• 26.10.2017, 13:15:01
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Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Nationalfeiertag 2017

Wien (OTS) - Meine Damen und Herren!

Heute ist Nationalfeiertag. Es ist ein besonderer Tag.

Nicht nur, weil wir heute die immerwährende Neutralität Österreichs
feiern. Sondern auch, weil wir uns unmittelbar nach der Wahl zum
Nationalrat befinden.

Mitten in einer Zeit des Umbruchs, in der sich alte Konstellationen
verabschieden und neue formieren. Mitten in einer Welt, die sich
täglich schneller verändert.

Der heutige Nationalfeiertag ist eine wichtige Nachdenkpause für
unser Land.

Die Verhandlungen zur Regierungsbildung haben begonnen.

Jetzt werden Weichen für die Zukunft gestellt. Ich bin überzeugt,
dass die agierenden Personen sich der Verantwortung bewusst sind, die
sie in diesen Wochen in ganz besonderem Maße tragen.

Ich jedenfalls werde penibel darauf achten, dass stets das Wohl
Österreichs über das jeweilige Partei-Interesse gestellt wird.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir Österreich in eine gute
Zukunft führen, wenn wir das Miteinander nicht aus den Augen
verlieren.

Warum? Weil das auch in der Vergangenheit stets eine unserer größten
Stärken war. Sehen Sie sich unser Land an. Es ist ein gutes Land.

Ein Land, in dem – bei aller Kritik – vieles gelingt und gelungen
ist. Ein Land voller großartiger Menschen. Ein Land, in dem der
Stärkere auf den Schwächeren schaut. In dem wir uns umeinander
kümmern. In dem jeder nach seiner Fasson glücklich werden darf. In
dem wir nicht nur für uns leben, sondern auch an die denken, die nach
uns kommen.

Wir können wirklich stolz darauf sein, was wir alle gemeinsam
erreicht haben. Dafür möchte ich Ihnen danken.

All den Frauen und Männern. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Pensionistinnen und
Pensionisten, den Menschen die sich noch in Ausbildung befinden, den
Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die derzeit ohne Arbeit sind, den
Kindern und ihren Eltern,all den ehrenamtlich und unentgellich
Tätigen, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.Den Menschen auf
dem Land und denen in den Städten.

Danke Ihnen allen! Denn wir alle gemeinsam sind Österreich.

Aber der Stolz auf das Erreichte darf uns nicht träge machen. Es
bedarf einer steten, behutsamen Veränderung, einer steten Überprüfung
der bestehenden Verhältnisse, um das, was uns nicht mehr hilft, zu
ersetzen durch das zukunftsträchtigere Neue.

Im Rahmen der Wahlen denken wir regelmäßig darüber nach, was sich
ändern soll. Und dass sich jetzt etwas ändert, ändert sich, weil Sie,
liebe Österreicherinnen und Österreicher, es so entschieden haben.
Das ist Sinn und Schönheit unserer Demokratie.

Achtzig Prozent haben sich beteiligt an dieser Wahl, das ist ein
Prozentsatz, der weltweit seinesgleichen sucht.Das zeigt, wie
engagiert und interessiert Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
an der Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft sind. Auch dafür möchte
ich Ihnen danken.

Das Resultat dieser Wahl zeigt einen Willen zur Veränderung. Aber es
braucht eine exakte Unterscheidung zwischen den Dingen, die verändert
werden müssen und den Dingen, die wir in unserem Land als
immerwährend sehen:

Unsere Verfassung. Unsere Neutralität. Das Beachten der Grund- und
Menschenrechte, und der Rechte der Minderheiten. Das klare Bekenntnis
zu Solidarität und Empathie, sodass der Stärkere dem Schwächeren
hilft. Ein klares Ja zur europäischen Zusammenarbeit.

Diese Werte stehen außer Streit. Sie sind das Fundament unserer
Republik und unseres Zusammenlebens. Auf dieser Grundlage, und nur
auf dieser Grundlage, sollten wir uns den Dingen widmen, die
zweifellos verändert und verbessert werden müssen.

Ja, wir stehen vor großen Herausforderungen: Die Digitalisierung. Die
aktuelle Migrationssituation. Und nicht zuletzt die Klimakrise.

Der zukünftigen Bundesregierung muss klar sein, dass sie spätestens
zum Nationalfeiertag 2022, also in fünf Jahren, an folgenden Fragen
gemessen werden wird: Werden wir ein Land sein, in dem die jungen
Leute Chancen haben? Werden wir Bildung und Ausbildung soweit
reformiert haben, dass Österreichs nächste Generationen nicht nur
wettbewerbsfähig sind, sondern auch die notwendige Herzensbildung
haben werden? Wird es eine faire Balance zwischen Wirtschafts- und
Sozialpolitik geben? Wird Österreich als unser aller gemeinsames
Projekt erlebt werden und die Polarisierung ein Ende genommen haben?
Werden die Menschenrechte bedingungslos geachtet? Wird klar sein,
dass die Heimat Österreichs Europa ist?

Zusammengefasst: Wird Österreich ein besserer Ort sein als heute?

Liebe Österreicherinnen und Österreicher!

Nach Vorliegen des endgültigen Wahlergebnisses habe ich den
Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei, ÖVP-Obmann Sebastian Kurz,
mit der Regierungsbildung beauftragt.

Ich habe klargestellt, dass eine Voraussetzung für die neue Regierung
- im Interesse Österreichs - das unbedingte Bekenntnis zu Europa ist.

Die Gespräche haben begonnen und ich hoffe, dass ein tragfähiger,
vernünftiger Regierungspakt unter dem Christbaum liegen wird.

Ich wünsche uns allen einen schönen Ausklang des Nationalfeiertags.
Unserer Heimat einen fruchtbaren, neuen Beginn. Und Ihnen persönlich
alles Gute. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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