• 28.06.2017, 10:59:21
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„Republik in Flammen“: „Menschen & Mächte“-Dokumentation über den Schattendorf-Prozess und 90 Jahre Justizpalastbrand

Am 29. Juni um 21.05 Uhr in ORF 2

Utl.: Am 29. Juni um 21.05 Uhr in ORF 2 =

Wien (OTS) - „Der Justizpalastbrand ist die große blutende Wunde der
Ersten Republik. Von da an gibt es eine gerade Linie, die über den
Februar 1934 direkt in den März 38 führt. Dieser Tag markiert einen
Wendepunkt am Weg von der Demokratie zu einem autoritären Regime“,
analysiert Zeithistoriker Gerhard Jagschitz in der „Menschen &
Mächte“-Dokumentation „Republik in Flammen – Der Justizpalastbrand
und seine Folgen“, die ORF 2 aus Anlass des 90. Jahrestages des
Justizpalastbrandes am Donnerstag, dem 29. Juni 2017, um 21.05 Uhr
zeigt. Unmittelbarer Anlass für die Ausschreitungen in Wien war ein
Gerichtsurteil gegen drei Mitglieder des rechten
Frontkämpferverbandes. Durch Gewehrschüsse dieser Männer waren bei
einem Aufmarsch des republikanischen Schutzbundes im burgenländischen
Schattendorf zwei Menschen gestorben – ein sozialistischer
Kriegsinvalide und ein siebenjähriges Kind. Im sogenannten
Schattendorf-Prozess wurden die Angeklagten von den Geschworenen
überraschend freigesprochen. Die Proteste gegen das vermeintliche
„Schandurteil“ gipfelten im Brand des Justizpalastes und dem
anschließenden Polizeimassaker. Die für die politische Entwicklung
der Ersten Republik ausschlaggebenden Ereignisse sind um 23.05 Uhr
auch Thema in „Stöckl.“ – zu Gast bei Barbara Stöckl sind u. a.
Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter und
ORF-„Bürgeranwalt“ Peter Resetarits.

Regisseur Fritz Kalteis untersucht in „Republik in Flammen“ Ursachen
und Hintergründe einer Eskalation, die im kleinen burgenländischen
Grenzort Schattendorf ihren Ausgang genommen hat. Sie hätte sich in
jedem anderen Dorf, jeder anderen österreichischen Gemeinde ebenfalls
ereignen können. Schattendorf steht hier auch stellvertretend für die
„politische Marschgesellschaft“ der Ersten Republik, für das
zunehmend verschärfte politische Klima im Land. Eine Mischung aus
Fanatismus, persönlichen und politischen Ressentiments ließ in den
1920er Jahren die Stimmung in Schattendorf gefährlich kippen. Am 30.
Jänner 1927 werden bei einer Auseinandersetzung zwischen dem
sozialdemokratischen Schutzbund und dem rechten Frontkämpferverband
zwei Menschen erschossen, darunter ein siebenjähriges Kind. Die
Täter: Angehörige der Frontkämpfer.

Die Tochter von Hieronymus Tscharmann – er war einer der Täter –
Josefa Trimmel-Tscharmann, präsentiert in der Dokumentation ihre
Sicht der Dinge. Sie meint: Die Aggression des Schutzbundes sei der
Auslöser der Ereignisse gewesen. Trimmel-Tscharmann geht es auch um
die Rehabilitation ihres Vaters und ihrer Familie: „Das waren
angesehene Leute. Und auf einmal stehen sie als Arbeitermörder da!“,
beklagt sie. Die mittlerweile verstorbene Großmutter des ehemaligen
SPÖ-Kulturministers Josef Ostermayer war damals Augenzeugin, als ihr
Bruder Josef Grössing erschossen wurde. Nur ein einziges Mal hat sie
über das Erlebte mit ihrem Enkel gesprochen.

Von wem sind die Aggressionen ausgegangen, die zu den Todesschüssen
von Schattendorf führten? Diese Frage steht auch im Mittelpunkt des
Prozesses, der im Juli 1927 beginnt und mit Freisprüchen für die
angeklagten Täter endet. Fritz Kalteis hat Teile der Verhandlung mit
österreichischen Topjuristen nachgestellt, darunter der Präsident des
Wiener Landesgerichts, Friedrich Forsthuber, und der prominente
Strafverteidiger Rudolf Mayer. Ist der Prozess fair abgelaufen oder
wurden Fakten manipuliert? Wie kam es zu den Freisprüchen? Diesen
Fragen wird erstmals in einer TV-Dokumentation nachgegangen.

Die Sozialdemokratie sah in den Freisprüchen vom 14. Juli 1927 einen
Beweis für die Klassenjustiz in Österreich. Am nächsten Tag kommt es
zu Demonstrationen, die sich zum Sturm auf den Justizpalast
ausweiten. Als die Polizei in die Menge schießt, gerät die Lage außer
Kontrolle. Österreich steht an diesem Tag am Rande des Bürgerkriegs.
In ihrem Bericht wird die Polizei den Demonstranten später vorwerfen,
von Anfang an einen Angriff auf die staatliche Ordnung geplant zu
haben. Das widerlegt der Historiker Gerhard Botz. „Erst als die
berittene Polizei die Demonstranten angreift, gerät die Lage außer
Kontrolle“, erklärt Botz.

Auch im Umgang mit der Vergangenheit steht Schattendorf symbolhaft
für die gesamte Republik. Nach NS-Zeit und Zweitem Weltkrieg wurde
der „Mantel des Schweigens“ über die Vergangenheit gebreitet. „Man
muss sich vorstellen, dass die Schützen ja noch immer im Dorf gelebt
haben“, erzählt Josef Ostermayer. Dieser „Verschwörung der Stille“
stehen gegenseitige Schuldzuweisungen auf bundespolitischer Ebene
gegenüber. Die beiden großen politischen Lager, ÖVP und SPÖ,
benannten den jeweils anderen als Auslöser der Eskalation. Eine von
politischen Emotionen freie Auseinandersetzung mit den Ursachen und
Auswirkungen des Justizpalastbrandes blieb dabei auf der Strecke. Ist
die Betrachtung der Geschichte noch heute eine Frage der
Lagerzugehörigkeit? Sind die Gräben, die zu den Schüssen von
Schattendorf und zum Brand des Justizpalastes geführt haben,
tatsächlich überwunden? Oder tun sich jetzt neue auf? Auch diesen
Fragen geht die Dokumentation nach.

Nähere Infos zur „Menschen & Mächte“-Dokumentation – einer
Auftragsproduktion der Metafilm für den ORF in Kooperation mit dem
BMB, gefördert vom Zukunftsfonds der Republik Österreich und
Burgenland Kultur – sind unter http://presse.ORF.at abrufbar.

„Republik in Flammen“ ist nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage als
Video-on-Demand abrufbar und wird auch als Live-Stream auf der
ORF-TVthek (http://TVthek.ORF.at) angeboten.

Das gesamte TV-Angebot des ORF – ORF eins, ORF 2, ORF III, ORF SPORT
+ sowie 3sat – ist auch im HD-Standard zu empfangen. Alle
Informationen zum ORF-HD-Empfang und zur Einstellung der neuen
HD-Angebote finden sich auf der Website hd.ORF.at, die
ORF-Service-Hotline 0800 / 090 010 gibt kostenfrei aus ganz
Österreich persönliche Hilfestellung.

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