153 Gesetzesbeschlüsse, davon ein Drittel nach Koalitions-Aus
Utl.: 153 Gesetzesbeschlüsse, davon ein Drittel nach Koalitions-Aus =
Wien (PK) - Das abgelaufene Parlamentsjahr endet, wie es begonnen
hat: Der Nationalrat tritt zusammen, um ein Gesetz für einen
Wahltermin zu beschließen. War es im vergangenen Herbst die
Verschiebung der Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl, sind
es jetzt, bei Tagungsende, Neuwahlen. Nach einigen medial
ausgerufenen Regierungskrisen, einem neu ausverhandelten
Regierungsprogramm im Jänner, einem zurückgetretenen Vizekanzler samt
anschließendem Koalitions-Aus im Mai sowie 153 Gesetzesbeschlüssen
später wird die laufende XXV. Gesetzgebungsperiode vorzeitig beendet.
Der Nationalrat beschließt am 13. Juli seine Auflösung, am 15.
Oktober wird das Parlament neu gewählt.
Zusammengetreten ist der Nationalrat zwischen September 2016 und Juli
2017 52 Mal. Hinzu kommen in dieser Tagung 148 Ausschusssitzungen, 18
Unterausschusssitzungen sowie 18 Sitzungen des Hypo- und Eurofighter-
Untersuchungsausschusses. Die Abgeordneten haben dabei 153 Gesetze
beschlossen, 24 Staatsverträge genehmigt und 9 Bund-Länder-
Vereinbarungen zugestimmt. Rund 35% der Beschlüsse, und damit fast
doppelt so viele wie im vorangehenden Parlamentsjahr, fielen
einstimmig aus. Während es im Jänner kein einziges Gesetz im Plenum
zur Abstimmung schaffte, wurden nach dem Regierungsbruch 51 und damit
ein Drittel aller Gesetze an nur zwei Tagen im Juli beschlossen.
Vom neuen Regierungsprogramm zum freien Spiel der Kräfte
In der ersten regulären Nationalratssitzung im September 2016 wird
die Verschiebung der Bundespräsidenten-Stichwahl auf den 4. Dezember
beschlossen. Eingebracht hatten das dafür notwendige Gesetz zuvor
SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS in einer FPÖ-Sondersitzung zum Thema
Flüchtlinge. Als Reaktion auf die Stichwahl-Aufhebung und die Kleber-
Panne bei den Wahlkarten-Kuverts wird dann im November ein kleines
Wahlrechtspaket verabschiedet, das u.a. ein zentrales Wählerregister
bringt. Abgeschlossen werden im Parlament außerdem die
Budgetverhandlungen für 2017 mit einer Rekordsumme von 3,47 Mrd. €
für die innere Sicherheit. Bis Dezember bleibt die Bundespräsidenten-
Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und dem Dritten
Nationalratspräsidenten Norbert Hofer dann das vorherrschende
innenpolitische Thema.
Vor Weihnachten werden 200 Mio. € für den Ausbau der medizinischen
Primärversorgung, der flächendeckende Ganztagsschul-Ausbau bis 2025,
eine monatliche Entschädigungszahlung für Kriegsgefangene und der
Pensionshunderter beschlossen. Der Pflegefonds wird bis 2021
verlängert, Hitlers Geburtshaus enteignet und die Bankenabgabe
gesenkt. Außerdem einigt man sich mit den Ländern und Gemeinden auf
den neuen Finanzausgleich zur Verteilung des Steuerkuchens während
der kommenden fünf Jahre.
Nach einem Dauerwahlkampf hat Österreich am 26. Jänner 2017 einen
neuen Bundespräsidenten. Alexander van der Bellen wird von der
Bundesversammlung als 9. Staatsoberhaupt der Zweiten Republik im
Historischen Sitzungssaal des Parlaments angelobt. Über ein halbes
Jahr hatte zuvor das Nationalratspräsidium als Kollegium
interimistisch die Funktionen des Bundespräsidenten übernommen. Van
der Bellen appelliert in seiner Rede an die Einigkeit und bekennt
sich zu einem gemeinsamen Europa. Er will ein Bundespräsident für
alle ÖsterreicherInnen sein, auch für jene, "die ihre Smartphones
lieben".
