• 21.02.2018, 19:26:55
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  • OTS0178

EU-Minister Blümel betont pro-europäischen Kurs der Bundesregierung

EU-Unterausschuss des Nationalrats diskutiert über Österreichs EU-Ratspräsidentschaft, Brexit, EU-Budget und Subsidiarität

Utl.: EU-Unterausschuss des Nationalrats diskutiert über Österreichs
EU-Ratspräsidentschaft, Brexit, EU-Budget und Subsidiarität =

Wien (PK) - EU-Minister Gernot Blümel bekräftigte heute im EU-
Unterausschuss einmal mehr die pro-europäische Haltung der
Bundesregierung. Diese werde den konstruktiven pro-europäischen Kurs
fortsetzen, so wie es auch im Koalitionsvertrag fixiert sei und die
Vorgangsweise der Regierung bis jetzt beweise, sagte Blümel.
Selbstverständlich könne es auch Kritik an der EU geben, jedoch immer
mit dem Ziel einer konstruktiven Weiterentwicklung. Der
Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien diskutierte heute
erstmals mit den Mitgliedern des EU-Unterausschusses, wobei die
kommende EU-Ratspräsidentschaft Österreichs, der Brexit und der
mittelfristige Finanzrahmen im Mittelpunkt standen.

Auch seitens der Freiheitlichen wurde der europa- und außenpolitische
Kurs unterstrichen. Dieser fuße auf der Politik der vergangenen
Regierungen, betonte Reinhard Eugen Bösch (FPÖ). Es gelte, die EU
konstruktiv weiterzuentwickeln. Die harsche Kritik von Muna Duzdar
(SPÖ), wonach die Freiheitlichen im Europäischen Parlament einer
Fraktion angehören, die eine eindeutige anti-europäische und teils
rechtsextreme Haltung einnimmt, quittierte Petra Steger (FPÖ) mit der
Bemerkung, in einer Fraktion müsse man nicht immer einer Meinung
sein. Für die Regierung zähle, was im Koalitionspakt verankert ist,
stellte dazu Minister Blümel fest. Vor dem Hintergrund der Aussagen
von Vizekanzler Heinz-Christian Strache in Serbien machte er auch
klar, dass die Anerkennung des Kosovo außer Zweifel stehe.

Herausforderung: Österreichischer Ratsvorsitz

Der österreichische Ratsvorsitz, werde herausfordernd sein, merkte
der Minister an, zeigte sich aber zuversichtlich, dass dieser
gelingen werde. Dabei zähle er auch auf die Mitwirkung des
Parlaments. Da die österreichische Ratspräsidentschaft am Ende einer
europäischen Legislaturperiode steht, gebe es den Anspruch, alle
offenen Dossiers noch im Herbst zu abzuschließen. Der Minister sieht
darin nicht nur einen enormen Druck auf Österreich, er kann sich auch
vorstellen, dass dieser die Dynamik und Kompromissbereitschaft
beflügeln könne.

Österreich werde seine Schwerpunkte auf die Bereiche Subsidiarität,
Sicherheit, Sicherung der Außengrenzen und Migration legen, erklärte
Blümel. Der Verteilungsmechanismus für die Flüchtlinge funktioniere
nicht, daher müsse man neue Wege der Gestaltung suchen und er hoffe,
dass man diese während der österreichischen Ratspräsidentschaft
finde, hielt er gegenüber Abgeordneter Muna Duzdar (SPÖ) fest.

Ähnliche Erwartungen setzt der Freiheitliche Reinhard Eugen Bösch in
den Ratsvorsitz. Die sechsmonatige Präsidentschaft könne für die
gesamte Union entscheidend sein, denn man werde Weichenstellungen
vornehmen müssen. Das gelte nicht nur im Hinblick auf den Austritt
Großbritanniens aus der Union, sondern man müsse auch neue Akzente in
der Außen- und Sicherheitspolitik setzen. Zudem gehe es um die
Stabilisierung und Weiterentwicklung der Euro-Zone. Bösch betrachtet
die Weichenstellungen auch vor dem Hintergrund der neuen Regierung in
Frankreich und den aktuellen politischen Verhältnissen in
Deutschland.

EU-Budget: Österreich will über einen Rabatt verhandeln

Maßgeblich werden die Brexit-Verhandlungen und der Mittelfristige
Finanzrahmen die Union im zweiten Halbjahr beschäftigen. Blümel
stellte klar, dass eine kleinere Union kein höheres Budget haben
könne, zumal sich Österreich auch innerstaatlich um eine
Budgetkonsolidierung bemühe. Die Linie laute, "weniger, aber
effizienter".

