• 26.01.2018, 15:41:42
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  • OTS0147

Kaske: „Abschaffung der Notstandshilfe würde zu mehr Armut in der Mitte der Gesellschaft führen“

Bei der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer wurde das Regierungsprogramm diskutiert

Utl.: Bei der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer wurde das
Regierungsprogramm diskutiert =

Wien (OTS) - Die 163. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer (BAK),
die heute, Freitag, in Wien abgehalten wurde, beschäftigte sich
intensiv mit der Einschätzung der Arbeiterkammer zum Programm der
neuen Regierung. Die AK beurteilt alle Vorhaben der Regierung danach,
inwieweit sie für die ArbeitnehmerInnen und ihre Familien sinnvoll
sind. „Dort, wo wir Positives im Regierungsprogramm gefunden haben,
verweisen wir in der Bewertung auch darauf“, sagte Rudi Kaske,
Präsident der Bundesarbeitskammer und der Arbeiterkammer Wien. Im
Regierungsprogramm sei allerdings vieles sehr vage formuliert, was
erforderlich mache, in diesen Fällen auch vor möglichen aus
Arbeitnehmersicht negativen Umsetzungen zu warnen.
„Insgesamt zeigt sich in dem Programm leider eine ziemliche
Schieflage: Unternehmer werden nicht nur fünf Mal so häufig erwähnt
wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist für sie in dem
Programm auch weit mehr ‚drinnen‘ als für die unselbständig
Beschäftigten“, sagte AK Präsident Rudi Kaske.

Begrüßt wird von der AK indes die im Bildungskapitel angekündigte
Fokussierung auf die Vermittlung von Kernkompetenzen wie Lesen,
Schreiben und Rechnen in den Schulen. „Es soll dazu eine so genannte
Bildungspflicht statt der Schulpflicht eingeführt werden. Diese
Maßnahme geht auf einen Vorschlag der Sozialpartner zurück“, sagte
Rudi Kaske.

Was die Gegenfinanzierung betrifft, hat die AK allerdings Sorgen,
dass diese zu Lasten der sozialen Absicherung gehen könnte. „Die
Regierung möchte eine Schuldenbremse einführen, gleichzeitig kündigt
sie auch eine Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent, steuerliche
Entlastungen für Unternehmen und eine Steuerstrukturreform an. Was
dazu fehlt, ist aber die Darstellung des Budgetpfades, also woher das
Geld kommen soll“, so Rudi Kaske. Angesichts einzelner Äußerungen,
aber auch verschiedener Passagen im Regierungsprogramm ist zu
befürchten, dass dies durch massive Einschnitte beim Sozialstaat
geschehen könnte. Wichtig wären konkrete Vorschläge, wie unsere
sozialen Sicherungssysteme in Zukunft finanziert werden sollen, ohne
dass die soziale Absicherung zurückgefahren wird.

Kaske nannte die Debatte um die drohende Abschaffung der
Notstandshilfe. „Die Armut wäre damit in der Mitte unserer
Gesellschaft angekommen. Denn gibt es keine Notstandshilfe mehr,
müssten Arbeitsuchende nach dem Auslaufen des Bezuges von
Arbeitslosengeld so gut wie all ihr Erspartes aufbrauchen, bevor sie
Mindestsicherung erhalten“, so der AK Präsident. Bei Menschen, die
ihren Arbeitsplatz verloren haben und in einer Notlage sind, wolle
die Regierung auf die meist ohnehin bescheidenen Ersparnisse
zugreifen, aber von einer Besteuerung von Millionen-Erbschaften und
Vermögen wolle sie nichts wissen.

Auch die Formulierung „Sparen im System“ wurde von AK Präsident
Rudi Kaske kritisch hinterfragt. Denn hinter diesem Begriff stünden
vielfach Kürzungen, die die Menschen spüren werden. „Zum Beispiel
dann, wenn die Regierung der Unfallversicherungsanstalt die Einnahmen
um eine halbe Milliarde jährlich kürzt, um diese Gelder den
Arbeitgebern zu schenken. Die Gefahren dieses Regierungsvorhabens
liegen auf der Hand: eine Verschlechterung der medizinischen
Versorgung nach Unfällen, und vor allem die Finanzierung wichtiger
Präventionsmaßnahmen steht auf dem Spiel.“

Problematisch ist für die AK die Flexibilisierung der Arbeitszeit.
„Wir werden massiv gegen den generellen 12-Stunden-Tag und die
60-Stunden-Woche auftreten. Denn derartige Arbeitszeiten sind
familienfeindlich, sind gesundheitsschädlich und passen nicht ins
Zeitalter der Digitalisierung, wo wir dringend eine
Arbeitszeitverkürzung statt einer Ausweitung benötigen“, so Kaske.
Zudem stehen bei einer Umsetzung des Regierungsvorhabens für die
ArbeitnehmerInnen Überstunden-Zuschläge von bis zu 1,5 Milliarden
Euro auf dem Spiel.

Ein weiteres Thema der Hauptversammlung war die Prüfung des AK
Pensionsrechts durch den Rechnungshof. Über die Ergebnisse wurde
bereits in einer Pressekonferenz am 20. Dezember 2017 informiert. Der
Rechnungshof hat das Pensionsrecht der Arbeiterkammer geprüft. Die
Arbeiterkammer hat vor mehr als einem Vierteljahrhundert mit Reformen
im Pensionsrecht begonnen, seit nunmehr 15 Jahren ist ein Modell
einer beitragsorientierten Pensionskasse gültig. Dieses aktuelle
Modell wird vom Rechnungshof positiv bewertet. In alte Verträge
rückwirkend eingreifen kann die Arbeiterkammer nicht, dies machte
auch ein Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter Reissner, Leiter des
Instituts für Arbeitsrecht, Sozialrecht und Rechtsinformatik der
Universität Innsbruck, deutlich. Der Rechnungshof empfiehlt der
Arbeiterkammer daher, darauf hinzuwirken, dass es von Seiten der
Regierung zu gesetzlichen Änderungen im
Sonderpensionenbegrenzungsgesetz kommt.

Abschließend stellte AK Präsident Rudi Kaske in seiner Rede fest:
„Wir sind unseren Mitgliedern verpflichtet. Sie werden deshalb
entscheiden, in welche Richtung sich die AK weiterentwickeln soll.
Daher ist ein intensiver Dialog mit den Mitgliedern in Vorbereitung.“

Hinweis: Die Analyse der AK zum Regierungsprogramm findet sich
unter www.arbeiterkammer.at/akzumregierungsprogramm zum Download

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