• 07.06.2017, 14:11:32
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Nationalrat: Stöger wirbt um Unterstützung für Aktion 20.000

Vorwahlkampfdebatte über Bürokratieabbau, Bildungsreform und Sozialpolitik

Utl.: Vorwahlkampfdebatte über Bürokratieabbau, Bildungsreform und
Sozialpolitik =

Wien (PK) - Das von der SPÖ gewählte Thema "Arbeit für Österreich -
Beschäftigung und Ausbildung im Fokus" stand heute im Mittelpunkt der
Aktuellen Stunde im Nationalrat. Neben dem Beschäftigungsbonus, der
ab Juli in Kraft treten soll, warb Sozialminister Alois Stöger um
Unterstützung vor allem für die Aktion 20.000 für ältere Arbeitslose,
durch die jährlich etwa 20.000 Jobs in Gemeinden und gemeinnützigen
Trägervereinen geschaffen werden sollen. Die ÖVP signalisierte
grundsätzliche Zustimmung, wollte jedoch noch über die konkrete
Ausgestaltung der Förderrichtlinien diskutieren.

Nicht ganz überraschend warf der auch kommende Wahlkampf seine
Schatten voraus. Vor allem die Ankündigung von ÖVP-Obmann Sebastian
Kurz, bis zu 14 Mrd. € einsparen zu wollen, sorgte für einige
kritische Kommentare. Eine solche Summe könne nur dann erzielt
werden, wenn es zu massiven Einschnitten im Sozial- und
Gesundheitssystem, im Bildungsbereich und bei den Pensionen kommt,
befürchtete etwa SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Die Grünen warfen
der ÖVP Steuerpopulismus vor, weil die Gegenfinanzierung völlig
unklar sei.

SPÖ: Aktion 20.000 ist Meilenstein im Kampf gegen die
Arbeitslosigkeit

Die SPÖ will in den kommenden Monaten noch Maßnahmen in den Bereichen
Arbeit, Beschäftigung, Wirtschaft und Bildung vorantreiben,
unterstrich Andreas Schieder (S). Österreich stehe derzeit zwar gut
da - das Wirtschaftswachstum liegt erstmals seit Jahren wieder über
den Werten der Euro-Zone und auch beim großen Sorgenkind Arbeitsmarkt
gibt es eine Trendumkehr -, dennoch sei es für ältere Menschen noch
immer sehr schwer, eine Beschäftigung zu finden. Aus diesem Grund hat
Sozialminister die Aktion 20.000 ins Leben gerufen, die nun endlich
beschlossen werden sollte. Ein weiteres wichtiges Instrument ist der
Beschäftigungsbonus, der mit insgesamt zwei Mrd. € dotiert ist und
eine 50%ige Refundierung der Lohnnebenkosten bringt. Er sei froh,
dass diese wichtige Maßnahme nun ab 1. Juli 2017 umgesetzt werden
kann. Auch SPÖ-Mandatar Josef Muchitsch (S) erinnerte an die
zahlreichen sozialpolitischen Aktivitäten der Bundesregierung, die
Menschen von jung bis alt in Beschäftigung bringen sollen. Diese
reichen von der Ausbildungsgarantie bis hin zur Forcierung der
Investitionen in den Gemeinden. Man sollte daher nicht alles schlecht
reden, meinte Ulrike Königsberger-Ludwig, die Bilanz könne sich
durchaus sehen lassen. Schließlich machte sich Schieder noch für die
Bildungsreform stark, die für Modernisierung, für mehr Autonomie und
Flexibilität steht. Darüber habe man jahrelang verhandelt; der
Koalitionspartner ÖVP sollte sich daher zum vorliegenden Ergebnis
bekennen und eine Umsetzung nicht zu verhindern, appellierte
Schieder.

Stöger: Langzeitarbeitslosen soll durch Aktion 20.000 ihre Würde
zurückgegeben werden

Bundesminister Alois Stöger skizzierte eingangs seinen
grundsätzlichen Zugang zur Sozialpolitik. Im Gegensatz zu Tendenzen
wie in den USA, wo gerade unter dem Deckmantel der Freiheit den
Ärmsten der Armen die Krankenversicherung gestrichen wird, stehe er
für einen Staat, der Arbeitsplätze, gerechte Einkommen, Ausbildung,
soziale Absicherung und ein solidarisches Pflegesystem garantiert.
Auch wenn dies von manchen als Vollkaskomentalität verunglimpft
werde, so sei er überzeugt davon, dass weniger Sicherheit nicht
automatisch mehr Freiheit bedeutet. Die Politik hat die
Verantwortung, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um der
Vielzahl an Talenten, unterschiedlichen Stärken und Potentialen, die
es in einer Gesellschaft gibt, gerecht zu werden, unterstrich Stöger.
Aus diesem Grund habe man etwa die Ausbildungspflicht bis 18 Jahre
und die Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre beschlossen, die junge
Menschen vor einem hohen Arbeitslosigkeitsrisiko bewahren sollen. Für
Erwachsene wurde wiederum das Fachkräftestipendium ins Leben gerufen.
Weitere wichtige Impulse liefern das kommunale Investitionspaket, der
Beschäftigungsbonus oder das Arbeitsmarktintegrationsgesetz.

