• 22.02.2018, 13:00:36
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  • OTS0151

Wenn „Wegschauen“ keine Lösung ist

„Zivilcourage – Chancen und Risiken“ war das Thema des diesjährigen „Tages der Kriminalitätsopfer“, der am 22. Februar 2018 stattgefunden hat.

Utl.: „Zivilcourage – Chancen und Risiken“ war das Thema des
diesjährigen „Tages der Kriminalitätsopfer“, der am 22.
Februar 2018 stattgefunden hat. =

Wien (OTS) - Das Innenministerium und die
Verbrechensopferhilfeorganisation WEISSER RING veranstalteten am 22.
Februar 2018 zum achten Mal den Tag der Kriminalitätsopfer. Im Fokus
standen Zivilcourage und die damit verbundenen Chancen und Risiken.
„Gewalt hat viele Gesichter, deshalb ist es notwendig, hinzusehen
statt wegzusehen. Die Polizei arbeitet stark mit der Bevölkerung
zusammen, diese Zusammenarbeit stärkt uns als Gesellschaft. Nur so
kann gewährleistet werden, dass wir weiterhin in einem sicheren Land
leben können“, sagte Innenminister Herbert Kickl.
Staatssekretärin Mag. Karoline Edtstadler fügte hinzu: „ Die Opfer
von Gewalttaten leiden oft ein Leben lang unter dem Erlebten, mir ist
es persönlich ein Anliegen, dass die Strafen und die begangene Tat
besser im Verhältnis zueinander stehen.“

„Durch richtig eingesetzte Zivilcourage wäre viel Leid von
Verbrechensopfern zu vermeiden“, sagte Dr. Michael Lepuschitz,
Vizepräsident WEISSEN RINGES.
„Ich halte es für unabdingbar notwendig, die Bereitschaft zum
couragierten Eintreten gegen Hass, Gewalt und Verbrechen in unserer
Gesellschaft bestmöglich zu stärken.“

„Das Thema Zivilcourage spielt auch in den Verfahren des
Sozialressorts nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) immer wieder
eine Rolle“, sagte Dr. Kurt Wegscheidler, Leiter der Abteilung IV/B/5
(Sozialentschädigung) im Bundesministerium für Arbeit, Soziales,
Gesundheit und Konsumentenschutz. „Wie für andere Verbrechensopfer
ist es auch hier für die Betroffenen ganz entscheidend zu erkennen,
dass sie mit den Folgen ihrer Hilfe nicht allein gelassen werden und
eine staatliche Anerkennung und damit auch eine Anerkennung ihrer
Zivilcourage erhalten.“

„Ohne Zivilcourage wäre ein kultiviertes Zusammenleben nicht möglich.
Wichtig ist, dass betroffene Frauen erkennen, dass sie nicht alleine
sind und ermutigt werden, dagegenzuhalten“, sagte Sektionschefin
Bernadett Humer, MSc, Leiterin der Sektion V (Familien und Jugend) im
Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend. „Eine Aufgabe der
Jugendpolitik ist es, Jugendliche im Bereich der gesellschaftlichen
Teilhabe, auch in Zusammenhang mit Zivilcourage, zu unterstützen. Es
ist uns wichtig, dass junge Menschen bei dieser schwierigen Frage
bestmöglich beraten werden.“

„Opferschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wie sich an
den Diskussionen zu Hate Speech zeigt, ist Zivilcourage erforderlich,
um gegen diese leider viel zu häufigen Vorfälle entsprechend zu
reagieren, den Tätern zu verdeutlichen, dass dieses Verhalten
inakzeptabel ist und den Opfern beizustehen“, sagte Mag. Christian
Pilnacek, Generalsekretär und Leiter der Sektion IV (Strafrecht) im
Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz.
„Der Erfolg dieses couragierten Vorgehens der Bürgerinnen und Bürger
zeigt sich in einem Anstieg von Anzeigen, der seinen Niederschlag in
einer ebenso gestiegenen Anzahl an Anklagen und Verurteilungen wegen
Verhetzung findet.“

„Die Initiative GEMEINSAM.SICHER in Österreich fördert den Dialog
zwischen den Menschen, den Gemeinden und der Polizei. Durch eine
Kommunikation auf Augenhöhe aller Beteiligten soll gemeinsam eine
Gesellschaft des Hinsehens, aber auch Handelns erreicht werden, dass
sowohl die objektive Sicherheitslage als auch das
Sicherheitsvertrauen der Menschen erhöht wird“, sagte Mag. Manfred
Zirnsack, Leiter der Abteilung II/1 (Organisation, Dienstbetrieb und
Analyse) im Bundesministerium für Inneres.

