- 28.07.2017, 14:45:07
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SPÖ ergänzt ihren „Plan A“ um „Plan K“
Mit drei Versprechen geht Thomas Drozda für die SPÖ in den Wahlkampf. Außerdem prescht er mit einer Idee vor: Ein Grundeinkommen für Künstler.
Utl.: Mit drei Versprechen geht Thomas Drozda für die SPÖ in den
Wahlkampf. Außerdem prescht er mit einer Idee vor: Ein
Grundeinkommen für Künstler. =
Salzburg (OTS/SN) - Thomas Drozda (SPÖ) war bisher Kaufmännischer
Leiter im Burgtheater, Chef der Vereinigten Bühnen und seit April
2016 Kanzleramts- und Kulturminister. Jetzt tritt er erstmals für den
Nationalrat an, erwartet aber keinen Berufswechsel.
SN: Mit welchen kulturpolitischen Themen geht die SPÖ in den
Wahlkampf?
Thomas Drozda: Wir werden den „Plan A“ um einen „Plan K“ ergänzen.
Darin geht es um Kultur und Medien, also meine Bereiche als Minister.
Der sollte Anfang August vom Parteirat beschlossen werden.
SN: Was wird im „Plan K“ stehen?
Thomas Drozda: Ich möchte dem Beschluss nicht vorgreifen, aber drei
Punkte kann ich herausgreifen: Wir wollen die Finanzierung für Kunst
und Kultur absichern – erstens über Indexierung aller
Kulturförderungen um die prognostizierten Inflationsraten, zweitens
über Mehrjahresvereinbarungen. Das Dritte betrifft die soziale Lage
der Künstlerinnen und Künstler. Das Sozialsystem – wie
Arbeitslosenversicherung und Altersvorsorge – wird den Arbeitsweisen
von Künstlern nicht gerecht.
Deren Probleme decken sich mit der Veränderung, die die
Digitalisierung bringt: Das lebenslange Beschäftigungsverhältnis mit
einem Arbeitgeber gibt es nicht mehr. Daher ist zu überlegen, wie man
vom strikten Äquivalenzprinzip – das Eingezahlte ergibt das
Auszuzahlende – wegkommt. Wir haben da schon einiges gemacht, vor
allem Stipendien erhöht. Aber ich möchte die Stipendien auf
Mindestlohnniveau, also 1500 Euro, erhöhen.
SN: Wie hoch sind die jetzt?
Thomas Drozda: Bisher haben wir sie um 200 auf 1150 Euro erhöht,
Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher bekommen noch 400 Euro mehr.
SN: Bedeutet der Abschied vom Äquivalenzprinzip ein Grundeinkommen
für Künstler?
Thomas Drozda: Ja, das sollte man überlegen, zum Beispiel nach
finnischem Modell. Man sollte das für einen überschaubaren
Personenkreis einige Zeit, etwa zwei Jahre, anschauen, mit einer
Studie begleiten und evaluieren. Das Grundeinkommen für Künstler
könnte so ein Modell sein.
SN: Steht das im „Plan K“?
Thomas Drozda: Nein, aber das werden wir jetzt noch weiter
konkretisieren. Der „Plan K“ enthält unmittelbar umsetzbare
Vorschläge.
SN: Sie kandidieren auf Platz neun der Wiener Landesliste für den
Nationalrat.
Thomas Drozda: Ja, aber mit dem neunten Wiener Listenplatz dürfte ein
Einzug in den Nationalrat schwierig werden. Die Bundesliste wird
derzeit diskutiert.
SN: Da stehen Sie weiter vorn?
Thomas Drozda: Ich gehe davon aus.
SN: Sie bereiten also eine Berufsänderung vor?
Thomas Drozda: Das ist ein großes Wort, gelassen ausgesprochen! Ich
bin recht zuversichtlich, was die Wahl betrifft.
SN: Was erwarten Sie?
Thomas Drozda: Dass wir als Erste durchs Ziel gehen. Ich erwarte,
dass ein Reformkurs mit Verantwortung dem bloß frischen Wind
überlegen sein wird.
SN: Sind Sie Mitglied der SPÖ?
Thomas Drozda: Ja, seit 30 Jahren. Ich war immer ein Sozialdemokrat
und bleibe einer.
SN: Ziehen Sie als Protagonist für Kulturpolitik in den Wahlkampf?
Thomas Drozda: Ja, für Kultur- und Medienpolitik.
SN: Auch wenn man mit Kulturpolitik kaum einen Blumentopf, geschweige
denn Stimmen gewinnt?
Thomas Drozda: International – etwa in Asien oder Südamerika – wird
unser Land nur durch Kunst und Kultur wahrgenommen. Ich stehe also
für jenen Bereich, in dem Österreich eine Supermacht ist. Daher bin
ich zuversichtlich.
SN: Die Auslandswirkung ist nicht Urgrund für Kulturpolitik.
Thomas Drozda: Das stimmt. Aufgabe des Kulturministers ist es, den
breiten Zugang zu Kunst und Kultur strukturell und finanziell
sicherzustellen, die personellen Weichen zu stellen, für Freiheit der
Kunst einzutreten sowie für Künstlerinnen und Künstler anspielbar zu
sein, also für etwaige Probleme Lösungen zu entwickeln.
SN: Was möchten Sie als Minister bis Herbst noch voranbringen?