Eine Gruppe, die es aber noch immer sehr schwer auf dem Arbeitsmarkt
hat, sind Menschen über 50 Jahre, merkte Stöger an. Um diesen
Personen, die wirklich arbeiten wollen und oft schon hunderte
Bewerbungen geschrieben haben, wieder ihre Würde zurückzugeben, wurde
das Programm Aktion 20.000 entwickelt. Damit soll die
Arbeitslosenrate innerhalb dieser Gruppe langfristig halbiert werden.
Er hoffe daher, dass es noch im Juni zu einem Beschluss kommt. All
diese Investitionen zahlen sich nicht nur aus volkswirtschaftlicher
Sicht aus, sondern stärken das Vertrauen der Bevölkerung in die
Demokratie, war Stöger überzeugt.

ÖVP will besseren Zugang von Landgemeinden zur Aktion 20.000

August Wöginger (V) freute sich über die positive Entwicklung am
Arbeitsmarkt, die in allen Bundesländern zu festzustellen ist.
Dennoch gebe es noch immer fast 400.000 Menschen, die keinen Job
haben; dies sei zu viel. Um die Wirtschaft noch weiter anzukurbeln,
habe sich die Regierung daher auf den Beschäftigungsbonus geeinigt,
der ab 1. Juli eine Halbierung der Lohnnebenkosten über einen
Zeitraum von drei Jahren vorsieht. Seine Fraktion unterstützt auch
grundsätzlich die Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose,
konstatierte Wöginger, über die konkrete Ausgestaltung werde jedoch
noch diskutiert. Für ihn wesentlich sei dabei, dass Landgemeinden
einen Zugang zu diesem Programm bekommen. Was die Vorschläge von
Sebastian Kurz bezüglich der Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf
40% betrifft, so habe er klar gesagt, wie man das erreichen kann,
erklärte Wöginger, nämlich durch eine Durchforstung der Förderungen,
eine treffsichere Gestaltung der Sozialleistungen, einen Abbau der
Bürokratie und eine Eindämmung der Steuerflucht. Angelika Winzig (V)
konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf den Bildungsbereich, in
dem die Regierung viel weitergebracht habe. Als Beispiele führte sie
die Ausbildungsgarantie, die Einführung von 71 neuen Lehrberufen oder
das Coaching von schwächeren Jugendlichen an.

FPÖ übt Kritik an der Arbeitsmarktpolitik und lehnt Gesamtschule ab

Bernhard Themessl (F) zeigte sich verwundert über die Wortmeldung von
SPÖ-Klubobmann Schieder, wonach seine Partei nun den Fokus auf
Beschäftigung und Ausbildung legen will. Viele ÖsterreicherInnen
werden sich da wohl die berechtigte Frage stellen, was die
Sozialdemokraten die letzten zehn Jahre gemacht haben. Allein der
hervorragenden Arbeit der österreichischen UnternehmerInnen sei es zu
verdanken, dass trotz schlechter Rahmenbedingungen der
Konjunkturmotor wieder angesprungen ist. Es sei zudem müßig, über
Maßnahmen zu sprechen, die noch nicht einmal beschlossen sind, meinte
Themessl unter Bezugnahme auf den Beschäftigungsbonus. Außerdem wäre
dies seiner Ansicht nach sowieso nur ein "Bürokratiemonster". Wenig
erfolgreich war seiner Meinung nach auch die Einführung der
Ausbildungspflicht, zumal tausende Lehrstellen in der Praxis fehlen,
bemängelte Themessl. Wenn es nicht entsprechende Anreize für die
Firmen gibt, junge Menschen auszubilden, dann werde sich auch in
Hinkunft daran nichts ändern. Außerdem ist es nach Ansicht von
Wendelin Mölzer (F) wichtig, generell das Image von Lehrberufen
aufzupolieren. Was die Bildungspolitik betrifft, so müssten vor allem
die Mittel effizienter eingesetzt, die LehrerInnenausbildung
verbessert und die Deutschkenntnisse verpflichtend nachgewiesen
werden, um am Regelunterricht teilnehmen zu können. Negativ stehen
die Freiheitlichen der Gesamtschule gegenüber.

