• 04.09.2017, 10:45:36
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  • OTS0057

„Norwegen – Die sagenhafte Welt der Lemminge“ im „Universum“

Am 5. September um 20.15 Uhr in ORF 2

Utl.: Am 5. September um 20.15 Uhr in ORF 2 =

Wien (OTS) - Gerade einmal zwölf Zentimeter lang, etwa 100 Gramm
schwer und mit dichtem, wolligem Fell ausgestattet – das ist die
Steckbriefbeschreibung einer von Mythen umrankten Kreatur, die in der
eisigen Bergwelt Skandinaviens ihr „Unwesen“ treibt: des
Berglemmings. Der possierliche Nager kommt weltweit nur in Teilen
Skandinaviens und auf der russischen Kola-Halbinsel vor. Der
Wissenschaft gaben seine Lebensgewohnheiten lange Zeit Rätsel auf,
sie waren Anlass zu sagenhaften Geschichten und prägten Sprichwörter
sowie Redensarten. Hartnäckig hielt sich die Mär vom regelmäßig
stattfindenden kollektiven Massenselbstmord Tausender Berglemminge.
Zoltan Töröks „Universum“-Dokumentation „Norwegen – Die sagenhafte
Welt der Lemminge“ zeigt am Dienstag, dem 5. September 2017, um 20.15
Uhr in ORF 2 die Lebensrealität dieser couragierten Wühlmausart. Wer
kennt sie nicht, die Redensart zu „handeln wie die Lemminge“? Gemeint
ist damit die abschätzige Bewertung des kollektiven Mitläufertums,
meist in den gemeinsamen Untergang. Und wieso gibt dafür gerade der
Berglemming das Paradebeispiel ab? Aufgrund eines Irrtums!

Über Jahrhunderte glaubten die skandinavischen Bauern, dass es
Berglemminge vom Himmel regnet, da sie in regelmäßigen
Jahresabständen plötzlich zu Tausenden auf den Feldern in der Ebene
zu finden waren. Bis sich in den 1920er Jahren der britische Zoologe
Charles Sutherland Elton dem Thema annahm – und die nächste Mär
festschrieb: Berglemminge würden in populationsreichen Jahren
Massenwanderungen in die Täler starten und sich dort gemeinsam ins
Meer stürzen. Für Elton ein Akt der kollektiven Selbstrichtung aus
altruistischen Gründen der Arterhaltung. Die Zuschreibung vom
Massenexodus in den freiwilligen Tod hielt sich hartnäckig über viele
Jahrzehnte und erhielt 1958 als Draufgabe noch ein bildliches
Dokument in Form eines Oscar-prämierten Tierfilms aus dem Hause
Disney – mit gestellten Aufnahmen, wie sich später herausstellen
sollte. Doch was ist dran an der Geschichte?

Tatsache ist: Berglemminge sind kampflustige Einzelgänger mit einem
für Nager seltenen Potenzial an Aggressivität. Verbreitet sind sie
ausschließlich in Schweden, Norwegen und auf der russischen Halbinsel
Kola. Zweisamkeit suchen sie nur zu Paarungszwecken. Sie verbringen
die Winter in verzweigten Höhlen in der meterdicken Schneedecke der
arktischen und subarktischen Bergwelt. Da sie sich rasch vermehren,
das Nahrungsangebot starken Schwankungen unterliegt und der
sogenannte Beute-Räuber-Zyklus nicht in kongruenten Kurven verläuft,
kommt es alle paar Jahre zu Wanderungen in neue Lebensräume. Dabei
verlässt nur ein Teil der Population das heimatliche Gebiet. Meist
gehen die Tiere allein, Gruppen sind wohl eher zufällig. Berglemminge
sind zähe Wanderer, ausgezeichnete Schwimmer und mutige Gegner. Ihre
auffällige Fellfärbung soll Fressfeinde darauf hinweisen,
„ungenießbar“ zu sein. Trotzdem sind sie Hauptnahrungsquelle für
Schneeeulen, Hermeline oder Polarfüchse. Fehlen Lemminge, schwinden
auch sie, da sie ihre Jungen nicht durchfüttern können. Im Jahr
darauf vermehren sich die Lemminge mangels Fressfeinden so stark,
dass sie wieder auf Wanderschaft gehen müssen, um neue Nahrungsgründe
zu finden. Unterhalb der Baumgrenze sind sie allerdings nicht
willkommen. Ihr Verwandter, der Waldlemming, hält dieses Terrain
besetzt. Ein Überlebenskampf beginnt. Entkräftet und fern der
vertrauten Umgebung gehen die meisten Berglemminge zugrunde. Ihre in
Bächen treibenden Körper nähren den Mythos vom Massenselbstmord der
Lemminge aufs Neue. Etwa alle 30 Jahre soll es, für die Lebensweise
dieser Art völlig untypisch, zu herdenartigen Abwanderungen der
Berglemminge kommen. Diese wurden allerdings bisher noch nie bildlich
festgehalten. Ein Mythos, der noch zu klären sein wird.

Berglemminge sind bedroht durch den Klimawandel. Da die Schneedecke
durch Temperaturschwankungen rascher vereist, können Behausungen
nicht in entsprechender Zahl und Größe angelegt werden. Das
Schmelzwasser sinkt zu Boden, wo es friert und Moose und Gräser
einschließt. Die Berglemminge finden in der Folge nicht mehr genug
Nahrung. Das beeinträchtigt die Fortpflanzungsrate.

„Norwegen – Die sagenhafte Welt der Lemminge“ ist das eindrucksvolle
Porträt eines der rätselhaftesten und ungewöhnlichsten Nagetiere der
nordischen Bergwelt. Eingebettet in die grandiose Kulisse
Skandinaviens begleitet der Film den Berglemming durch ein ganzes
Jahr. Dabei zeigt sich die enge Schicksalsgemeinschaft des
Berglemmings mit seinen Nachbarn und Fressfeinden in der Ödnis der
weißen Kältewüste. Dort gibt es Symbiosen – wie etwa jene zwischen
Kolkraben und Vielfraß. Polarfüchse sehen sich als Unterlegene im
harten Konkurrenzkampf mit dem Rotfuchs, Elche wiederum sind dem
Rentier überlegen. Undercover im kristallenen Weiß – der Berglemming.
Im Frühjahr schmilzt seine Behausung aber förmlich davon. Dann muss
der kleine Wühler in unbekanntem Terrain mit übermächtigen Gegnern
wie Steinadler, Braunbär oder Raubmöwe fertig werden.

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