• 28.11.2017, 10:15:16
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  • OTS0061

Neue Datenschutz-NGO will Grundrechte gegenüber Tech-Giganten durchsetzen

Der neue gemeinnützige Verein „noyb - Europäisches Zentrum für Digitale Rechte“ sammelt Fördermitglieder mit „Kickstarter“-Methode

Utl.: Der neue gemeinnützige Verein „noyb - Europäisches Zentrum für
Digitale Rechte“ sammelt Fördermitglieder mit
„Kickstarter“-Methode =

Wien (OTS) - „Wir haben zwar strenge Datenschutzgesetze in Europa,
aber in der Realität ist davon oft wenig zu spüren“ sagt Max Schrems,
Initiator des Vereins noyb (Abkürzung für „none of your business“).
„Wir starten daher mit einer Finanzierungskampagne für eine
unabhängige, schlagkräftige Organisation, damit endlich effektiv und
auf europäischer Ebene gegen den Missbrauch von persönlichen Daten
vorgegangen werden kann.“

Neben Schrems, Jurist, Autor und Datenschutzaktivist, sind der
Nachrichtentechniker, Jurist und Obmann von epicenter.works Dr.
Christof Tschohl, und die Leiterin der VKI-Akademie, Juristin und
Verbraucherrechtslektorin Dr. Petra Leupold, im Vorstand von noyb
vertreten. Ziel des Vereins ist, eine effektive Durchsetzung der
digitalen Rechte zu gewährleisten und den gesetzlich garantierten
Schutz der Privatsphäre zur Realität werden zu lassen. Schrems: „Wir
wollen ordentlichen Datenschutz vom Gesetz zu Ihnen nach Hause
bringen – auf Ihren PC, Ihr Handy.“

Stadt Wien unterstützt noyb als institutionelles
Vereinsmitglied

Die Stadt Wien unterstützt die Initiative als institutionelles
Vereinsmitglied. Neben zahlreichen Initiativen wie der 2015
beschlossenen „FTI-Strategie Innovatives Wien 2020“ stärken
Initiativen wie noyb Wien als einen der wichtigsten europäischen
IKT-Standorte.

„Aus meiner Zeit als Konsumentenschützerin in der AK weiß ich, wie
wichtig es ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in Grundrechtsfragen
einen verlässlichen Partner an ihrer Seite haben. Die Zeit des
digitalen Wandels und Big Data stellt uns vor neue gesellschaftliche
und juristische Fragen, mit denen sich die Stadt nicht zuletzt in der
FTI-Strategie ‚Innovatives Wien 2020‘ auseinandersetzt. Als
Menschenrechtsstadt macht sich Wien vor allem auch international für
den Kampf um Grundrechte stark und deshalb freut es mich besonders,
noyb in unserer Stadt begrüßen zu dürfen. Unsere Unterstützung ist
auch ein klares Bekenntnis zum Kampf um den Schutz digitaler
Rechte.“, so Wirtschafts- und Finanzstadträtin Renate Brauner.

Fokus auf Unternehmen und deren Praktiken

Der Fokus von noyb liegt auf der kommerziellen Datenverarbeitung
durch Unternehmen. Diese ist in der Praxis wenig transparent. Nutzer
sehen sich oft mit unrechtmäßigen Praktiken, Klauseln und
Vereinbarungen konfrontiert. Daten werden hinter dem Rücken der
VerbraucherInnen verknüpft und verkauft. Phänomene wie Big Data,
Profiling und Selective Targeting sind heute bereits üblich und
werden sich in Zukunft verstärken. Dr. Christof Tschohl
(epicenter.works): „Viele Unternehmen haben ein Interesse am
gläsernen Konsumenten, um ihre Produkte besser zu verkaufen, und sie
sind technisch dazu in der Lage, indem sie zum Teil sensible Daten in
großem Stil sammeln, verknüpfen und mit Ihnen Geschäfte betreiben.
Die vorhandenen Regeln werden dabei oft einfach ignoriert. Hier muss
es effektive Grenzen geben.“

Verbesserte Ausgangslage und aktives Handeln

Im Mai 2018 tritt die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DGSVO) in
Kraft. Sie enthält massiv verbesserte Durchsetzungsmöglichkeiten für
Nutzer. NGOs wie noyb werden dadurch in der Lage sein, direkt für die
VerbraucherInnen bei Behörden und vor Gericht aktiv zu werden, etwa
durch Sammelklagen oder durch strategische Verbandsklagen. „Das ist
eine essentielle Verbesserung ge-genüber der jetzigen Rechtslage, die
sicherstellen könnte, dass die Rechte der VerbraucherInnen in der
Praxis auch tatsächlich eingehalten werden.“ erklärt Schrems.

