- 06.07.2017, 17:57:32
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- OTS0231
Pflegeregress: Auch Bundesrat stimmt für Aus ab 2018
Länder dürfen künftig nicht mehr auf Vermögen von PflegeheimbewohnerInnen zugreifen
Utl.: Länder dürfen künftig nicht mehr auf Vermögen von
PflegeheimbewohnerInnen zugreifen =
Wien (PK) - Die Abschaffung des Pflegeregresses ab 2018 ist endgültig
auf Schiene. Der Bundesrat verzichtete heute darauf, gegen den
vergangene Woche vom Nationalrat im Eiltempo gefassten
Gesetzesbeschluss ein Veto einzulegen, und stimmte ausdrücklich für
die neuen Verfassungsbestimmungen, die es den Ländern künftig
untersagen, auf das Vermögen von PflegeheimbewohnerInnen und ihrer
Angehörigen bzw. ErbInnen zurückzugreifen. Zwar haben einige
BundesrätInnen Zweifel daran, dass die den Ländern im Gegenzug
zugesagten 100 Mio. € ausreichen werden, der Beschluss fiel dennoch
einstimmig.
Mit den neuen, im ASVG verankerten Verfassungsbestimmungen wird in
die Kompetenz der Länder eingegriffen, die grundsätzlich für den
Pflegebereich zuständig sind. Demnach ist es den Ländern ab Jänner
2018 generell verboten, Ersatzansprüche gegenüber den Betroffenen
geltend zu machen. Auch laufende Verfahren sind mit Jänner
einzustellen. Anderslautende landesgesetzliche Bestimmungen werden
automatisch außer Kraft gesetzt.
Eingebaut wurden die neuen Bestimmungen zum Pflegeregress in das
Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz, das mehr Rechtssicherheit in
der Frage der Abgrenzung zwischen selbständiger und unselbständiger
Erwerbstätigkeit bringt. Außerdem haben sich die Abgeordneten im Zuge
der Beratungen im Nationalrat mit breiter Mehrheit auf die
Ausstattung der E-Card mit einem Foto, kostenlose Hepatitis-Impfungen
für Mitglieder von freiwilligen Feuerwehren mit besonderem
Infektionsrisiko sowie eine bessere Anrechnung von Pensionszeiten für
ehemalige Zeitsoldaten verständigt. Für Pflegeheime ist ein neues
Medikamenten-Management vorgesehen, das Kosteneinsparungen bringen
soll.
"Gesetz ist ein Meilenstein"
Das Gesetz sei ein Meilenstein, begrüßte der Wiener Bundesrat
Reinhard Todt namens der SPÖ die Abschaffung des Pflegeregresses. Der
bestehende Eigenregress komme einer 100%igen Erbschaftssteuer gleich
und sei eine große Belastung für Betroffene und Familien. Zudem gebe
es in den Bundesländern derzeit sehr unterschiedliche Regelungen, was
den Zugriff auf das Vermögen von PflegeheimbewohnerInnen bzw. ihren
EhepartnerInnen betrifft.
Hinsichtlich der notwendigen Gegenfinanzierung warben Todt und seine
burgenländische Fraktionskollegin Inge Posch-Gruska für die
Einführung einer Erbschaftssteuer ab einer Million Euro. Es gehe
darum, dass jene einen Beitrag leisten, die es sich leisten können,
sagte Todt. Insgesamt äußerte er großes Lob für das österreichische
Pflegesystem, das es in dieser Form in keinem anderen Land der Welt
gebe.
Erfreut über die Abschaffung des Pflegeregresses zeigten sich auch
die ÖVP-BundesrätInnen Martin Preineder und Sonja Ledl-Rossmann.
Damit komme es künftig zu einer Gleichstellung aller betroffenen
Personen, unabhängig davon, ob jemand Vermögen angespart habe oder ob
er enge Familienangehörige hat, hielt Preineder fest.
