- 20.12.2017, 09:46:41
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Greenpeace-Analyse des Regierungsprogramms: Schlechtes Zeugnis für schwarz-blaue Vorhaben
Wirtschaftsinteressen derzeit vor Umweltschutz – Rückschritt droht bei Umweltrechten und durch CETA
Utl.: Wirtschaftsinteressen derzeit vor Umweltschutz – Rückschritt
droht bei Umweltrechten und durch CETA =
Wien (OTS) - Die Vorhaben der schwarz-blauen Regierung sind aus
ökologischer Sicht derzeit klar unzureichend. Zu diesem Ergebnis
kommt Greenpeace nach einer ausführlichen Analyse des
ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramms. Geprüft wurden unter anderem die Kapitel
Umwelt, Landwirtschaft und Verkehr. Greenpeace kritisiert außerdem
die drohende Beschneidung von Umweltrechten zu Gunsten von
Großprojekten. Ein Schlag für den Umweltschutz seien auch die
Sonderklagerechte für Konzerne, die Österreich mit dem CETA-Umfaller
der FPÖ ins Haus stehen.
„Überall dort, wo es um den Abbau von Umweltrechten geht, ist das
Regierungsprogramm wesentlich konkreter als dort, wo es um den Schutz
der Umwelt geht“, sagt Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster. Unter dem
Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung solle
offenbar gesichert werden, dass im Zweifelsfall Wirtschaftsinteressen
vor Umweltschutz-Anliegen gestellt werden. Gleich in mehreren
Passagen des Regierungsprogramms wird klargestellt, dass die
Genehmigung politisch gewollter großer Bauvorhaben in Zukunft
einfacher und schneller durchsetzbar sein soll. „Großprojekte sollen
auf Biegen und Brechen durchgepeitscht werden können. Das ist eine
Retro-Umweltpolitik aus den Zeiten vor der Hainburg-Bewegung“, sagt
Schuster. Scharfe Kritik übt Greenpeace auch an der im Programm
enthaltenen Ratifizierung und Umsetzung von CETA. „Damit hat die FPÖ
ein zentrales Wahlversprechen gebrochen hat. Sonderklagerechte für
Konzerne werden nun endgültig Realität. Das schadet Mensch und
Umwelt“, so Schuster.
Umwelt und Energie: Was den Klimaschutz betrifft, finden sich laut
Greenpeace viele allgemeine Ansagen ohne konkrete Maßnahmen und
Zeitpläne im Programm. Einzig beim Ökostrom-Ausbau wird es konkret.
Schuster: „100 Prozent erneuerbare Energie bis 2030 hat schon
Ex-Bundeskanzler Werner Faymann anvisiert. Ankündigungen reichen aber
nicht. Wir erwarten uns von der Bundesregierung einen konkreten
Ausbaupfad mit jährlich überprüfbaren Zwischenzielen.“ In Sachen
Klimaschutz dürfe man keinesfalls auf die längst überfällige
Fertigstellung der Klima- und Energiestrategie warten. „Mit dieser
Hinhaltetaktik muss Schluss sein“, so Schuster. Äußerst beunruhigend
seien in dem Zusammenhang die unzureichenden Ankündigungen im Bereich
der Raumwärme. „Ein teilweises Festhalten an Ölheizungen ist
vollkommen unvereinbar mit den Klimazielen. Umweltministerin
Elisabeth Köstinger muss hier für klare Vorgaben im Sinne des
Klimaschutzes sorgen und konkrete Maßnahmen für einen raschen Umstieg
auf 100 Prozent erneuerbare Wärme vorschlagen“, sagt Schuster. Zu den
klassischen Umweltschutzthemen wie Gewässerschutz oder Luftqualität
sowie auch bei Ressourcenschonung und Abfall finden sich im
Regierungsprogramm so gut wie keine Maßnahmen und nur sehr vage
Überschriften oder allgemein gehaltene Ankündigungen. Die Pläne im
Bereich Anti-Atom bewertet Greenpeace positiv. Ob es die
Bundesregierung damit auch ernst meint, werde man bald wissen. „Die
erste Nagelprobe wird der Bau des ungarischen Atomkraftwerks Paks II
sein. Die Bundesregierung hat laut den Statuten des Europäischen
Gerichtshofes bis zum 25. Februar Zeit, gegen die beihilferechtliche
Entscheidung der EU-Kommission zu klagen und so den Bau dieses
grenznahen AKWs doch noch zu verhindern“, so Schuster. Eine
entsprechende Aufforderung durch Greenpeace erging bereits postalisch
an die zuständigen Ministerien.
