• 27.11.2017, 22:00:01
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Dienstag, 28. November 2017, von Max Strozzi: "Tourismusdebatte breiter anlegen"

Innsbruck (OTS) - Wenn Tiroler Fremdenverkehrsvertreter, wie gestern,
eine sinkende Tourismusgesinnung im Land orten, müssen sie abseits
der stereotypen Forderungsrufe auch öffentlich eine sachliche,
breitere Diskussion zulassen.

Viel wurde gestern gleich zu Beginn der Tourismuskonferenz in
Innsbruck losgeledert über die Probleme, mit denen sich Touristiker
konfrontiert sehen. Etwa die Acrylamidverordnung („Pommes-Regeln“),
die neuen Datenschutz-Richtlinien, Allergenkennzeichnung,
Betriebsübergaben – vereinfacht unter dem Titel Bürokratie und
versehen mit dem wiederkehrenden Ruf nach Bürokratieabbau. Dazu die
Themen Fachräftemangel, Gasthaussterben sowie die obligate Forderung,
die Erhöhung der Nächtigungssteuer auf 13 Prozent wieder
zurückzunehmen.
Die Anforderungen an Touristiker sind in den vergangenen Jahren
merklich gestiegen und mit ihnen der „Papierkram“. Umso mehr wären
gestern der Diskussion auch deutlich gegensätzlichere Positionen
zuträglich gewesen, um diese Problemfelder auch inhaltlich
differenzierter anzugehen: Etwa Gesundheitsexperten, die erklären,
dass Acrylamid als wahrscheinlich krebserregend eingestuft wurde und
wie es sich daher sinnvoll umsetzen ließe, etwas weniger davon zu
produzieren. Oder Datenschützer, die entgegenhalten, dass im Zuge der
digitalen Revolution auch der Umgang mit sensiblen (Gäste-)Daten
gewissen Regeln unterliegen muss. Wie auch Arbeitnehmervertreter, die
ihre Sicht in die Diskussion um Fachkräfte einbringen. Und
Marktforscher, die einwerfen, dass am Gasthaussterben auch
Marktgesetze schuld sein könnten, weil auch der Tourismus von
Konkurrenzdenken und Gewinnstreben getragen ist und daher Gewinner
und Verlierer hervorbringt.
Nicht zu vergessen Verkehrsexperten, die sich mit der wachsenden
Problematik des Verkehrs auseinandersetzen. Tirol beispielsweise
verzeichnete von Anfang der 1990er-Jahre bis 2007 stets zwischen 7,5
bis 8,5 Mio. Urlauber im Jahr. Im abgelaufenen Tourismusjahr kamen
bereits 11,7 Mio. Gäste, die Nächtigungszahlen dagegen stiegen nicht
annähernd im gleichen Ausmaß. Fast drei Millionen mehr Urlauber in
zehn Jahren bedeuten auch eine entsprechend höhere Verkehrsbelastung.
Eine Entwicklung, die sich auch anhand der Tiroler Olympia-Abstimmung
ablesen lässt. „Nein“ kam von Bewohnern entlang der
Hauptverkehrsadern: von Kufstein bis zum Brenner bzw. Telfs, von den
Felbertauern-Gemeinden Matrei in Osttirol bis Lienz und teils im
Außerfern.
Abseits der stereotypen Forderungen tut dem Tourismus eine
öffentlich breitere und inhaltlich differenziertere Debatte unter
Einbeziehung allen Betroffenen gut. Sonst darf man sich nicht
wundern, wenn – so haben es jedenfalls gestern Touristiker selbst
festgestellt – die Tourismusgesinnung in Tirol sinkt.

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