Bedauern äußerte der ÖVP-Bundesrat allerdings darüber, dass nicht
eingehender über die Finanzierung geredet wurde. Es werde intensiver
Gespräche bedürfen, um diese Frage zu lösen, glaubt er. Zumal die
Länder mit unterschiedlichen Kosten rechnen würden. Neue Steuern
kommen für die ÖVP Preineder zufolge jedenfalls nicht in Frage.
Ledl-Rossmann hatte das Thema Pflege zum Schwerpunkt ihrer
Präsidentschaft im Bundesrat im ersten Halbjahr dieses Jahres
gemacht. Der Pflegeregress sei nur ein Teil des großen Themas Pflege,
an dem man intensiv weiterarbeiten müsse, hob sie hervor.
Unverständlich ist für Ledl-Rossmann, dass keine gemeinsame
Entschließung des Bundesrats zu dieser wichtigen Frage zustande
gekommen ist: Sie hält die Einsetzung einer Expertenkommission durch
die Regierung unter Einbeziehung der Länder und eine Enquete-
Kommission des Nationalrats in der nächsten Legislaturperiode nach
wie vor für dringend geboten.
Grüne erwarten zähe Verhandlungen über Finanzierung
Zustimmung zum Gesetz kam auch von den Grünen. Er könne
"Wahlschnellschüssen ohne Gegenfinanzierung" grundsätzlich zwar wenig
abgewinnen, sagte David Stögmüller, die Abschaffung des
Pflegeregresses sei aber eine lange Kernforderung seiner Fraktion.
Dass die den Ländern zugesagten 100 Mio. € reichen werden, um den
erwarteten Einnahmenausfall zu decken, bezweifelt er allerdings.
Schließlich rechne allein Vorarlberg mit Zusatzkosten von 60 Mio. €.
Auch seine Fraktionskollegin Heidelinde Reiter zeigte sich in Bezug
auf die Finanzierung skeptisch und verwies auf ausgesprochen zähe
Verhandlungen in Salzburg in der Vergangenheit. Um das Problem zu
entschärfen, plädierte Stögmüller für die Einführung einer
Vermögensteuer.
Namens der FPÖ beurteilte der Wiener Bundesrat Bernhard Rösch die
Abschaffung des Pflegeregresses als "eine gescheite Sache".
Für wenig sinnvoll erachtet Stögmüller die vorgesehene Ausstattung
der E-Card mit einem Foto. Das koste Geld und bringe nichts, wandte
er sich gegen "den fahrlässigen Umgang mit Steuergeld". Zum
Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz merkte der Grüne Bundesrat an,
es habe in den letzten Jahren auffällig viele falsche Zuordnungen
gegeben, da es für Unternehmen einfach billiger sei, auf selbständige
Beschäftigte zurückzugreifen. Nun komme es zwar zu mehr
Rechtssicherheit, das Grundproblem - verschiedene
Sozialversicherungssysteme für verschiedene Beschäftigungsgruppen -
werde damit aber nicht gelöst.
In der Debatte angesprochen wurde auch die kostenlose Hepatitis-
Impfung für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren: Sie wurde sowohl
von ÖVP-Bundesrat Preineder als auch von SPÖ-Bundesrätin Posch-Gruska
ausdrücklich begrüßt.
Von einem sozialpolitisch ganz wichtigen Tag für Österreich sprach
Sozialminister Alois Stöger. Mit der Abschaffung des Pflegeregresses
werde den Menschen die Freiheit gegeben, selber zu entscheiden, wie
und wo sie gepflegt werden, ohne dass sie fürchten müssten, dass ihr
Erspartes, ihr Lebenswerk verloren geht, bekräftigte er. Was die 100
Mio. € betrifft, die die Länder für die Abschaffung des
Pflegeregresses jährlich erhalten, meinte Stöger, das sei jene Summe,
die offiziell von den SoziallandesreferentInnen zurückgemeldet worden
sei. Wesentlich ist für den Minister auch die künftige
Rechtssicherheit bei der Zuordnung der Beschäftigten zur
Sozialversicherung. (Fortsetzung Bundesrat) gs
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