Frauenministerin appelliert im Bundesrat für mehr Vertrauen in Regierungspläne
Utl.: Frauenministerin appelliert im Bundesrat für mehr Vertrauen in
Regierungspläne =
Wien (PK) - Der Geschlechtergerechtigkeit widmete Frauen- und
Familienministerin Juliane Bogner-Strauß heute im Bundesrat zu
Sitzungsbeginn viel Raum. In einer Aktuellen Stunde mit dem Titel
"Frauenpolitik im Fokus - Maßnahmenpaket der Bundesregierung" stellte
sie den BundesrätInnen aktuell geplante Initiativen vor. Dazu gehören
das Schließen der Lohnschere, die Ausweitung des Gewaltschutzes und
die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wobei Frauen im
Berufsleben mehr Karrieremöglichkeiten erhalten sollten. In diesem
Zusammenhang führte Bogner-Strauß auch den bedarfsorientierten Ausbau
von Kinderbetreuungseinrichtungen ins Treffen. Zum
Frauenvolksbegehren sagte sie, viele der Forderungen darin
entsprächen den Regierungsplänen zur Frauenpolitik. Die
Regierungsvorhaben sollten daher nicht vorab kritisiert werden.
Von den Rednerinnen aller Fraktionen wurde in der Debatte das
Bestreben der Regierung begrüßt, Ungleichbehandlungen von Frauen
abzuschaffen, speziell im Arbeitsleben, und Frauen generell zu
stärken. Im Gegensatz ÖVP und FPÖ, die im Maßnahmenpaket zur
Frauenpolitik durchwegs richtige Weichenstellungen sehen, vermissen
SPÖ und Grüne eindeutige Vorstöße in der Gleichstellungspolitik. Die
Opposition bezweifelt, dass die Regierung ihren Ankündigungen Taten
folgen lässt.
ÖVP und FPÖ: Gleichstellung schaffen, Wahlfreiheit erhalten
Im Detail ging Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) auf die
Regierungsvorhaben ein, darunter die Sicherstellung von gleichem Lohn
für gleichwertige Arbeit, mehr Frauen in Führungspositionen durch
gezielte Förderung, Gewaltprävention und niederschwellige Opferhilfe
sowie die bessere Unterstützung Schwangerer. Zur Einkommensdifferenz
zwischen den Geschlechtern sagte sie, Österreich sei immer noch eines
der Länder mit den größten Lohnunterschieden. Abhilfe werde die
Regierung mit ihrem angekündigten Nationalen Aktionsplan schaffen,
zeigte sich Eder-Gitschthaler überzeugt, die bestehenden
Einkommensberichte seien zwar sinnvoll, sollten zwecks besserer
Vergleichbarkeit aber in einem Bericht zusammengefasst werden. Zur
Sicherstellung eines ausreichenden Erwerbseinkommens von Frauen werde
gemeinsam mit den Gemeinden ein flächendeckender bedarfsorientierter
Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen angestrebt, wobei die
Wahlfreiheit für Frauen, wie lange sie bei ihrem Kind daheim sein
möchten, erhalten werden müsse. Der Familienbonus Plus, der mit 1.
Jänner 2019 in Kraft treten wird, bilde dafür als deutliche
steuerliche Entlastung von Familien eine gute Entscheidungsgrundlage.
Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung ist für Monika Mühlwerth (FPÖ/W)
ebenfalls eine maßgebliche Maxime. Jede Frau solle selber
entscheiden, wie viel Jahre Karenz sie in Anspruch nimmt und ob sie
Teilzeit arbeitet. Noch deutlicher sei nur zu vermitteln, welche
Auswirkung eine derartige Entscheidung auf die künftigen
Pensionsansprüche und die finanzielle Absicherung im Alter hat. In
Österreich sollte wie in Skandinavien die gleichwertige
Kinderbetreuung durch Mütter und Väter zur gesellschaftlichen
Selbstverständlichkeit werden. Auf die skandinavischen Länder bezog
sich die Freiheitliche auch in Sachen Einkommenstransparenz, meinte
allerdings, trotz des offenen Umgangs mit Löhnen in Norwegen und Co.
existiere auch dort eine Lohnschere zwischen den Geschlechtern.