Thomas Drozda: Die Entscheidung für das Kunsthistorische Museum steht
an – ich hoffe, Anfang September. Es gibt ein interessantes,
internationales Bewerberinnen- und Bewerberfeld. Frau Haag ist als
Titelverteidigerin eine ernst zu nehmende Kandidatin. Ich habe eine
Findungskommission eingesetzt, die soll in fünf, sechs Wochen ihren
Vorschlag vorlegen.
SN: Was steht sonst an?
Thomas Drozda: Um das Weißbuch zur Museumsreform umzusetzen, möchte
ich noch ins Parlament bringen: die Eigentümerrolle der Republik
stärken, das Bundeskanzleramt personell aufrüsten und einen
wissenschaftlichen Beirat einrichten.
SN: Gelingt das vor der Wahl?
Thomas Drozda: Wenn es nicht an Frau Fekter (Kultursprecherin der
ÖVP, Anm.) scheitert, gibt es gute Chancen. Sonst werde ich eine
andere Mehrheit suchen. Bisher aber hat es einen breiten Konsens –
auch mit der ÖVP – gegeben, dass der jetzige Vorschlag vernünftig
ist.
SN: Wird die Presseförderung noch erneuert?
Thomas Drozda: Mein Vorschlag liegt vor. Wenn die ÖVP nicht weiter
bei Verschleppung und Verzögerung bleibt, dann können wir das bald
abschließen.
SN: Nächste Woche laden Sie zu einer Enquete über eine
österreichische Institution für Fotografie. Geht sich das noch bis
Herbst aus?
Thomas Drozda: Nein, ich möchte jetzt einen Ideenwettbewerb für
Konzepte. Es gibt viele Varianten – von einer Stiftung bis zu eigenem
Museum. Das soll jetzt so aufbereitet werden, dass
wir das ins nächste Regierungsübereinkommen aufnehmen können.
SN: Sie bauen am nächsten Regierungsprogramm?
Thomas Drozda: Selbstverständlich! Ich sag ja, es wird nichts mit
dem Berufswechsel.
SN: Seit 1993 wird die Fotosammlung des Bundes in Salzburg aufgebaut.
Dazu gibt es seit 2002 einen Vertrag mit dem Land, gemeinsam in
Fotografie zu investieren.
Thomas Drozda: Ich will keine Vertragskündigung in Aussicht stellen.
Und mit dem neuen Depot (in Koppl, Anm.) gibt es jetzt hervorragende
Bedingungen. Aber sollte man draufkommen, dass der Vertrag nicht
passt und man anderes will, dann werde ich nicht zögern, etwas zu
kündigen.
SN: Im September sollte das Gutachten über die Vorwürfe vorliegen,
der designierte Staatsoperndirektor Bogdan Roščić habe in seiner
Dissertation abgeschrieben. Welche Optionen zeichnen sich für Sie
ab?
Thomas Drozda: Warten wir einmal ab. Allerdings habe ich ihn
ausgesucht, weil er mit Abstand das beste Konzept hatte. In der
Ausschreibung war ein akademischer Grad kein Kriterium. Auch Herbert
von Karajan, Ioan Holender und Gustav Mahler waren keine Akademiker.
Insofern sehe ich der Entscheidung der Universität mit gelassener
Erwartung entgegen.
SN: Egal wie das Gutachten ausfällt – Sie werden Bogdan Roščić
behalten?
Thomas Drozda: Ich mag keine Was-wäre-wenn-Fragen. Nur so viel: Er
genießt mein uneingeschränktes Vertrauen.
SN: In Ihrer kurzen Amtszeit ist viel gelungen – Burgtheater und
Staatsoper neu besetzt, Weißbuch für Museen, Haus der Geschichte
redimensioniert, Sammlung Essl zur Albertina, neue Struktur für
Festspiele Erl. Was ist Ihnen wichtig?
Thomas Drozda: Wir haben dafür gesorgt, dass kleine und mittlere
Kulturinitiativen mehr Geld als bisher bekommen. Nach dem Prinzip
„artists first“ haben wir Stipendien erhöht. Wenn man
Einzelförderungen betrachtet, sei es für Literatur, bildende Kunst
und darstellende Kunst, ist man fast versucht, wie Grillparzer zu
sagen: „Es ist ein gutes Land.“
Ich freue mich über die Teilnahme bei den Filmfestspielen Cannes
(Michael Haneke mit „Happy End“, Anm.) und Locarno (Astrid Johanna
Ofner mit „Abschied von den Eltern“). Die Kommissärin für die
Architekturbiennale 2018 ist bestellt (Verena Konrad aus Vorarlberg),
und ich werde die nächste Kunst-Biennale in Venedig besetzen und
Organisation vom Inhalt trennen.
SN: Und Salzburger Festspiele?
Thomas Drozda: Ja, auch deren Budget haben wir erhöht. Und ich muss
sagen: Als ich das Programm 2017 gelesen habe, war ich wie im Himmel.
SN: Was gefällt Ihnen so gut?
Thomas Drozda: Die gesamte Programmierung, die Idee mit William
Kentridge, mit Shirin Neshat, dass sich Markus Hinterhäuser selbst
auf die Bühne setzt und Klavier spielt, dass Andreas Kriegenburg
endlich in Österreich Oper inszeniert. Auch das Schauspielprogramm
finde ich sehr gut. Wenn man das durchblättert, kommt man zum
Schluss: Besser kann man das nicht machen.
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