- 19.06.2017, 16:29:57
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Wieder ein Mord an einer Frau
AÖF fordert, die Lücken im Opfer- und Gewaltschutz zu schließen
Utl.: AÖF fordert, die Lücken im Opfer- und Gewaltschutz zu
schließen =
Wien (OTS) - Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser ist
zutiefst erschüttert über den gestrigen Mord an einer 31-jährigen
Frau und Mutter dreier Kinder durch den eigenen Lebenspartner in
Graz. Auch diesmal mussten Kinder die Tat an der Mutter direkt
miterleben. Der Mann war bereits polizeibekannt und es gab mehrere
Wegweisungen und Betretungsverbote, dennoch wurde der Täter nicht in
Haft genommen. Dennoch musste eine Frau ihr Leben verlieren.
Wir wissen, dass Gewalttäter Wiederholungstäter sind und dieser
tragische Gewaltvorfall zeigt erneut deutlich auf, dass das
Gewaltschutzgesetz ohne weitere verpflichtende täterbezogene
Maßnahmen nicht greift. Wir fordern daher ein verpflichtendes
Antigewalttraining direkt nach der ersten Wegweisung und bei schwerer
Gewalt die Verhängung der Untersuchungshaft.
Zwar traten vor 20 Jahren die Gewaltschutzgesetze (Betretungsverbot
und Wegweisung) in Kraft und es wurden bundesweit Gewaltschutzzentren
errichtet. Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt an Frauen in Österreich
sehr hoch: Jede 5. Frau ab ihrem 15. Lebensjahr ist von körperlicher
und/oder sexueller Gewalt betroffen (Quelle: Erhebung der Agentur der
Europäischen Union für Grundrechte zu geschlechtsspezifischer Gewalt
gegen Frauen, 2014) und es gibt viele gravierende Lücken und Defizite
im Gewalt- und Opferschutz.
Jährlich werden darüber hinaus schätzungsweise 20-30 Frauen von ihren
eigenen Partnern ermordet. Auch wenn es vorher mehrere Hinweise auf
Gewalt, Morddrohungen sowie Gefahrenmeldungen an Polizei und Justiz
gegeben hat, konnten diese Morde nicht verhindert werden. Viele
gefährliche und polizeibekannte Gewalttäter werden von der Justiz auf
freiem Fuß angezeigt oder freigesprochen, anstatt in U-Haft zu
kommen, und können somit Morde und Mordversuche planen und umsetzen.
Und wenn betroffene Frauen den Mut aufbringen, Anzeige gegen ihre
Misshandler zu erstatten, kommen viele ohne Verurteilung und Strafe
davon.
Empört sind wir auch über die unsensible und verharmlosende
Berichterstattung in den Medien bei Gewalt an Frauen und Kindern. Sie
negieren meist den tatsächlichen Hergang sowie gesellschaftliche
Hintergründe von Gewalt gegen Frauen (siehe
https://www.ots.at/redirect/tt). Obwohl es sich um Mord und schwere
Gewalt handelt wird immer noch von „Streit“ gesprochen.
Formulierungen wie „Das Paar soll immer wieder gestritten haben“ oder
„Beziehungsstreit“ verschleiern die eigentliche Gewalttat. Wenn ein
Täter bereits mehrmals weggewiesen wurde, gab es hier offensichtlich
schon mehrere gewalttätige Handlungen des Mannes gegen die Frau –
also keineswegs ein harmloser „Streit“. Diese Wortwahl verschleiert
die Täterschaft des Mannes bzw. das Faktum, dass der Angriff von ihm
ausging. Der Artikel vernachlässigt zudem traditionelle
Männlichkeitsbilder und die historisch gewachsene Ungleichstellung
von Männern und Frauen, die bis heute den Boden für Gewalt nähren.
Daher appelliert der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
dringend an die Verantwortlichen der Medien, die meinungs- und
bewusstseinsbildende Funktion von Sprache zu beachten und eine
entsprechend sensible Berichterstattung zu Gewalt gegen Frauen zu
wählen.
Empfehlungen für eine verantwortungsvolle Berichterstattung gibt es
auf der Website des Vereins AÖF zum Download:
http://www.aoef.at/index.php/presse/verantwortungsvoll-berichten
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