• 20.06.2017, 10:05:12
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  • OTS0047

Katastrophale Prüfungssituationen an der TU Wien

Mit einer Durchfallsrate von 97% beim ersten Test macht die Übung Mechanik 2 auf sich aufmerksam. Von Seiten der TU wurde jahrelang nichts unternommen.

Utl.: Mit einer Durchfallsrate von 97% beim ersten Test macht die
Übung Mechanik 2 auf sich aufmerksam. Von Seiten der TU wurde
jahrelang nichts unternommen. =

Wien (OTS) - Weniger als drei Prozent der Studierenden in den
Bachelorstudien Maschinenbau beziehungsweise
Wirtschaftsingenieurwesen - Maschinenbau schließen ihr Studium
innerhalb der Toleranzstudiendauer (7 Semester) ab.
Maßgeblich verantwortlich für diese katastrophalen Abschlussraten
sind unter anderem die Lehrveranstaltungen Mechanik 1 und 2. Alleine
bei einem Test werden seit Jahren über 90 Prozent der Studierenden
negativ bewertet. Dieses Semester gipfelte es bei einer
Durchfallsrate von 97 Prozent. Trotz zahlreicher Gespräche im letzten
Jahrzehnt zwischen der Studienvertretung und der
Lehrveranstaltungsleitung hat sich die Situation stetig
verschlechtert. Andreas Potucek vom HTU Vorsitzteam erläutert: “Durch
scheinbar willkürliche Beurteilungen, Korrekturzeiten, welche die
gesetzlich vorgeschriebene Maximaldauer um das Doppelte
überschreiten, persönliche Angriffe gegenüber Studierenden und hohem
psychischen Druck während den Prüfungen werden Studierende aktiv an
ihrem Abschluss gehindert.”

Zu kritisieren ist auf jeden Fall die Beurteilung der
Prüfungsleistung. Folgefehler führen zum Verlust der gesamten Punkte
für ein Beispiel und damit über den angeblich unabhängigen Unterpunkt
hinaus. Die Argumentation der Lehrenden, dass das gesamte Stoffgebiet
grundlegend nicht verstanden wurde, selbst wenn der richtige
Lösungsweg gewählt wurde, ist nicht nachvollziehbar.
Flüchtigkeitsfehler sind bei einer Testzeit von 45 Minuten kein
Wunder. Diese Zeit reicht kaum aus um die beiden Testbeispiele
vollständig durchzurechnen, eine abschließende Korrektur von Seiten
der Studierenden ist nahezu unmöglich. Erschwerend kommt hinzu, dass
in den vorangegangenen Übungseinheiten die Studierenden kaum auf den
Teststoff vorbereitet werden.

Obwohl seit geraumer Zeit seitens der Studierenden Kritik an der
Wissensvermittlung in der Mechanik Übung geäußert wird, hat dies in
den letzten Jahren zu keiner signifikanten Verbesserung des Modus
geführt. So wird zum Beispiel die Übung in Großgruppen abgehalten,
bei denen jedes Jahr fast ausschließlich die selben Beispiele
vorgebetet werden. Desweiteren ist auch der Umfang der angebotenen
Beispiele zu kritisieren, da in den Übungen lediglich 22
unterschiedliche Beispiele besprochen werden - in einem Fachbereich,
in dem die Lehrveranstaltungsleitung selbst es für essenziell hält,
das mechanische Verständnis durch “praktisches” Anwenden zu
vertiefen. Dabei gibt es in den gleichen Studiengängen sehr wohl
Ansätze von anderen Instituten, die bereits seit Jahren mit ähnlichen
Studierendenzahlen eine qualitativ hochwertige Übung anbieten. Abd El
Hamid Lashin vom HTU Vorsitzteam merkt weiteres an: “Studierende
werden auf Grund der weit überzogenen Korrekturzeiten, die mehr als
das doppelte der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von vier
Kalenderwochen betragen, an der Absolvierung des Studiums gehindert.
Die Ergebnisse des letzten Tests der Übung “Mechanik 1”, welche nur
im Wintersemester absolvierbar ist, vom 5. April sind erst gestern
veröffentlicht worden. Ohne dieses Zeugnis dürfen die Studierenden
nicht zur jeweiligen Vorlesungsprüfung in Mechanik antreten, die laut
Studienplan ebenfalls im gleichen Semester absolviert werden sollte.+
Oft sind diese Prüfungen auch die letzten, die für den Abschluss des
Bachelorstudiums noch absolviert werden müssen.”

Dieser Zeitverlust bringt die Studierenden in finanzielle Bedrängnis.
Beihilfen fallen weg, Studienbeiträge müssen bezahlt werden und viele
müssen neben dem Studium noch mehr arbeiten. Dadurch wird der
Studienabschluss immer weiter nach hinten verschoben.
Außerdem ist der harsche Umgangston der Professoren und Assistenten
nicht tragbar. Abd El Hamid Lashin schildert: “Während der Tests
werden teilweise die Prüfungsbögen kommentarlos als Schummelversuch
markiert, bei E-Mail Anfragen wartet man oft vergeblich auf eine
Antwort und wenn die Professoren auf die hohen Durchfallsraten
angesprochen werden, rechtfertigen sie sich mit dem sinkenden
Bildungsniveau der Studierenden. Verbesserungsbedarf in ihrer
Lehrveranstaltung sehen sie jedoch nicht.”
Andreas Potucek führt weiter aus: “Bei der Einsicht für die Tests
wartet man teilweise bis zu drei Stunden, um dann eine schnippische
Antwort auf eine inhaltliche Frage zu bekommen oder vor den
Mitstudierenden angebrüllt zu werden.”
Diese Umstände setzten die Studierenden so weit unter Druck, dass
mehrere in psychologische Behandlung gehen müssen. Bei der
psychologischen Studierendenberatung ist diese Gruppe von
Lehrveranstaltungen bereits bekannt.

Abd El Hamid Lashin sagt: “Diese Situation am Institut für Mechanik
und Mechatronik ist an der gesamten Technischen Universität bekannt.
Sowohl Institutsvorstand, Studiendekan, sowie das Rektorat selbst
wissen seit mehreren Jahren von den katastrophalen Umständen. Dennoch
wurde nichts zur Verbesserung der Situation unternommen.” Von Seiten
der Studierendenvertretung wurde seit Jahren versucht, konstruktive
Lösungsvorschläge einzubringen, die jedoch ignoriert wurden.
Beispielsweise würde eine Verlängerung der Testzeit - damit auch bei
etwaigen Fehlern in der Berechnung eine Korrektur dieser möglich ist
- die Prüfungssituation der Studierenden wesentlich verbessern. Durch
eine besser nachvollziehbare Unterstruktur der Beurteilung könnte das
Wissen der Studierenden besser abgebildet und der Willkür bei der
Bewertung etwas entgegengesetzt werden. Andreas Potucek merkt an:
“Diese Verbesserungsvorschläge sind nicht neu, sondern werden der
Lehrveranstaltungsleitung schon seit Jahren mitgeteilt. Doch die
Studienvertretung trifft hier auf taube Ohren. Anscheinend sind sich
diese Lehrenden ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht
bewusst.”

Der zweite Übungstest zu Mechanik 2 findet diesen Mittwoch statt. Es
ist daher zu hoffen, dass nun endlich von Seiten der TU Wien
entsprechende Schritte gesetzt werden.

Die HTU Wien (Hochschülerinnen und Hochschülerschaft an der
Technischen Universität Wien) ist die gesetzliche
Interessensvertretung der Studierenden an der TU Wien.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | HTU

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