Gleich am nächsten Tag verschiebt Bundeskanzler Christian Kern seine
Reise nach Israel sowie Palästina und damit seine Deadline für ein
angekündigtes Update des Regierungsprogramms. Die Verhandlungen über
ein neues Arbeitsprogramm bis zum regulären Ende der
Legislaturperiode im Herbst 2018 dauern über das ganze Wochenende an.
Zu dieser Zeit ist nicht ausgeschlossen, dass die Koalition platzt.
Am Sonntagabend des 29. Jänner wird die Einigung verkündet, zwei Tage
später im Nationalrat erklärt. Bundeskanzler Christian Kern und
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner präsentieren ein 36-seitiges
Arbeitsprogramm, das in den nächsten eineinhalb Jahren abgearbeitet
werden soll. Darunter ein Beschäftigungsbonus, die Abschaffung der
kalten Progression, die Erhöhung der Forschungsprämie, ein
verpflichtendes Integrationsjahr für Flüchtlinge und ein Burka-
Verbot. Besiegelt wird das neue Übereinkommen in der Regierung mit
der Unterschrift aller MinisterInnen, im Parlament wird dazu mit den
Stimmen aller Koalitions-Abgeordneten eine Entschließung gefasst.
Im Februar erliegt Gesundheits- und Frauenministerin Sabine
Oberhauser ihrem Krebsleiden, Pamela Rendi-Wagner wird neue
Ressortchefin. In einer Sondersitzung im März bringen Grüne und FPÖ
das Verlangen für einen Eurofighter-Untersuchungsausschuss ein. Im
selben Monat wird der Kündigungsschutz für ältere ArbeitnehmerInnen
gelockert, die Gründung von Ein-Personen-Unternehmen vereinfacht und
der Eurofighter-Untersuchungsausschuss auf Grundlage des neuen
Minderheitsrechts eingesetzt. Eingeführt wird zudem ab 2018 ein
gesetzliches Spekulationsverbot für den Bund, der zweiphasige
parlamentarische Budgetprozess - mit dem Bundesfinanzrahmen im
Frühjahr und dem Bundesfinanzgesetz im Herbst - wird unter
Oppositionsprotest vorerst für zwei Jahre auf eine Debatte im Herbst
zusammengezogen. Fixiert wird außerdem die Halbierung der Flugabgabe.
Ende März wechselt NEOS-Abgeordneter Christoph Vavrik in den ÖVP-
Klub. Mit ihm hat der schwarze Klub ab diesem Zeitpunkt 51
MandatarInnen und damit nur mehr ein Mandat weniger als die SPÖ. Die
NEOS schrumpfen auf acht Mandate. Zeitgleich verabschiedet sich
Abgeordneter Niko Alm von den Pinken in Richtung Privatwirtschaft,
für ihn rückt Claudia Doppelbauer nach.
Im Vorfeld eines EU-Sondergipfels gibt die Regierung im April eine
Erklärung zum Brexit ab. Kern und Mitterlehner schließen höhere EU-
Beitragszahlungen Österreichs nach dem Austritt Großbritanniens aus
der EU aus. Zudem setzt der Nationalrat infolge des von
Nationalratspräsidentin Doris Bures initiierten Staatsakts "Geste der
Verantwortung" vom November des Vorjahres einen konkreten,
gesetzlichen Schritt. Misshandelte Heim- und Pflegekinder erhalten in
Zukunft eine monatliche Rente von 300 €. Auf der Tagesordnung steht
im April-Plenum außerdem das umstrittene Versammlungsrecht mit
Schutzzonen, einer längeren Frist für Demo-Anmeldungen und das Aus
für ausländische Wahlkampfauftritte. Entzündend hatte sich die
Debatte darüber aufgrund des zuvor stattfindenden türkischen
Verfassungsreferendums.
Es folgt das Monat der politischen Brüche. In einer kurzfristig
einberufenen Pressekonferenz kündigt Vizekanzler Reinhold
Mitterlehner am 10. Mai seinen Rücktritt aus allen politischen Ämtern
an. Nur zwei Tage später tritt Außenminister Sebastian Kurz vor die
Presse und spricht sich für vorgezogene Neuwahlen aus. Das Angebot
von Kanzler Kern, mit ihm eine Reformpartnerschaft einzugehen, lehnt
er ab, die Frage über die ÖVP-Obmannschaft lässt er offen, das
Koalitions-Aus ist definitiv. Tags darauf wird Kurz samt seiner
Bedingungen zum neuen Parteiobmann designiert. Er erhält eine eigene
"Liste Sebastian Kurz" bei der vorgezogenen Neuwahl, die ÖVP wird
nicht mehr unter ihrem alten Parteinamen antreten.