Grüne werfen ÖVP Vertrauensbruch in Sachen Bildungsreform vor und
drängen auf Einführung des Mindestlohns

Wenn man seriös über das Thema Beschäftigung reden will, dann müsse
man beim Thema Schule beginnen, waren Albert Steinhauser und Birgt
Schatz (beide G) überzeugt. In den Bildungsinstitutionen entscheide
sich, wie der weitere Lebensweg aussieht und welchen Platz man in der
Gesellschaft einnimmt. Aus diesem Grund haben sich die Grünen sehr
ernsthaft an der Debatte über das Schulautonomiepaket beteiligt und
am vorigen Donnerstag auch eine Einigung erzielt. Steinhauser zeigte
sich daher sehr überrascht darüber, dass sich die ÖVP nun von diesem
"Ergebnis entfernt" und neue Junktimierungen verlangt. Dies sei ein
klarer Vertrauensbruch, warf der G-Mandatar der ÖVP vor. Da die
Schule allein nicht alle Probleme lösen kann, brauche es natürlich
eine aktive Arbeitsmarktpolitik, bekräftigte auch Abgeordnete Birgit
Schatz. Wichtig seien dabei Investitionen in Zukunftsbranchen sowie
eine entsprechende Unterstützung der Risikogruppen. Skeptisch zeigten
sich die Grünen gegenüber dem Beschäftigungsbonus, da die Gelder
womöglich in die Schaffung von Jobs fließen, die ohnehin entstanden
wären. Außerdem drängten sie auf eine rasche Umsetzung des
Mindestlohns, denn dies sei man den BezieherInnen der untersten
Einkommen schuldig.

NEOS: Beschäftigungspolitik zeichnet sich durch falsche Anreize und
zu viel Bürokratie aus

Gerald Loacker (N) bezeichnete Maßnahmen wie die Aktion 20.000 oder
den Beschäftigungsbonus als "rot-schwarze Aufteilungspolitik der ganz
alten Schule", weil dadurch sowohl SPÖ als auch ÖVP in ihren
jeweiligen Reichen "nach Herzenslust Steuergeld verblasen können". In
den österreichischen Kommunen sind die Rasen gemäht, die Bäume
geschnitten und die Plätze gekehrt, dennoch werden zusätzlich 780
Mio. € ausgeschüttet, um den 75.000 GemeindemitarbeiterInnen weitere
20.000 zur Seite zu stellen. Da es sich dabei um Posten ohne Arbeit
handle, könne man nur von einer Demütigung dieser Menschen sprechen.
Außerdem komme dadurch niemand in den ersten Arbeitsmarkt, war
Loacker sicher. Wichtiger wäre es angesichts der Rekordzahl an
offenen Stellen, auf Bildung und Qualifizierung zu setzen. Außerdem
gebe es durch die derzeitige Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes und
der Notstandshilfe zu wenig Anreiz, einen Job anzunehmen. Ein Problem
stellt nach Auffassung von Loacker auch die Zuverdienstgrenze dar;
hier müsste es eine Einschleifregelung geben. Sein Fraktionskollege
Josef Schellhorn (N) forderte abermals flexiblere Arbeitszeiten sowie
eine deutliche Entlastung der heimischen UnternehmerInnen, denn sie
seien es, die die Jobs im Land schaffen. Den Ankündigungen von Kurz
konnte er wenig abgewinnen, diese Versprechen könne niemand mehr
glauben. Negativer Beweis dafür sei die Blockadepolitik der ÖVP in
Sachen Bildung.

Team Stronach fordert Entlastung der Unternehmen und
zukunftsorientiertes Bildungssystem

Die Debattenbeiträge zeigen deutlich, dass sich die Parteien bereits
voll im Wahlkampf befinden, urteilte Waltraud Dietrich (T). Statt
sich mit der Lage in den USA zu beschäftigen, sollte der
Sozialminister lieber Probleme in Österreich angehen, die nicht
gerade klein sind. So gebe es etwa 1,3 Millionen armutsgefährdete
Menschen, darunter viele AlleinerzieherInnen und PensionstInnen. Auch
die Situation am Arbeitsmarkt sei nicht besonders erfreulich, da noch
immer 400.000 Menschen einen Job suchen. Ein riesiges Problem stellen
vor allem die Langzeitarbeitslosen dar, deren Zahl allein im letzten
Jahr um 8% gestiegen ist. Wenn nicht endlich die UnternehmerInnen
entlastet, die Lohnnebenkosten gesenkt und die bürokratischen Hürden
abgebaut werden, werde auch der leichte Wirtschaftsaufschwung wieder
zum Erliegen kommen, zeigte sich Leopold Steinbichler (T) besorgt.
Was die geplante Aktion 20.000 angeht, so sei dies nicht der richtige
Ansatz, weil die Menschen einen Job bekommen, den es eigentlich gar
nicht gibt.

Abgeordneter Gerhard Schmid (o.F.) wies auf die hohen Kosten der
geplanten Beschäftigungsmaßnahmen der Regierung hin, während Rupert
Doppler (o.F.) das Programm für ältere Langzeitarbeitslose begrüßte.
(Fortsetzung Nationalrat) sue

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