• 17.11.2017, 13:10:32
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  • OTS0134

Großküchen, die Umwelt schützen und Tierleid vermeiden

Initiative „Gutes Gewissen – Guter Geschmack“: Fachtagung im Donauspital und Showkochen im Seniorenwohnhaus Tamariske

Utl.: Initiative „Gutes Gewissen – Guter Geschmack“: Fachtagung im
Donauspital und Showkochen im Seniorenwohnhaus Tamariske =

Wien (OTS) - Die Stadt Wien stellt täglich 100.000 Mahlzeiten bereit
– sei es in Kantinen, Schulen, Kindergärten, Spitälern oder
SeniorInnenwohnhäusern. Bei einer derartigen Menge kann mit der
richtigen Auswahl der Zutaten vieles zum Besseren bewegt werden: Wenn
Lebensmittel gekauft werden, die unter möglichst geringen
Umweltbelastungen, unter hohen Sozialstandards, aber auch unter
Vermeidung von Tierleid hergestellt wurden.

Die Initiative „Gutes Gewissen – Guter Geschmack“ lud daher zu
einer Fachtagung im Donauspital und einem Showkochen mit
Produktpräsentation im Haus Tamariske des Kuratoriums Wiener
Pensionisten-Wohnhäuser. Beide Veranstaltungen standen unter dem
Motto: Wie kann vor allem in Großküchen das Bewusstsein für einen
derart umfassend nachhaltigen Einkauf geschärft werden und welche
Vorbilder gibt es dafür bereits?

Kennzeichnungspflicht – Auszeichnungen - Forderungskatalog

„Gutes Gewissen – Guter Geschmack“ wurde von der Wiener
Umweltschutzabteilung – MA 22 und der Tierschutzombudsstelle Wien
(TOW) ins Leben gerufen und wird seit heuer auch vom Ökosozialen
Forum Wien unterstützt. Im dritten Jahr ihres Bestehens konnte die
Initiative bereits konkrete Erfolge erzielen: So wird beispielsweise
gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer an einer
Kennzeichnungspflicht für sogenannte „versteckte Eier“ gearbeitet.
Das sind Eier, die etwa in bereits fertig produzierten Kuchen oder
Aufstrichen enthalten sind und deren Herkunft – anders wie bei
Schaleneiern – derzeit nicht deklariert werden muss. Diese
„versteckten Eier“ können daher auch aus dem EU-Ausland stammen, wo
sie teilweise unter desaströsen Bedingungen für Umwelt und Tiere
hergestellt werden.

„Im Rahmen unseres Programms ÖkoBusiness Wien bereiten wir
überdies eine Auszeichnung für Gastronomie- und Hotelerie-Betriebe
vor, die umfassend nachhaltig für Umwelt und Tierwohl arbeiten“,
ergänzt Karin Büchl-Krammerstätter, Leiterin der Wiener
Umweltschutzabteilung – MA 22. Eva Maria Persy, Leiterin der
Tierschutzombudsstelle Wien, verweist auf einen Forderungskatalog an
die künftige Bundesregierung, der gemeinsam mit allen namhaften
Tierschutzorganisationen erarbeitet wurde: „Darin sind auch die
wichtigsten Anliegen unserer Initiative enthalten – wie ein Verbot
von tierquälerischen Praktiken wie die Ferkelkastration ohne
Betäubung.“ Auch wird der Einsatz von tierfreundlich erzeugten
Produkten in öffentlichen Einrichtungen gefordert – nach dem Vorbild
des von der MA 22 geleiteten Programmes ÖkoKauf Wien.

Fachtagung „Gemeinschaftsverpflegung: richtig – gut – günstig“

Wissensaustausch, die Präsentation vorbildlicher Groß- und
Gemeinschaftsküchen und die Vernetzung wichtiger Akteure war das
Anliegen der Fachtagung „Gemeinschaftsverpflegung: richtig – gut –
günstig“ im Wiener Donauspital – SMZ Ost. Zunächst wurde das Thema in
drei Expertenvorträgen aufgearbeitet: Professor Hans-Peter Hutter,
Oberarzt am Department für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der
MedUni Wien erläuterte die gesundheitlichen Aspekte des
Fleischkonsums. Demnach könne laut einer Studie durch eine
Fleischreduktion im Lebensmittelmix die Gefahr vorzeitiger
Sterbefälle um vier bis elf Prozent reduziert werden. Auch die
CO2-Belastung durch die Produktion unserer Lebensmittel kann durch
Fleischreduktion um rund ein Viertel gesenkt werden.

Tierarzt und Lebensmittelwissenschafter Professor Rudolf
Winkelmayer widmete sich den ethischen Aspekten des Fleischkonsums.
„Niemand würden seinen Hund so behandeln, wie Schweine gehalten
werden“, gab Winkelmayer ein Beispiel. Auch er empfiehlt zumindest
eine deutliche Fleischreduktion – „wir sollten Reduktarier werden“ –
und „so Bio wie möglich“ zu konsumieren.

Siegrid Stagl, Professorin für ökologische Wirtschaft an der
Wirtschaftsuniversität Wien betonte in ihrem Referat, dass es bei
einem entsprechend politischen Willen „mittelfristig keine
ökonomischen Zwänge“ gebe. „Märkte sind sozial und kulturell geprägt,
sie funktionieren nicht nach physikalischen Gesetzen.“ Marktregeln
können daher sehr wohl im Sinne einer sozial-ökologischen
Transformation geändert werden.