Neuer Vizekanzler wird Justizminister Wolfgang Brandstetter, der
bisherige Staatssekretär Harald Mahrer übernimmt das
Wirtschaftsressort. In seiner Erklärung zur Situation der
Bundesregierung Mitte Mai ruft der Bundeskanzler zum "freien Spiel
der Kräfte" im Nationalrat auf. Die Stimmung im Plenum ist
aufgeladen, die Debatte gespickt mit gegenseitigen Angriffen,
lautstarken Zwischenrufen und dem Appell, trotz allem
weiterzuarbeiten. Die Freiheitlichen fordern, der gesamten Regierung
das Vertrauen zu entziehen, ein weiterer Misstrauensantrag wird von
den Grünen eingebracht. Er richtet sich gegen den "Sprengmeister der
rot-schwarzen Bundesregierung" Wolfgang Sobotka. Beide
Oppositionsfraktionen bleiben aber ohne Erfolg.
Am selben Tag wird im Plenum nichts Geringeres beschlossen als das
Integrationspaket. Anerkannte Flüchtlinge müssen künftig ein
Integrationsjahr absolvieren, verpflichtende Deutsch- und Wertekurse
inklusive. Nach langem Tauziehen wird damit auch das kontrovers
diskutierte Burka-Verbot Realität. Die Gemeinden bekommen zusätzliche
175 Mio. € für Infrastrukturprojekte, außerdem wird die Grundumlage
für Mitglieder der Wirtschaftskammer gesenkt. Für die
Gewerbeordnungsnovelle heißt es im Plenum zurück an den Start. Keine
24 Stunden später zieht sich die langjährige Klubobfrau der Grünen
Eva Glawischnig-Piesczek von all ihren Ämtern aus der Politik zurück,
neuer Grüner Klubobmann wird Albert Steinhauser, ihr
Nationalratsmandat bekommt Barbara Neuroth.
Anfang Juni wird eine Erhöhung der Studienbeihilfe um ca. 18%
beschlossen. Im Parlament liegen zu dieser Zeit bereits einige
prominente Regierungsvorlagen wie das Fremdenrechtspaket, die Reform
der Privatinsolvenz und die kleine Ökostromnovelle, um deren Einigung
bzw. notwendige Zweidrittelmehrheit noch gerungen wird. Die Stimmen
der Grünen oder der FPÖ braucht die Regierung auch bei der
angekündigten Bildungsreform, die dann Mitte Juni so gut wie vor dem
Aus steht. Die Grünen verlangen eine Modellregion zur Gesamtschule in
Vorarlberg, die NEOS machen mit einer Sondersitzung Druck.
Das Nationalrats-Finale Ende Juni bringt dann einige Überraschungen.
Trotz ausgerufener Neuwahlen gehen in einem zweitätigen
Sitzungsmarathon nicht weniger als 51 Gesetze durch das Plenum,
darunter gewichtige Materien wie die Neugestaltung der heimischen
Grundversorgung mit ärztlichen Primärversorgungszentren, eine
Frauenquote von 30% in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen,
die Anhebung der Forschungsprämie auf 14% und eine Strafgesetznovelle
mit einem Staatsfeinde-Paragraphen. Beschlossen wird außerdem eine
abgeschlankte Novelle zum Datenschutzgesetz und eine neue
Bundessportförderung. SPÖ und ÖVP einigen sich auch in Sachen
Fremdenrechtspaket und bei der Privatinsolvenzreform, die Grünen
gehen bei der Bildungsreform mit.
Buchstäblich in letzter Minute verständigen sich die Abgeordneten
außerdem auf die Novellierung des Ökostromgesetzes und eine
umfassende Reform der Gewerbeordnung. Kurzfristig wird von der SPÖ
und der ÖVP außerdem die Abschaffung des Pflegeregresses auf die
Tagesordnung gesetzt.
Als einzig gescheitert gilt damit die Abschaffung des
Amtsgeheimnisses. Der gut drei Jahre alte Regierungsentwurf wird
voraussichtlich einfach verfallen. Auch für die Abschaffung der
Kalten Progression sieht es nicht gut aus. Schon für April hatte Hans
Jörg Schelling in einer NEOS-Dringlichen einen entsprechenden Entwurf
angekündigt. Bis dato liegt keine Regierungsvorlage im Parlament.
