- 29.06.2017, 11:58:20
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Tiervermittlung „Neu“ im Internet: Der Tod für den Tierschutz in Österreich?
Wiener Tierschutzverein fordert sofortige Korrektur des gesetzlichen „Pallawatschs“. WTV-Präsidentin Petrovic: „Durch Pfusch und Lobbying sind legistische Fehler passiert“
Utl.: Wiener Tierschutzverein fordert sofortige Korrektur des
 gesetzlichen „Pallawatschs“. WTV-Präsidentin Petrovic: „Durch
 Pfusch und Lobbying sind legistische Fehler passiert“ =
Vösendorf (OTS) - Die Novelle des Tierschutzgesetzes zieht weiter
 ihre undurchsichtigen Kreise: Neben vielen anderen unzureichenden
 Bestimmungen, ist derzeit vor allem die Vermittlung von Tieren im
 Internet das umstrittenste Thema. Im Gesetzestext heißt es dazu wie
 folgt: „Das öffentliche Feilhalten, Feil- oder Anbieten zum Kauf oder
 zur Abgabe (Inverkehrbringen) von Tieren ist nur im Rahmen einer
 gemäß § 31 Abs. 1 genehmigten Haltung oder durch Züchter, die gemäß §
 31 Abs. 4 diese Tätigkeit gemeldet haben, sofern sie nicht auf Grund
 einer Verordnung von dieser Verpflichtung ausgenommen sind,
 gestattet. Dies gilt auch für derartige Aktivitäten im Internet.
 Ausgenommen davon ist die Vornahme solcher Tätigkeiten im Rahmen oder
 zum Zweck der Land- und Forstwirtschaft.“ Vereinfacht ausgedrückt
 bedeutet dies: Vereine, die kein Tierheim in Österreich betreiben,
 dürfen ihre Schützlinge nicht mehr im Internet anbieten. Die
 Tierschutzorganisationen benötigen eine Betriebsstätte und
 ausreichend qualifiziertes Personal, um weiterhin inserieren zu
 dürfen.
Dieser unfassbare gesetzliche Pallawatsch betrifft hunderte kleine
 private Tierschutzvereine und private Pflegestellen in Österreich.
 Diese Menschen, die fast ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis
 arbeiten, müssen nun um ihre Existenz bangen. Der Wiener
 Tierschutzverein (WTV) hat sich als größter und ältester
 Tierschutzverein bereits vor längerer Zeit solidarisch erklärt und
 selbst beim Ministerium mit dutzenden Anfragen und der Bitte um
 sofortige Änderung interveniert. „Die Antworten fielen leider
 unbefriedigend aus und waren derart unterschiedlich, dass es kein
 Wunder ist, dass die kleinen Vereine hier nicht mehr durchblicken. In
 der rot-schwarzen Koalitionsregierung herrscht diesbezüglich
 anscheinend das Motto: Denn sie wissen nicht, was sie tun …“, sagt
 WTV-Präsidentin Madeleine Petrovic.
Schlicht „verhundst“
Denn wie nun durch längere Recherche ans Licht kam, ist die Lage noch
 abstruser als anfangs angenommen: „Wie sich nun herausstellte, ging
 das Parlament selbst davon aus, dass anerkannte, kleine
 Tierschutzvereine von dem Verbot des Online-Handels ausgenommen sind
 und weiter inserieren dürfen. Dies ergibt sich aus der
 Parlamentskorrespondenz, aus den Materialen zum Gesetz und aus den
 Redebeiträgen der Abgeordneten. Aber durch Pfusch und Lobbying für
 die Landwirtschaft sowie durch die vielen Ausnahmen in der Novelle,
 die in letzter Sekunde noch hineingezwängt wurden, sind schlicht
 legistische Fehler passiert“, so Petrovic. So verweist jener
 Paragraph, welcher die Tätigkeit der Tierschutzvereine ohne Tierheim
 regelt, nicht auf jenen, der die Zulässigkeit des Online-Handels
 ermöglicht. „Das heißt, dass sich die Vollziehung und Verwaltung, die
 in den Bundeländern stattfindet, stur an den im wahrsten Sinne des
 Wortes „verhundsten“ Gesetzestext hält und sagt: Diese kleinen
 Vereine, die nicht über ein eigenes Tierheim verfügen sind ebenso wie
 alle Privatpersonen von der Online-Vermittlung ausgeschlossen. Auch,
 wenn sie nicht gewinnorientiert arbeiten“, sagt Petrovic.
Verfassungswidrig
Zur Erinnerung: Der gewerbliche Handel (Zoofachhändler), Züchter und
 die Landwirtschaft sind von dem Verbot des Feilbietens ausgenommen.
 Petrovic dazu: „Wir meinen, das ist vielfach verfassungswidrig. Es
 ist unverständlich, warum Landwirte auch mit nicht
 landwirtschaftlichen Tieren wie Katzen sehr wohl Online-Handel
 betrieben dürfen sowie auch der kommerzielle Handel und auch jene
 schwarzen Schafe der Branche, die bereits in der Vergangenheit
 negativ aufgefallen sind und bei Qualzuchten aus dem Ausland ihre
 Tiere erwerben“. Stattdessen stehen Tierschutzvereine, die niemals
 mit Gesetz in Konflikt gekommen sind, vor dem Aus ihrer Tätigkeit.
Todesstoß für Vereine
Und für die kleinen Vereine, egal ob sie sich nun im Inland um
 hilfsbedürftige Tiere kümmern oder sich der Rettung von
 Auslandstieren aus Tötungsstationen verschrieben haben, zieht sich
 die Schlinge immer enger zu. Denn das Kleinanzeigenportal
 willhaben.at, für viele dieser Organisationen das wichtigste Tool zur
 Tiervermittlung, musste aufgrund der völlig abstrusen gesetzlichen
 Lage bereits die Konsequenzen ziehen: Ab 30. Juni 2017 wird das
 Portal keine privaten Tierinserate mehr zulassen - der Todesstoß für
 die kleinen Tierschutzvereine. „Wir halten auch die Beschränkungen
 für willhaben.at für verfassungswidrig. Denn willhaben.at hat, anders
 als Gesetzgebung und Regierung, gemeinsam mit der Tierärztekammer
 bereits sehr vieles getan, um die Qualität bei Tiervermittlungen im
 Internet wesentlich anzuheben. Auch mit dem WTV steht das Portal
 regelmäßig in Kontakt“, so Petrovic.
Fehler sofort korrigieren
Der Wiener Tierschutzverein fordert die rot-schwarze
 Koalitionsregierung daher erneut auf, sich endlich diesen unfassbaren
 legistischen Fehler einzugestehen und diesen umgehend zu korrigieren.
 „Entweder sie reparieren das schleunigst, oder wir werden auf allen
 Ebenen Obstruktionspolitik machen. Wir werden bei jedem Vorhaben das
 Tiere betrifft unsere Parteistellung auf die Waagschale werfen. Dies
 tut uns zwar sehr leid, aber es bleibt uns keine andere Antwort auf
 diese organsierte Unvernunft der Politik“, so Petrovic abschließend.
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