"Chancengleichheit darf kein leeres Schlagwort sein", so Rosa Ecker
(FPÖ/O), dazu gehöre eben die monetäre Gleichstellung im
Arbeitsleben. Die Wirtschaft würde genauso von mehr
Geschlechtegalität profitieren, denn Unternehmen mit gleichem Anteil
an weiblichen und männlichen MitarbeiterInnen würden bessere
Ergebnisse und eine angenehmere Arbeitskultur aufweisen. Ein gutes
Netz an Kinderbetreuung und attraktivere Väterkarenzmöglichkeiten
seien dabei notwendig, Müttern die Rückkehr in das Arbeitsleben bzw.
den Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit zu ermöglichen. Aufgrund der
Mehrfachbelastung würden viele Frauen die Nachteile einer
Teilzeitstelle in Bezug auf Pensionsansprüche nicht direkt überdenken
- regelmäßige Informationen über den aktuellen Stand des
individuellen Pensionskontos könnten hier mehr Bewusstsein schaffen.
Wie ihre Vorrednerinnen trug Marianne Hackl (ÖVP/B) das
Maßnahmenpaket der Regierung vollinhaltlich mit. Die Leistungen der
Frauen, die in zahlreichen Bereichen des Arbeits- und Familienlebens
Verantwortung übernehmen, würden damit anerkannt. "Wir Frauen haben
bereits viel erreicht", eine umfassende Gleichstellung der
Geschlechter stehe aber noch aus; die Regierung setze nun mit ihren
frauen- und familienpolitischen Schwerpunkten Schritte in diese
Richtung.
SPÖ und Grüne vermissen echte Frauenpolitik
Renate Anderl (SPÖ/W) rückte die Lohnschere zwischen den
Geschlechtern noch mehr in den Fokus. Kritisch beurteilt die
Gewerkschafterin in diesem Zusammenhang das Regierungsprogramm, da es
ihr zufolge zu viel Gewicht auf Unternehmensinteressen legt. Positive
Ankündigungen zur Frauenpolitik gebe es zwar, doch spiele dieser
Politikbereich keine maßgebliche Rolle, findet Anderl und plädiert
dafür, bei den Kollektivverträgen tatsächlich alle
geschlechtsspezifischen Diskriminierungen auszuräumen, etwa durch
Mindestlöhne in den untersten Lohngruppen, in denen
überdurchschnittlich viele Frauen zu finden seien. Die Elternkarenzen
müssten auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche angerechnet werden,
nannte die SPÖ-Mandatarin ein konkretes Beispiel für
kollektivvertragliche Gleichstellung der Geschlechter. Der letzten
Bundesregierung sei es gelungen, die Lohnschere etwas zu schließen,
indem die verpflichtenden Einkommensberichte für Betriebe mit mehr
als 150 Beschäftigten eingeführt wurden. Verbesserungen an diesen
Berichten seien jedoch an der Wirtschaft gescheitert, unter anderem
fehlten immer noch Sanktionen für Unternehmen, die innerbetriebliche
Lohntransparenz nicht hinlänglich sicherstellen. In Hinblick auf die
Arbeitszeit - Stichwort 12-Stunden-Tag - müssten sowohl für Männer
als auch für Frauen familienpolitisch gangbare Wege gewählt werden,
die nicht in die Armut führen.
Ebenso bekrittelte Inge Posch-Gruska (SPÖ/B), die Versprechen der
Regierung stimmten nicht mit ihren Taten überein. So werde anders als
bei der letzten Strafrechtsnovelle 2016 vorgesehen das
Sexualstrafrecht vor der angekündigten neuerlichen Novellierung nicht
von ExpertInnen evaluiert. Dementsprechend sei der Vorteil einer
weiteren Strafrechtsreform für Frauen nicht klar. Ein steigender Teil
der im Budgetvorschlag 2018/19 vorgesehenen Mittel für die
Frauenpolitik - 10,1 Mio. € - werde vor allem für bürokratische
Kosten ausgegeben, während die Aufwendungen für konkrete
Beratungsleistungen jährlich sinken würden. Abgesehen von einer
Budgetaufstockung verlangte Posch-Gruska, unbedingt die Väterkarenz
voranzutreiben, schon um Vätern die Möglichkeit zu geben,
gleichermaßen am Familienleben teilzuhaben. "Wenn Frauen gestärkt
werden sollen, brauchen Frauen starke Vorbilder", formulierte die
Sozialdemokratin schließlich ihren Missfallen darüber, dass
Ministerin Bogner-Strauß das Frauenvolksbegehren nicht unterschrieben
hat.
Die Forderungen im aktuellen Frauenvolksbegehren richtete Ewa
Dziedzic (Grüne/W) heute an die Bundesministerin mit dem Hinweis,
Verlangen nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit oder dem Schutz vor
Gewalt könnten nicht abgewiesen werden. Angesichts der 250.000
UnterstützerInnen sei es das dritterfolgreichste Volksbegehren
Österreichs, so Dziedzic, Argumente gegen das Begehren nannte sie
"fadenscheinig". Nach einer Zeitreise durch die frauenpolitischen
Geschichte Österreichs, in der das Frauenwahlrecht heuer den
hundertsten Jahrestag begeht, appellierte die Grüne Bundesrätin, die
Forderungen im Frauenvolksbegehren rasch umzusetzen. Zentral dabei
sei das Gender Budgeting, also die Umverteilung der Gelder in allen
Bereichen.
