, Stichwort ELGA. Dies würde zu
Abmeldungen von der Gesundheitsakte und damit zu einem Rückschritt in
der Gesundheitsversorgung führen.
Nikolaus Scherak (NEOS) erachtet das Regierungsvorgehen einerseits
nicht für in Ordnung, es habe aber auch ein wichtiges,
selbstbewusstes Vorgehen des Parlaments dazu stattgefunden. Das
Parlament sollte sich etwa eine viel zu kurze Begutachtungsfrist auch
in Zukunft nicht gefallen lassen. Auch Scherak hält grundlegende
Dinge im Paket für DSGVO-widrig, das sehe auch die Datenschutzbehörde
so. Betroffenenrechte in Teilbereichen zu untergraben, sei außerdem
eindeutig der falsche Weg. Alfred Noll (PILZ) schloss sich den
inhaltlichen Einwänden von Scherak an. Hinsichtlich
datenschutzfremder Bestimmungen im Paket sei es tatsächlich nur der
Opposition zu verdanken, dass Regierungsparteien überhaupt erfahren
haben, was hier vorgehe. Das Vertrauen in die Ministerialbürokratie
sei stark beschädigt worden, so Noll.
ÖVP und FPÖ mit Abänderungsantrag
Wolfgang Gerstl (ÖVP) brachte den einhellig angenommenen
Abänderungsantrag ein, mit dem drei umstrittene Punkte zur Umsetzung
der EU-Geldmarktfondsverordnung aus der Novelle herausgenommen und
einer separaten Behandlung zugeführt werden sollen. Enthalten ist in
der Abänderung auch eine gesetzliche Klarstellung im Zusammenhang mit
Vertragsabschlüssen mit dem Bundesrechnungszentrum und der
Buchhaltungsagentur des Bundes. Er sei auch dankbar, so Gerstl, dass
das Parlament damit seine Arbeit getan habe, nämlich die Regierung zu
kontrollieren und dass dieser Weg gemeinsam gegangen wurde. Wichtig
sei auch die Klarstellung, dass die Behandlung der jeweiligen
Materien in den jeweils zuständigen Bereichen bleiben. Inhaltlich sei
im Sammelpaket für den Wirtschaftsstandort etwa der verstärkte
Anlegerschutz und die Möglichkeit für Banken, nachrangige Anleihen zu
vergeben, wichtig. Die zahlreichen Hilfestellungen zur baldigen
Anwendung der DSGVO am 25. Mai seitens Kammer und Verbänden zu
nutzen, empfahl Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Vieles sei immer noch
von der späteren Rechtsprechung abhängig, genau deshalb, um kleinere
Betriebe zu schützen, gebe es nun auch die Entschließung "Beraten
statt strafen". Datenschutz sei ein Grundrecht, so Himmelbauer, es
werde auch in kommenden Gesetzesvorhaben ein Thema sein.
Da die vorherige Regierung eine Umsetzung verabsäumt habe, seien nun
kurzfristig Anpassungen an die DSGVO vorzunehmen, wandte sich Harald
Stefan (FPÖ) in Richtung SPÖ. Auch wenn er Wittmann dankbar sei für
die Hinweise auf die datenschutzfremden Materien, sei solches
Vorgehen der Regierungen nicht einmalig, sondern auch früher immer
wieder versucht worden. Er sei aber froh, dass das Parlament sich
wehrt und möchte solche Punkte in Zukunft genauer beachten.
Inhaltlich sei er mit der DSGVO in vielen Dingen nicht glücklich,
etwa mit dem entstehenden Aufwand für kleine Unternehmen. Trotzdem
wurde das Beste daraus gemacht, die Belastungen möglichst gering zu
halten. Werner Herbert (FPÖ) unterstrich, dass es im Materien-
Anpassungsgesetz überwiegend darum gehe, das hohe Datenschutzniveau
in Österreich zu erhalten und überschießende Bestimmungen aus der
DSGVO zu verhindern. Es sei auch gelungen, den Schutz der
persönlichen Daten sicherzustellen. Im Hinblick auf die Einhaltung
von EU-Gesetzgebung kann er die Oppositionskritik, dass Rechte
ausgeschlossen würden, nicht nachvollziehen.
Moser: Europarechtskonforme Umsetzung der DSGVO
Justizminister Josef Moser bestätigte, dass nun drei Artikel aus dem
Sammelpaket herausgenommen werden, die keinen Bezug zur DSGVO hatten.