Diese strikte Linie konnte vor allem die SPÖ nicht ganz
nachvollziehen. So zeigte sich etwa Jörg Leichtfried (SPÖ)
"verwirrt", zumal der Brexit und zusätzliche Schwerpunktsetzungen
nach seiner Einschätzung rund 12 bis 15 Mrd. € kosten werden. Das
werde man nicht durch Einsparungen in der Verwaltung wettmachen
können, gab er zu bedenken.

EU-Kommissar Günther Oettinger verfolge die Linie, die finanzielle
Brexit-Lücke sowie die erforderlichen Mittel für vermehrte Aufgaben
zur Hälfte durch Einsparungen und zur Hälfte durch zusätzliches Geld
abzudecken. Derzeit könne man vieles mangels eines konsolidierten
Zahlenmaterials jedoch noch nicht abschätzen, erklärte Blümel dazu
und wies darauf hin, dass der Anteil der Briten sich ständig ändere
und zwischen 11 und 17 Mrd. € brutto liege. Nimmt man den Netto-
Beitrag, dann könne man von rund 6 Mrd. € ausgehen. In diesem Rahmen
könne man über 3 Mrd. Einsparung und 3 Mrd. neues Geld diskutieren,
sagte er. Jedenfalls wird im Mai seitens der Kommission ein Vorschlag
mit konkretem Zahlenmaterial vorliegen, informierte Blümel. Wenn der
Briten-Rabatt wegfällt, dann werde sich die Regierung sicherlich
dafür einsetzen, einen Rabatt für Österreich herauszuverhandeln,
hielt er gegenüber Claudia Gamon (NEOS) fest.

Auf konkrete Fragen der Abgeordneten Klaus Lindinger (ÖVP) und Markus
Tschank (FPÖ) im Hinblick auf mögliche Kürzungen im Bereich
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und Kohäsion kann sich der Minister
vorstellen, über die Mechanismen der Mittelverteilung nachzudenken.
Er hält den gegenwärtigen Schlüssel, wonach die Förderungen steigen,
je größer die Betriebe sind, für falsch. In diesem Sinne teilte er
die Meinung der beiden Abgeordneten, dass es eher darum gehen müsse,
die bäuerlichen Familien zu stärken. Lindinger betonte in diesem
Zusammenhang, dass die GAP die Versorgungssicherheit der Bevölkerung
mit leistbaren Lebensmitteln gewährleiste und auch Arbeitsplätze
sichere. Auch trage die Landwirtschaft durch die Bewirtschaftung und
Kultivierung wesentlich zum Erfolg im Tourismusbereich bei.

Brexit-Verhandlungen: Einigkeit der EU-27 ist unabdingbar

Mehrmals betonte Minister Blümel die Notwendigkeit, dass die EU der
27 bei den Brexit-Verhandlungen Einigkeit zeige. Keinesfalls dürfe
eine Dynamik entstehen, die den Eindruck entstehen lasse, dass der
Austritt ein gutes Geschäft sei. In diesem Sinne zeigte er sich mit
der bisherigen Positionierung der EU sehr zufrieden und betonte, dass
die Union auch Härte demonstrieren müsse. Gleichzeitig äußerte er
großes Bedauern über den Austritt der Briten und strich gegenüber den
Abgeordneten Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) und Claudia Gamon (NEOS)
hervor, die größte Win-win-Situation wäre es, wenn Großbritannien in
der EU bliebe. Nun gehe es aber darum, die Lose-lose-Situation
möglichst klein zu halten. Ziel sei es, das künftige Verhältnis so
gut wie möglich zu gestalten, betonte Blümel, eine große Hürde werde
aber die Grenze zwischen Großbritannien und Irland sein.

Laut Blümel gestalten sich die Verhandlungen derzeit etwas schwierig,
weil die britische Regierung keine klaren Präferenzen für eine
zukünftige Beziehung zwischen Großbritannien und der EU zeige und man
derzeit über keine konkreten Positionspapiere der Briten verfüge. Die
Übergangsphase sei für maximal zwei Jahre vorgesehen. In diesem
Zeitraum sollte nach Vorstellung der EU Großbritannien das gesamte
Acquis einhalten und sich unter die Jurisdiktion des EuGH stellen,
wenn es weiterhin Zugang zum Binnenmarkt haben will. Wesentlich sei
in diesem Zusammenhang vor allem auch, die Rechte der EU-BürgerInnen
zu sichern.

Auf den Einwand von Claudia Gamon (NEOS), dass dieser
Gleichbehandlung die Pläne der Bundesregierung zur Familienbeihilfe
wiedersprächen, reagierte der Minister mit der Bemerkung, diese
Einschätzung teile er nicht, da es ja darum gehe, die Höhe der
Familienbeihilfe an die Lebenshaltungskosten vor Ort anzupassen.