Lebensmittel als Hebel für den Klimaschutz

Josef Taucher, Generalsekretär des Ökosozialen Forums Wien, betont
in diesem Zusammenhang, dass Lebensmittel ein zentraler Hebel für die
Umwelt- und Klimaschutzpolitik seien: Die Wahl der Lebensmittel hat
direkte Auswirkungen auf den Land- und Bodenverbrauch, den
Wasserverbrauch, dem Einsatz von Pestiziden und Fungiziden und nicht
zuletzt auf das Transportwesen. „Für ein Kilo Fleisch werden 4 bis 25
Kilo Getreide benötigt. Hier liegt ein großes Potenzial, Ressourcen
einzusparen: Würden die Erträge nicht an Nutztiere verfüttert,
könnten 3,5 Milliarden Menschen zusätzlich ernährt werden“, betont
Josef Taucher.

Vorbildliche Beispiele

In einem Podiumsgespräch wurden anschließend bei der Fachtagung im
Donauspital Betriebe und Einrichtungen präsentiert, die bereits
vorbildliche Initiativen umgesetzt haben. Wie etwa die Schulküche
„echt.im.biss“ im Bachmann-Gymnasium Klagenfurt: Hier wird alles
frisch zubereitet, Verpackungsmaterialien reduziert, auf Palmöl
verzichtet; es wird gemeinsam mit SchülerInnen gekocht und
Bauernhöfe, von denen die Produkte kommen, besucht. Im Uniklinikum
Graz wiederum wurde die Cook-And-Chill-Produktion umgestellt. Hier
gelten im Küchenbetrieb nun die Grundsätze: Gesunde Ernährung,
regional, saisonal und wenn möglich in Bioqualität.

Im Rahmen des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) wird
beispielsweise im Krankenhaus Hietzing der Einsatz von
Biolebensmitteln schön seit längerem forciert, wie Christina Schmidt,
die Koordinatorin für nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln im KAV
erläuterte. Überdies gibt es einen saisonalen Sommer- und
Winterspeiseplan und es wird nur eine von drei Speisen mit Fleisch
angeboten. Im Angebot ist im KH Hietzing auch der „natürlich gut
Teller“, eine langjährige Initiative der Wiener
Umweltschutzabteilung: Ein umfassend nachhaltiges Menüangebot in
Bioqualität, regionalen, saisonalen Lebensmitteln, Fleischreduktion
und fair gehandelten Produkten.

Für Martina Leising, Diätologin am sozialmedizinischen Zentrum
Floridsdorf, sollte in diesem Zusammenhang Wirtschaftlichkeit in der
Spitalsverpflegung nicht oberste Priorität haben: „Wir sind doch ein
Gesundheitsbetrieb und haben einen entsprechenden Auftrag.“

Der Milan Urban Food Policy Pact

Ein Hebel für die Umstellung auf und die Förderung einer umfassend
nachhaltigen Ernährung ist der „Milan Urban Food Policy Pact“, der im
Oktober 2015 von Bürgermeister Michael Häupl unterschrieben wurde.
Für dessen Umsetzung ist die Koordinatorin Adelheid Sagmeister, die
im Rahmen der Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22 eine
Ernährungsstrategie für Wien erarbeitet.

Zum Abschluss der Fachtagung im Donauspital wurden in
Arbeitsgruppen Ideen gesammelt, wie diese vorbildhaften Einrichtungen
und Initiativen verstärkt, neue Standards gesetzt und Impulse für den
Umweltschutz und das Tierwohl in Gemeinschaftsküchen ermöglicht
werden können.

Showkochen und Produktpräsentation im Haus Tamariske

Bei der Fachtagung ist auch das Beschaffungswesen im Kuratorium
Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP) präsentiert und mehrfach als
Vorbild genannt worden. Was in den 30 Wiener „Häusern zum Leben“
bereits umgesetzt ist, wurde bereits am Vortag im Haus Tamariske in
Wien-Donaustadt demonstriert: Im Speisesaal wurde eine Menüfolge des
„natürlich gut Tellers“ live für die BewohnerInnen des Hauses
zubereitet und kommentiert – und draußen im Foyer konnten sie sich
bei den anwesenden ProduzentInnen über die verwendeten Produkte
informieren: regionale, saisonale, Bio Lebensmittel – und Betriebe,
die in ihrer Produktion Maßnahmen gegen das Tierleid setzen.

Grundsätzlich gilt im KWP: In allen 30 Häusern wird täglich frisch
gekocht. Den BewohnerInnen werden fünf abwechslungsreiche Mahlzeiten
serviert, das sind jeden Tag 36.000 Portionen. Mindestens 3-mal pro
Woche gibt es den umweltfreundlichen „natürlich gut Teller“ auf dem
Speiseplan.

Nachhaltigkeit als Win-win-Situation

Etwa 70 Prozent der im KWP verarbeiteten Lebensmittel werden aus
der Region bezogen, 30 Prozent sind Bio-Ware, die Süßwasserfische
stammen zum Großteil aus österreichischer Zucht, die Meeresfische
sind MSC-zertifiziert. „Die organisatorische Planung geht so weit,
dass zum Beispiel die Verhandlungen mit den Bio-Bauern bereits ein
Jahr im Voraus beginnen, erläutert Gerhard Schöberl, Verantwortlicher
für die Lebensmittelbeschaffung im Kuratorium. „Teilweise wird die
Ernte ganzer Felder abgenommen. Eine Win-win-Situation für beide
Beteiligten: Das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser bekommt
einen guten Preis und die 150 Bio-Bauern haben eine Abnahmegarantie.“

Und das Angebot wird ständig weiter verbessert: Künftig sollen im
KWP auch Würste aus Hänchenfleisch angeboten werden – Hähne aus
Freilandhaltung, die nicht, wie sonst meist in Legehennen-Betrieben
üblich, aus rein wirtschaftlichen Gründen gleich nach dem Schlüpfen
getötet wurden.

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/presse/bilder

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