Das sei passiert, dankte er der Arbeit des Parlaments. Bei der
Umsetzung der DSGVO werde jedenfalls sehr wohl auf die
europarechtskonforme Anpassung geachtet, entgegnete er entsprechender
Oppositionskritik. Zudem wurde im Rahmen der Regelungsspielräume etwa
Bedacht darauf genommen, die Pressefreiheit sichern zu können, so
Moser. Entgegen Bedenken der Opposition habe EU-Recht immer Vorrang,
insofern seien dazu keine Einschränkungen möglich. Positiv hob der
Justizminister hervor, dass nunmehr in der Datenschutzbehörde sowohl
Schutz der Daten, als auch die Aufsicht und Strafbehörde
zusammengefasst werde, was zu einer einheitlichen Anwendung führe.
Hinsichtlich des Vorgehens gegen große Konzerne könne die
Datenschutzbehörde auch von sich aus Maßnahmen ergreifen, auch die
Sammelklage sei bereits in Österreich vorhanden. Dazu brauche es im
Regelfall die Beauftragung der Betroffenen, während eine
Verbandsklagemöglichkeit ohne Beauftragung ein "Gold Plating"
darstellen würde. Positiv sieht Moser auch den Ansatz "Beraten statt
strafen" bei erstmaliger Verfehlung.
Zum von Thomas Drozda aufgeworfenen Thema Rechtsbereinigung sei sehr
wohl bekannt, welche der Materien in Zukunft anwendbar sein werden.
Dem Justizminister geht es hier darum, Gesetze, die keinen
Anwendungsfall mehr hatten, zum Wegfall zu bringen. Dazu gebe es eine
Negativliste der wegfallenden und eine Positivliste der in Geltung
bleibenden Gesetze. Die Grundsätze, mehr Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit zu schaffen, gelten für ihn analog zu Bereinigungen im
Jahr 1999.
Bandbreite des dritten Datenschutz-Sammelgesetzes
Unter anderem wird mit dem von der Regierung vorgelegten Entwurf nun
sichergestellt, dass Angehörige der Gesundheits- und Pflegeberufe
sowie die einschlägigen Berufsvertretungen weiterhin notwendige
Dokumentationen und Aufzeichnungen führen können. Das betrifft
Patientendaten ebenso wie etwa Ärztelisten oder Ordinationssperren.
Auch werden - in Reaktion auf den Pflegeskandal in Kirchstetten -
neue Informationspflichten der Staatsanwaltschaften über eingeleitete
bzw. abgeschlossene Strafverfahren gegen Angehörige von Gesundheits-
und Pflegeberufen normiert. Außerdem müssen die Bestimmungen über die
Haushaltsführung des Bundes, die Transparenzdatenbank und das
Führerscheinregister datenschutzrechtlich wasserdicht gemacht werden.
Änderungen im Patentgesetz sollen die Fortführung des uneingeschränkt
einsehbaren Patentregisters gewährleisten. Im Banken-Insolvenzrecht
soll es einen neuen "nicht bevorrechtigten" Schuldtitel als
Unterkategorie der unbesicherten vorrangigen Schuldtitel geben.
Im Zuständigkeitsbereich des Außenministeriums wird u.a. die
gemeinsame Verarbeitung personenbezogener Daten durch den
Integrationsfonds, das AMS und die für die Grundversorgung von
Flüchtlingen zuständigen Behörden geregelt. Präzisiert wurden auch
die Datenschutzbestimmungen im Anti-Doping-Bundesgesetz.
Grundsätzlich reicht die Palette der betroffenen Gesetze vom
Entwicklungszusammenarbeitsgesetz bis zum Musterschutzgesetz. Ergänzt
wurde die Novellierung um Datenschutz-Anpassungen im
Bundespensionskasse-Gesetz. Ein Großteil der Novelle soll gemeinsam
mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung und der neuen Datenschutz-
Richtlinie für die Bereiche Innere Sicherheit und Justiz am 25. Mai
2018 in Kraft treten.
Bereits im Zuge der Ausschussberatungen hatten die Abgeordneten mit
breiter Mehrheit auch eine Entschließung gefasst: Demnach soll der
Grundsatz "Beraten statt strafen", der zuletzt im Datenschutzgesetz
verankert wurde, insgesamt im Bereich des Verwaltungsstrafrechts
forciert werden. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
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