Verkehr: Der Straßenverkehr verursacht rund ein Drittel der
Treibhausgase in Österreich. Um die Klimaziele zu erreichen, brauche
es darum eine Mobilitätswende. Im Kapitel Verkehr des
Regierungsprogramms bleibe das jedoch völlig ausgespart. „Wenn es die
Regierung mit dem Klimaschutz ernst meint, muss sie die Abgase im
Verkehr senken. Die Regierung will jedoch Flughäfen ausbauen, neue
Straßen errichten und hat keine Maßnahmen vorgesehen, um das
Zeitalter des Verbrennungsmotors zu beenden. Für den Klimaschutz
sind das äußerst schlechte Nachrichten“, so Schuster.
Landwirtschaft: In Sachen Glyphosat ist die Rede von einem
Aktionsplan zum Ausstieg von Glyphosat. Der konkrete Beschluss eines
vollständigen Verbots findet sich derzeit aber nicht im Programm.
„Glyphosat hat weder auf dem Acker noch in unserem Essen etwas
verloren, deshalb braucht es rasch ein umfassendes Verbot“, so
Schuster. Zum Schutz der Bienen und zur Erhaltung der
Insektenvielfalt sei ein generelles Pestizid-Reduktionspogramm das
Gebot der Stunde. Allerdings findet sich im Regierungstext nicht der
kleinste Hinweis darauf. Auch ortet Greenpeace strategische
Widersprüche: Eine Exportstrategie im Bereich Landwirtschaft sei
nicht vereinbar mit dem Ziel, einen Selbstversorgungsgrad von 100
Prozent gesunden Lebensmitteln erreichen zu wollen. Schuster: „Wir
brauchen regionale Wirtschaftskreisläufe. Lebensmittelproduktion
primär für die Region sollte Vorrang vor Exportoffensiven und
Weltmarktfantasien haben.“ Wenn Österreich Bio-Vorreiter bleiben
will, dann müsse das auch mit einem ambitionierten Bio-Aktionsplan
unterstützt werden. „Bio ist die beste Wahl, um gesunde und
ökologisch erzeugte Lebensmittel zu produzieren. Hier muss die
Regierung definitiv nachliefern“, so Schuster.
Bereits vor der Angelobung hatte Greenpeace der Bundesregierung eine
100-Tage-Frist gesetzt und für diesen Zeitraum einen Öko-Check
angekündigt. „Wir geben der neuen Regierung 100 Tage Zeit, um zu
zeigen, ob ihr etwas am Schutz von Klima und Umwelt liegt. In diesem
Zeitraum erwarten wir uns den Beschluss von ersten konkreten
Maßnahmen inklusive Zeit- und Ressourcenplänen für die einzelnen
Themenbereiche“, sagt Schuster. Minuspunkte werde es für alle
Schritte geben, bei denen der Umweltschutz in Österreich unter die
Räder kommt. Schuster: „Einem Rückschritt in Sachen Umweltschutz oder
einem Angriff auf Umweltrechte werden wir uns entschieden
entgegenstellen.“
Die ausführliche Greenpeace-Analyse des Regierungsprogramms finden
Sie hier: https://goo.gl/QYtrsG
Bildmaterial zum Öko-Check finden Sie hier: http://bit.ly/2oufP7s
Die Fotos stehen für eine einmalige Verwendung unter Angabe der Photo
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