„In welcher Gesellschaft leben wir, die einerseits immer wieder
couragierte Individuen hervorbringt, die sich selbstlos für
Schwächere einsetzen, und andererseits in manchen Bereichen zu einem
Kampfplatz der Einzelinteressen zu werden scheint“, fragte Prof. Dr.
Frank Welz von der Fakultät für Soziale und Politische Wissenschaften
des Instituts für Soziologie der Universität Innsbruck. „Was kann man
tun? Öffentlich radikal für die Würde des Menschen eintreten, für
Opfer, ganz ungeachtet ihrer ‚Nützlichkeit´, Herkunft, Alter,
Geschlecht, ist nur eine, wiewohl wichtige Maßnahme. Auch sie
verlangt Zivilcourage.“

„Zivilcourage dient erstens der Verhinderung von Straftaten“, sagte
Dr. Michael Lepuschitz, Stadthauptmann in Wien-Favoriten. „In
Gewaltsituationen können zufällig anwesende Menschen durch einen
Anruf bei der Polizei eine Tat verhindern.“ Zweitens würden
zivilcouragierte Zeuginnen und Zeugen oft durch genaues Beobachten
den entscheidenden Hinweis für die Dingfest-Machung und Verurteilung
der Täter bringen, ergänzte Lepuschitz. „Und drittens schützt
Zivilcourage, richtig verstanden, die Opfer vor Bloßstellung und
weiterer Viktimisierung, etwa indem Fotos und Videos der Tat auf
sozialen Medien Hunderten oder Tausenden Menschen zugänglich gemacht
werden.“

„Wenn jetzt mehr und mehr Betroffene ihr Schweigen über das erlittene
Unrecht brechen, verstoßen sie gegen eine wesentliche Grundlage von
totalen Systemen“, sagte Nicola Werdenigg-Spieß, Initiatorin von
#wetogether. „Betroffene, die nicht im Sportumfeld angesiedelt sind
und schon die Hoffnung auf Recht aufgegeben hatten, fassen wieder
Mut, sich noch einmal hinauszuwagen. Gegen das Vertuschungssystem
aufzubegehren und sich Gehör zu verschaffen. Unsere Initiative
#WeTogether ist so entstanden und am Weg, eine internationale
Bewegung zu werden.“

„Zivilcourage ist nicht nur in der analogen Welt gefragt, sondern
auch in der digitalen Parallelwelt des Internets. Schätzungen zufolge
erlebte jede dritte Frau im letzten Jahr Gewalt im Netz' in der einen
oder anderen Form“, sagt Dr.in Dina Nachbaur, Geschäftsführerin
WEISSER RING. „Betroffene brauchen nicht nur die Gewissheit, dass
Instrumente des Rechtsstaates auch online funktionieren, sondern auch
die Solidarität von anderen Nutzerinnen und Nutzern. Zivilcourage im
Netz zu zeigen bedeutet, mit Gegenrede gegen Hass im Netz
anzuschreiben und auch andere Verletzungen von Personen oder von
Rechtsnormen nicht hinzunehmen, sondern bewusst und mutig dagegen
aufzutreten.“

„Das Internet wird oft als rechtsfreier Raum erlebt. Potenzielle
Täterinnen und Täter fühlen sich dort unbeobachtet und frei von
Zwängen der Rechtsordnung und der sozialen Kontrolle. Bei Betroffenen
von „Hate Speech“ oder von anderen Gewaltformen im Netz führt dies
oft zu grenzenlosen Gefühlen der Ohnmacht“, sagte
Anna Müller-Funk, MSc, vom Forschungszentrum Menschenrechte der
Universität Wien.

Tag der Kriminalitätsopfer

In einigen europäischen Ländern wird der 22. Februar als „Tag der
Kriminalitätsopfer“ begangen. Es soll auf die persönliche,
wirtschaftliche und rechtliche Situation der durch strafbare
Handlungen geschädigten Menschen aufmerksam gemacht werden. Am 22.
Februar 2011 wurde in Österreich erstmals der „Tag der
Kriminalitätsopfer“ veranstaltet. Die damalige Innenministerin Maria
Fekter nahm die Anregung des WEISSEN RINGS auf, diesen Tag künftig
gemeinsam mit dem Innenministerium zu veranstalten. Diese
Veranstaltungen sollen das öffentliche Bewusstsein für die Situation
von Kriminalitätsopfern stärken und Opfer dazu motivieren, Hilfe von
einschlägigen Einrichtungen in Anspruch zu nehmen.

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