Uneinigkeit darüber, wo mehr und wo weniger EU notwendig ist

Zentrales Thema im Ausschuss war auch die Subsidiarität, wobei hier
besonders die Auffassungsunterschiede zwischen Regierungsfraktionen
und Opposition deutlich wurden. Zur Klärung, wo mehr und wo weniger
EU notwendig ist, hat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine
Taskforce eingerichtet, der auch Ausschussvorsitzender Reinhold
Lopatka (ÖVP) angehört und die bis Sommer ihren Bericht liefern soll.
Auf die Frage von Martha Bißmann (PILZ), in welchen Bereichen sich
der Minister weniger EU vorstellen könne, antwortete Blümel, die
Union sollte sich vor allem in der Sozial- und Gesundheitspolitik,
aber auch beim Konsumentenschutz zurücknehmen. Das rief Widerstand
vor allem bei den SPÖ-Abgeordneten Kai Jan Krainer und Jörg
Leichtfried hervor, die darauf hinwiesen, dass der Konsumentenschutz
ein Teil des Binnenmarkts sei und sich dieser auch in Österreich
durch die EU-Standards verbessert habe. Dem hielt wiederum
Ausschussvorsitzender Reinhold Lopatka (ÖVP) das Beispiel der
Verbraucherrichtlinie entgegen, die zusätzliche und unnötige
Bürokratie mit sich bringe. Er plädierte dafür, über diese Themen
emotionslos zu diskutieren.

Angesprochen auf den Abschluss der Verhandlungen zur Entsende-
Richtlinie, betonte Minister Blümel gegenüber Doris Margreiter (SPÖ),
Österreich sei an einem baldigen Ergebnis interessiert,
selbstverständlich unter Berücksichtigung der heimischen Positionen.

Die Meinungen gingen auch in Bezug auf notwendige Regelungen gegen
den Steuerbetrug auseinander. Während sich Krainer für eine Pflicht
zur Veröffentlichung von Kennzahlen durch die Betriebe im Rahmen des
Country-by-Country-Reporting aussprach, zeigte sich Blümel skeptisch,
da er darin eine Überregulierung und die Gefahr einer
Standortschädigung sieht. Gleichzeitig bekräftigte der Minister die
Notwendigkeit einer gerechten Besteuerung von Konzernen. Es gelte,
Instrumente zu finden, um jene zu erfassen, die kaum Steuern zahlen
und Wertschöpfung abziehen. Prinzipiell sprach sich Blümel gegen neue
Steuern aus, räumte aber ein, dass es durchaus Bereiche geben könne,
wo es sinnvoll ist, auf europäischer Ebene Steuern einzuheben. Kai
Jan Krainer hatte in diesem Zusammenhang eine Kerosinsteuer oder eine
CO2-Steuer angesprochen.

Martha Bißmann (PILZ) thematisierte in diesem Zusammenhang auch den
Klimaschutz und die Umweltpolitik, wo sie mehr Gemeinsamkeit auf
Unionsebene für unverzichtbar hält. Bei der Klima- und
Energiestrategie sollte Österreich jedenfalls Vorreiter sein, sagte
dazu Minister Blümel.

PESCO: Österreich achtet auf seinen Neutralitätsstatus

Kurz wurde im Ausschuss auch die Außen- und Sicherheitspolitik
angesprochen. "Wir wollen weniger Union, aber dort, wo sie wichtig
ist, soll sie effizienter werden," fasste Reinhard Eugen Bösch (FPÖ)
die Position seiner Partei zusammen. Er begrüßte daher die Stärkung
der Zusammenarbeit im verteidigungs- und außenpolitischen Bereich im
Rahmen von PESCO (Permanent Structured Cooperation). Dem pflichtete
auch der Minister bei und unterstrich, dass sich Österreich vor allem
im Hinblick auf seine Neutralität etwa beim Katastrophenschutz und
bei den Ausbildungszentren engagieren werde.

Was die Kooperationsblockade der Türkei gegen Österreich im Rahmen
der Partnerschaft für den Frieden mit der NATO betrifft, so ortet
Minister Blümel derzeit eine Entkrampfung, bleibt aber grundsätzlich
skeptisch, weil sich die Bundesregierung für einen Abbruch der
Beitrittsverhandlungen stark macht.

Angesprochen wurde schließlich auch die Beitrittsperspektive des
Westbalkans. Im Mai wird es einen Gipfel geben, informierte Blümel
Abgeordnete Claudia Gamon (NEOS). Bei welchen Ländern man neue
Kapitel aufschlagen könne, werde man erst beurteilen können, wenn der
nächste Fortschrittsbericht vorliegt. (Schluss) jan

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