Die grenzüberschreitende Dimension von Datenschutzverletzungen durch
global agierende Unter-nehmen stellt auch
Verbraucherschutzorganisationen vor neue Herausforderungen. Dr. Petra
Leu-pold (VKI): „Das materielle Datenschutzrecht bietet in Europa ein
vergleichsweis hohes Schutzniveau. Bis dato gibt es aber eine Lücke
in der Rechtsdurchsetzung. Hier sehen wir dringenden Bedarf nach
einer spezialisierten Organisation wie noyb, um die digitalen Rechte
der KonsumentInnen auch länderübergreifend effektiv durchzusetzen.
Der VKI und noyb werden daher eng zusammenarbeiten, um gemeinsam
gegen Datenschutzverstöße vorzugehen.“

noyb wird nicht nur rechtlich gegen Datenschutzverstöße vorgehen,
sondern auch Guidelines und Best Practices veröffentlichen, die
Unternehmen praktisch helfen sollen, sich an die Gesetze zu halten.
„Ziel ist es Unternehmen dazu zu bringen sich ans Recht zu halten.
Für viele Unternehmen ist das oft nicht so leicht – denen wollen wir
auch praktische Tipps geben. Gleichzeitig kann die Verfolgung von
absichtlichen Datenschutzverstößen auch für einen fairen Wettbewerb
sorgen.“, so Schrems. Außerdem sind Datenauskunft-, Beschwerde- und
Whistleblower-Tools geplant, um die Privatsphäre von VerbraucherInnen
zu stärken.

Gegengewicht zu Global Players kostet Geld und braucht Partner

Ziel von noyb ist es, Tech-Giganten wie Facebook, Google & Co. mit
einem Team hochqualifizierter und engagierter JuristInnen und
IT-ExpertInnen auf Augenhöhe zu begegnen. Dafür werden in der
Startphase mindestens 250.000 € für 2018 benötigt, für den laufenden
Betrieb wird mit Kosten in Höhe von 500.000 € pro Jahr gerechnet.

Zu den institutionellen Partnern zählen zurzeit unter anderem: die
Stadt Wien, die amerikanische Datenschutzorganisation epic, der
Verein für Konsumenteninformation (VKI), der norwegische
Verbraucherschutzverband Forbrukerrådet, das Unternehmen StartPage,
welches eine datenschutzfreundliche Suchmaschine betreibt, der Wiener
Chaos Computer Club oder die Roland Prozessfinanz. Daneben wird noyb
von zahlreichen Experten aus den Bereichen Datenschutz, Recht und IT
unterstützt, u.a. von zwei „Vätern“ der DSGVO, Jan-Philipp Albrecht
(EU-Abgeordneter/Grüne) und Paul Nemitz (EU-Kommission), Prof. Herwig
Hofmann (Universität Luxemburg) oder Josef Weidenholzer
(EU-Abgeordneter, SPÖ).

Unabhängigkeit ist für noyb entscheidend

Dabei ist Unabhängigkeit für noyb sowohl bezüglich der
Vereinsstrukturen als auch der Finanzierung entscheidend. Der noyb
Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Institutionelle Spenden und
Mitgliedschaften werden nur angenommen, wenn sie nicht im Konflikt
mit den Vereinszielen oder -aktivitäten stehen und die angestrebten
Partnerschaften stärken. Die Finanzierung soll daher vor allem von
einer Vielzahl von Privatpersonen getragen werden – als
Fördermitglieder und durch Spenden.

Wenn das Finanzierungsminimum von 250.000 € bis Januar 2018 erreicht
wird, kann noyb noch im selben Jahr in der operativen
Rechtsdurchsetzung mit den neuen EU-Regeln tätig werden. Schrems: „Es
hat keinen Sinn gegen globale Unternehmen ohne solide Basis
vorzugehen. Wir wollen das entweder ordentlich oder gar nicht
machen.“ Das Ziel hält er für realistisch: „Wenn nur 5.000 Menschen
europaweit noyb mit je 5 € im Monat unterstützen, dann können wir
loslegen.“ Der Grundstein ist gelegt: Mit der Stadt Wien, StartPage
und epic liegt noyb schon zum Start bei einer Finanzierungszusage von
gut 20% der Startkosten des Projekts.

Spenden und beitreten auf www.noyb.eu

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