- 30.10.2017, 13:21:22
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- OTS0124
Gebäudelabels: für oder gegen den Klimaschutz?
Welche Zertifikate unterstützen Klimaschutzpolitik, welche nicht? Ein Überblick von Robert Lechner (ÖGNB) in Text und Video.
Utl.: Welche Zertifikate unterstützen Klimaschutzpolitik, welche
nicht? Ein Überblick von Robert Lechner (ÖGNB) in Text und
Video. =
Wien (OTS) - Ergänzende Grafiken und ein Video mit Statements finden
Sie unter https://goo.gl/6U5PCQ.
Grundsätzliches zu Gebäudelabels
Die Geschichte der Gebäudebewertungssysteme beginnt Mitte der 90er
Jahre. BREEAM und LEED waren dabei Vorreiter der Entwicklung, im
Rahmen der „International Green Building Challenge“ kamen bereits zur
Jahrtausendwende mehrere andere Bewertungsansätze hinzu (Frankreich
HQE, Japan Casbee, Österreich: TQB). In Deutschland wurde diese
Entwicklung lange beobachtet, erst im Jahr 2009 kam es zur Gründung
der DGNB und des gleichlautenden Bewertungssystems. Der Fokus der
frühen Bewertungenssysteme lag eindeutig im Umweltbereich, wenngleich
TQB und BREEAM sehr bald „umfassende“ Bewertungsansätze lieferten.
Klimaschutz als zentrale Aufgabe
Von der Immobilienwirtschaft werden Bewertungsansätze für Gebäude
gerne „umfassend“ ausgerichtet, die Argumentationsbasis dafür liefert
das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit aus Wirtschaft, Sozialem
und Umwelt. Hinzu kommt die Prozessqualität und technische Qualität.
Diesem Zugang kann auch einiges abgewonnen werden, wenn
Nachhaltigkeitsbewertungssysteme nicht dazu beitragen, die großen
bereits erkennbaren und vor allem die künftig erwartbaren
Herausforderungen an unsere Gesellschaft durch den Klimawandel durch
Komplexität auf der einen Seite, durch Marketingziele aller Systeme
auf der anderen Seite zu verharmlosen.
Nachhaltigkeitsbewertungssysteme im Gebäudesektor müssen darauf
ausgerichtet sein, den Beitrag von Gebäuden am Klimawandel bzw. ihr
Eignung zur Bewältigung der Klimakrise zu dokumentieren. Es ist
deshalb unabdingbar, dass den Themen Energieeffizienz, Energiebedarf
und Treibhauspotenzial bei Entstehung und Betrieb besonderes Gewicht
gegeben wird. Diese Zielsetzung erfüllen unterschiedliche am Markt
vorhandene Bewertungssysteme in äußerst unterschiedlichem Ausmaß.
KLIMAAKTIV
Gemessen an der absoluten Zahl der bewerteten Gebäude ist klimaaktiv
in Österreich eindeutiger Spitzenreiter, gefolgt von ÖGNB und DGNB.
Diese Marktpräsenz ist nicht zuletzt auch dadurch erklärbar, weil
klimaaktiv als „nationales System“ von der öffentlichen Hand (BMLFUW)
getragen wird. Gemessen an der Klimaschutzrelevanz der Systeme ist
diese Vormachtstellung auch beruhigend: klimaaktiv hat einen
eindeutigen Schwerpunkt auf Energieeffizienz und CO2-Reduktion im
Bewertungsansatz implementiert.
Bis zu 50 Prozent des Bewertungsergebnisses hängen direkt mit
Klimaschutz und Energieeffizienz zusammen. Erfüllt ein Gebäude nicht
die Mindestkriterien im Bereich Energieeffizienz, dann kann es gar
nicht deklariert werden: Daraus resultiert hohe Glaubwürdigkeit im
Bereich des Klimaschutzes.
ÖGNB
Das Bewertungssystem der ÖGNB (Österreichische Gesellschaft für
nachhaltiges Bauen) ist hinsichtlich der Kriterien zu 100 Prozent mit
jenem von klimaaktiv kompatibel: Daraus resultiert indirekt die
inhaltlich gleichwertige Berücksichtigung von Energieeffizienz und
Vermeidung der Treibhausgase in beiden Bewertungsansätzen. Aus der
Geschichte des ÖGNB-Bewertungsansatzes ergibt sich aber eine andere
Gewichtung der Kriterien, hinzu kommt auch eine umfassende
Berücksichtigung der Standort- und Ausstattungskriterien. Die ÖGNB
ist auch die einzige Organisation, die Bestandsgebäude und Neubauten
mit den gleichen Bewertungskriterien (und Gewichtungen) beurteilt:
Daraus soll das Augenmerk auf die Hauptaufgabe im Gebäudesektor für
die Bewältigung der Klimakrise gelegt werden und diese wird in der
Optimierung des Bestands sein.
Nur Gebäude, die mindestens 90 Prozent Erfüllungsgrad aller
Beurteilungskriterien einhalten, werden gesondert mit „ÖGNB Gold“
gewürdigt. Dadurch wird gewährleistet, dass kein Gebäude unter diesem
Benchmarkwert herausragende Marketing-Möglichkeiten vorfindet und das
kein Gebäude mit ÖGNB-Gold nicht auch beim hochwertigen
klimaaktiv-Standard zumindest in Silber-Qualität erreichen kann.
BREEAM
Ein ähnlicher Zugang wird von BREEAM gesucht: Auch hier macht die
Bewertungskategorie „Energy“ 20 Prozent des Bewertungsansatzes aus.
Die Benchmark-Werte sind aber weitaus weniger ambitioniert, als dies
bei klimaaktiv der Fall ist. Es ist davon auszugehen, dass lediglich
„Outstanding-Gebäude“ vergleichbare Qualitäten wie klimaaktiv belegen
können, wenngleich damit nicht gesagt ist, dass diese Gebäude weit
über die Basiskriterien von klimaaktiv hinauskommen.
LEED
LEED gewichtet die Energiekriterien zwar mit 30 Prozent: Die
Benchmarks sind aber leider allzu sehr an die in Nordamerika
vergleichsweise „schlechten“ Standards angepasst. Nur wenige
„Platin-Gebäude“ von LEED halten die klimaaktiv Basiskriterien ein.
DGNB
Die geringste Bedeutung von Energieeffizienz und Vermeidung von
Treibhausgasen gibt das Bewertungssystem der DGNB: Lediglich rund
13,5 Prozent fallen grundsätzlich in diese Bewertungskategorie, wobei
der direkte Energieverbrauch im Betrieb und damit die direkten
Treibhausgasemissionen wahrscheinlich nur bei einem Drittel des
Bedeutungsgewichts im Bewertungssystem liegen werden.
In Österreich erfüllen nur wenige DGNB-Gebäude (auch höchster
Auszeichnungsstufen) die Basiskriterien von klimaaktiv. Dies liegt
u.a. auch daran, dass dem Thema Energie und Klimaschutz
vergleichsweise wenig Bedeutung zugemessen wird.
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