Zum parlamentarischen freien Spiel der Kräfte kommt es letztendlich
zweimal: Bei der Uni-Finanzierung stimmt die SPÖ gegen die ÖVP und
beschert den Universitäten zusammen mit den Grünen ein Budgetplus von
1,35 Mrd. €. Die ÖVP wollte daran die Studienplatzfinanzierung
knüpfen und im September darüber verhandeln. Die bisherige
Koalitionslinie verlässt die SPÖ zudem ein zweites Mal mit einem
Fristsetzungsantrag zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche
Paare, den sie gemeinsam mit den Grünen und den NEOS einbringen. Für
eine Mehrheit im Nationalrat in Sachen Homo-Ehe reicht es aber in
diesem Parlamentsjahr nicht.
6 Dringliche, 8 Kurze Debatten, 3 Sondersitzungen
Während der Nationalratssitzungen wurde das Interpellationsrecht von
den Abgeordneten vergleichsweise zurückhaltend genutzt. Auf
ausschließliches Verlangen der Opposition - mit einmaliger Ausnahme
von der SPÖ im Fall der Fristsetzung in Sachen Homo-Ehe - fühlten die
Abgeordneten der Regierung in 6 Dringlichen Anfragen bzw. Anträgen
und 8 Kurzen Debatten auf den Zahn. Sondersitzungen gab es zwischen
September 2016 und Juli 2017 3. Darin haben die Freiheitlichen
Kanzler Kern Asyl-Zahlentricksereien vorgeworfen, die Grünen die
Startbahn für den Eurofighter-Untersuchungsausschuss gelegt und die
NEOS in Sachen Bildungsreform Druck gemacht.
Aktuelle Stunden wurden 10 abgehalten, u.a. zu den Themen ORF,
Terrorismusbekämpfung, leistbares Wohnen oder Elite-Unis für alle.
Hinzu kommen 4 Aktuelle Europastunden und 7 Fragestunden. Ebenso in
der Statistik vermerkt: Der Nationalrat hat 16 Berichte der Regierung
sowie der Volksanwaltschaft in Verhandlung genommen.
Rechnungshofberichte gingen 33 durch das Plenum. Stichwort
Rechnungshof: Ihren ersten Auftritt im dazugehörigen Ausschuss hat
Margit Kraker als neue Rechnungshofpräsidentin Mitte September
absolviert.
Der Nationalrat hat außerdem 7 Erste Lesungen abgehalten, darunter
einige über Parlamentarismus-Anliegen der Opposition: nämlich
parlamentarische Ausschüsse sowie Enqueten öffentlich zu machen, die
Einbringung von Bürgerinitiativen zu erleichtern sowie den
Petitionsausschuss des Nationalrats aufzuwerten. In Sachen Parlament
hat der Nationalrat außerdem eine 6-Parteien-Entschließung gefasst.
Geht es nach den Fraktionen, sollen die BürgerInnen in Zukunft
verstärkt via Crowdsourcing in den Gesetzgebungsprozess eingebunden
werden. Ein erstes Pilotprojekt könnte 2018 starten, wird es
umgesetzt, wäre das ein erstes konkretes Ergebnis aus der
parlamentarischen Enquete-Kommission zur "Stärkung der Demokratie in
Österreich", die zwischen September 2014 und September 2015
stattgefunden hat.
CETA/TTIP-Volksbegehren: Mehr als eine halbe Million Unterschriften
Seit dem letzten Tagungsende haben es 13 Bürgerinitiativen, 24
Petitionen und das CETA/TTIP-Volksbegehren ins Parlament geschafft.
Die beiden Freihandelsabkommen stehen dabei auf der Liste der Top-
Parlamentsthemen 2016/2017 ganz oben. Bereits im September wird zu
den umstrittenen Handelsabkommen nämlich eine parlamentarische
Enquete abgehalten, in der EU-Kommissarin Malmström insbesondere für
CETA wirbt. Dasselbe macht tags darauf auch Kanadas Handelsministerin
Chrystia Freelan, als sie dem Hohen Haus einen Besuch abstattet. Nach
etlichen Diskussionen in den EU-Ausschüssen, Dringlichen Anfragen
oder Kurzen Debatten fällt dann der Startschuss für die
parlamentarischen Verhandlungen über das CETA/TTIP-Volksbegehren im
Nationalrat, das mehr als eine halbe Million ÖsterreicherInnen
unterschrieben haben.