Bogner-Strauß: Viele Wege, ein Ziel
Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß bat den Bundesrat um
Wertschätzung für die Regierungsarbeit. "Wir haben dieselben Ziele,
wir verfolgen nur verschiedene Wege dorthin". In diesem Sinne müssten
Frauen solidarischer werden. Das Frauenvolksbegehren weise viele
Gemeinsamkeiten mit der aktuellen Frauenpolitik auf - von der
Gewaltprävention bis zur Lohngerechtigkeit. Nicht frauenspezifische
Punkte darin wie die 30-Stunden-Woche will Bogner-Strauß jedoch nicht
unterstützen, zumal bereits jetzt Teilzeitarbeit für beide
Elternteile möglich sei. "Messen Sie uns an unseren Taten",
appellierte Bogner-Strauß, die Regierung nach nur drei Monaten für
nicht erledigte Initiativen zu kritisieren, sei unfair.
Die Regierung wolle Frauen stärken und fördern, hielt sie fest. Die
nötigen Rahmenbedingungen würden in den nächsten Jahren gesetzt, da
man immer noch weit von tatsächlicher Gleichberechtigung entfernt
sei. Eigenständigkeit und finanzielle Unabhängigkeit wertet Bogner-
Strauß als besonders wichtig für Frauen, die mit häuslicher Gewalt
konfrontiert sind. Vielfach seien hier Frauen mit
Migrationshintergrund betroffen, die deswegen mehr Unterstützung beim
Eintritt in den Arbeitsmarkt bräuchten. Davon abgesehen seien 50% des
Frauenbudgets für Gewaltschutzmaßnahmen veranschlagt, sodass den
Opfern wieder Stabilität gegeben wird. 100 neue Betreuungsplätze wie
Notunterkünfte und Übergangswohnungen würden geschaffen, so die
Ministerin.
Für mehr Lohngerechtigkeit müsse generell das Bewusstsein über die
Einkommensberichte bei Frauen gesteigert werden, Frauen sollten auch
öfter zu Lohnverhandlungen gehen. Kinderbetreuungseinrichtungen will
Bogner-Strauß nicht nur in Bezug auf die Anzahl, sondern auch
hinsichtlich ihrer Qualität ausgebaut sehen.
In Bezug auf den Familienbonus sagte die Ministerin, mit insgesamt
1,5 Mrd. € trage die Regierung hier der unbezahlten Familienarbeit
Rechnung, wovon vor allem Frauen, die den Großteil der
Kinderbetreuung und Pflege leisten, sowie 1,6 Millionen Kinder
profitieren würden. Alleinerziehende und alleinverdienende Mütter und
Väter mit geringem Einkommen werde der neue Kindermehrbetrag von 250
€ jährlich zugutekommen. Dennoch ziele die Steuerreform vor allem
darauf ab, steuerzahlende Familien zu entlasten.
EU-Vorhaben für mehr Gleichstellung
Gleich nach der Aussprache mit Ministerin Bogner-Strauß nahm das
Plenum die EU-Jahresvorschau ihres Ressorts ( III-109 d.B., III-650-
BR/2018 d.B. ) in Verhandlung und anschließend mehrheitlich - gegen
die Stimmen von SPÖ und Grünen - zur Kenntnis. Aus den
Arbeitsprogrammen zu den Bereichen Frauen, Familie und Jugend geht
hervor, dass die Europäische Kommission heuer Verhandlungen zu den
Richtlinien-Vorschlägen in den Bereichen Anti-Diskriminierung,
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie die ausgewogene
Vertretung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten fortsetzt.
Während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes will sich die Regierung
insbesondere dafür engagieren, dass Geschlechtergleichstellung wieder
als politische Priorität in den Gesprächen der EU-Institutionen
etabliert wird, eine Konferenz darüber wird im Oktober in Wien
stattfinden. Hinsichtlich der Jugendarbeit weist Bogner-Strauß im
Bericht unter anderem auf das "Europäische Solidaritätskorps" hin,
also eine Form des Freiwilligendienstes über einen Zeitraum von zwei
bis zwölf Monaten. Die ehemalige Bundesratspräsidentin Ana Blatnik
(S/K) nutzte diesen Debattenteil für ihre Abschiedsrede, da sie in
den Kärntner Landtag wechselt. (Fortsetzung Bundesrat) rei
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