CETA ist mittlerweile zwischen Kanada und der EU vereinbart und soll
kommenden September vorläufig in Kraft treten. Zumindest jene Teile
des Handelsabkommens, die in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen.
Vollständig umgesetzt werden kann CETA erst, wenn das Abkommen von
allen EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert ist. Die mehr als 500.000
Unterschriften im CETA/TTIP-Volksbegehren spiegeln dabei auch die
Stimmung im Parlament wider: nur ÖVP und NEOS sehen Vorteile, die
anderen Fraktionen zeigen sich skeptisch bis vollkommen ablehnend. In
Sachen TTIP ist sich das Parlament mit Ausnahme der NEOS zur Zeit
allerdings so gut wie einig. SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und das Team
Stronach haben noch vor dem Sommer in einer Resolution klar gemacht,
dass sie gegen eine Fortsetzung der TTIP-Verhandlungen mit dem
derzeitigen Mandat sind.
Unter den Bürgeranliegen, die seit ihrer Einbringung die häufigsten
Unterstützungserklärungen auf der Parlamentswebsite gesammelt haben,
ist mit rund 12.500 elektronischen Unterschriften eine Petition, die
sich für Psychotherapie auf Krankenschein einsetzt. Bei den
Bürgerinitiativen sticht jene für medizinisches Cannabis heraus. Sie
liegt seit Mai im Parlament und zählt mit 2.500 Unterschriften zu den
am häufigsten unterstützten Initiativen in dieser Tagung.
Rückenwind vom Nationalrat hat zudem eine Bürgerinitiative zum
Gedenken österreichischer Opfer der Shoah in Weißrussland bekommen.
Eine Entschließung an die Regierung zur Finanzierung eines würdigen
Denkmals fiel dabei einstimmig aus.
Das war im vergangenen Tagungsjahr aber nicht die einzige Resolution,
mit der die Parlamentsfraktionen gemeinsam an die Regierung
herangetreten sind. Einig ist sich das Parlament nämlich ebenfalls,
wenn es um die Erklärung von IS-Verbrechen als Völkermord oder das
Nein zu grenznahen Atommüllagern geht. Insgesamt erhielt die
Bundesregierung in 45 Entschließungen Arbeitsaufträge vom
Nationalrat, in denen er sich u.a. für stärkere Maßnahmen gegen Hass
im Netz ausgesprochen hat.
Angesichts der immer schwieriger werdenden Menschenrechtslage in der
Türkei wurde außerdem eine überparteiliche Erklärung zur Freilassung
von Oppositionsabgeordneten und ein Aussetzen der EU-
Beitrittsverhandlungen unterzeichnet. Zu einer zweiten gemeinsamen
Erklärung kam es außerdem angesichts der dramatischen humanitären
Lage und der Fortsetzung des grausamen Bürgerkriegs in Syrien.
468 Gesetzesinitiativen der Parlamentsfraktionen
Ihre politischen Forderungen haben die Parlamentsfraktionen seit
Tagungsbeginn in 468 Gesetzesanträge und Resolutionsentwürfe
gegossen. Mit rund 170 Anträgen haben die Grünen die NEOS in dieser
Tagung vom Podest gestoßen, wobei berücksichtigt werden muss, dass
einige von ihnen gemeinsam mit anderen Fraktionen eingebracht wurden.
Die Pinken kommen wie die Freiheitlichen auf knapp über 100, das Team
Stronach hat 61 Anträge eingebracht. SPÖ und ÖVP haben jeweils über
50 Initiativen eingebracht, die entweder als gemeinsame
Koalitionsanliegen oder als Mehrparteienanträge zusammen mit der
Opposition auspaktiert wurden.
Während zig Dutzend Oppositionsanträge in den Fachausschüssen
entweder vertagt oder abgelehnt wurden, haben es einige Vorschläge
von FPÖ, Grünen, NEOS sowie dem Team Stronach trotzdem ins Plenum
geschafft. Zumindest in abgeänderter Form wurden ihre Resolutionen
etwa zur Frauenförderung in der heimischen Filmbranche, zur Stärkung
der Gebärdensprache im Unterricht oder für einen höheren Männeranteil
in pädagogischen Berufen im Nationalrat für gut befunden.
Abgeblitzt ist die Opposition u.a. mit ihren Vorschlägen, das
Pflegegeld jährlich an die Inflation anzupassen, einen bundesweit
einheitlichen Personalschlüssel für Alten- und Pflegeheime
einzurichten oder eine bundesweite Regelung für die
bedarfsorientierte Mindestsicherung zu schaffen. Nichts wird es
außerdem mit einer Nachhilfe in Sachen Menschenrechte für
Innenminister Wolfgang Sobotka oder subventionierten "Leihomas" zur
Reduzierung von Abtreibungen.
Dauerbrenner unter den Oppositionsanliegen bleiben die Zusammenlegung
der Sozialversicherungsträger und die Abschaffung der
Sonderpensionen.
Schriftliche Anfragen: Fraktionsloser Abgeordneter Rupert Doppler
ungeschlagen
Bei den schriftlichen Anfragen hat sich die Anzahl seit den letzten
Tagungen mit über 3700 auf einem zirka gleichbleibenden Niveau
eingependelt. Ungeschlagen an der Spitze der Top-Anfragesteller
bleibt der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler. Er kann rund 854
Anfragen und damit zirka doppelt so viele wie in der letzten Tagung
auf sein alleiniges Konto verbuchen. Darunter sind größtenteils
Serienanfragen, etwa zu den Kosten von Charterflügen der Regierung,
Dienstwägen der Ministerbüros, dem Budget für Regierungsinserate oder
zu Unfallschwerpunkten auf den heimischen Bundesstraßen. Geht es nach
Fraktionen, haben die Freiheitlichen mit 1.712 auch dieses Mal wieder
die meisten schriftlichen Anfragen verfasst. Absolutes Schlusslicht
ist die ÖVP mit 21. Die meistbefragten Ressorts sind das
Innenministerium (531), das Verkehrsministerium (492) und das
Gesundheitsministerium (405). Die Nationalratspräsidentin musste 10,
der Rechnungshof 5 schriftliche Anfragen beantworten.
Hypo und Eurofighter: Zwei U-Ausschüsse in einem Tagungsjahr
Der eine hat geendet, der andere wurde eingesetzt. 31 Mal ist der
Hypo-U-Ausschuss als erster Untersuchungsausschuss mit neuer
Verfahrensordnung zusammengetreten, bevor er im Herbst einen fast
1.500 Seiten starken Endbericht vorgelegt hat. Reformen, die darin
als Konsequenz aus der Hypo-Misere außer Streit stehen: ein
Insolvenzrecht für Bundesländer, eine gesetzliche Beschränkung für
Landeshaftungen und eine Reorganisation der Bankenaufsicht.
Im März nutzt die Opposition dann zum zweiten Mal ihr
Minderheitsrecht: der 23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten
Republik, in dem "die Vollziehung des Bundes betreffend das
Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende
2016" untersucht werden soll, wird eingesetzt.
Getagt hat der Eurofighter-Untersuchungsausschuss seit dem 29. März
rund 93 Stunden, in 17 Sitzungen wurden 25 Auskunftspersonen von den
18 Mitgliedern des Ausschusses unter dem Vorsitz von Zweitem
Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf befragt. Jetzt folgt der
Schlussbericht. Für die Aufklärungsarbeit standen den Abgeordneten
ca. 1,5 Millionen Seiten an Akten zur Verfügung, die von 21 Stellen
geliefert wurden.
Die Kundmachung des heute verabschiedeten Gesetzes über die Auflösung
des Nationalrats beendet die Beweisaufnahme des
Untersuchungsausschusses. Ab diesem Zeitpunkt können
Auskunftspersonen nicht mehr befragt werden.
Im neu gewählten Parlament könnte auf Verlangen eines Viertels der
Abgeordneten oder auf Antrag von fünf Abgeordneten mit
Mehrheitsbeschluss aber erneut ein U-Ausschuss eingesetzt werden, der
sich demselben Untersuchungsgegenstand widmet. So eine
Wiedereinsetzung wäre nichts Neues, in der Zweiten Republik hat es
diesen Fall bereits zweimal gegeben. Vorzeitige Wahlen im Herbst 1971
beendeten die Arbeit zweier Untersuchungsausschüsse, die dann Anfang
1972 wieder eingesetzt wurden. Die Themen: UNO-City und
Flugzeugankäufe des Bundesheeres. (Schluss) keg
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