• 01.06.2017, 14:32:31
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  • OTS0275

Einhellige Zustimmung zur Heimopferrente in der Länderkammer

Bundesrat: Präventivmaßnahmen müssen folgen

Utl.: Bundesrat: Präventivmaßnahmen müssen folgen =

Wien (PK) - All jene Opfer, die im Zeitrahmen vom 9. Mai 1945 bis 31.
Dezember 1999 Opfer von Misshandlungen bzw. Missbrauch in Heimen und
Internaten des Bundes, der Länder und der Kirche oder in
Pflegefamilien geworden sind und dafür eine pauschalierte
Entschädigungsleistung erhalten haben, haben ab Erreichen des
Regelpensionsalters bzw. ab Pensionsantritt Anspruch auf eine
monatliche Zahlung von 300 €. Damit soll der betroffenen
Personengruppe der Einkommensnachteil, der durch staatliches
Wegschauen bzw. Nichthinschauen entstanden ist, in einem begrenzten
Ausmaß ausgeglichen werden. Die Antragstellung ist unbürokratisch,
die Betroffenen müssen ihre Leidensgeschichte nicht noch einmal
wiederholen.

Mit der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrats kann nun das
Heimopferrentengesetz mit 1. Juli 2017 in Kraft treten. Damit haben
Regierung und beide Kammern des Parlaments nach dem von
Nationalratspräsidentin Doris Bures initiierten Staatsakt "Geste der
Verantwortung" vom 17. November des Vorjahres einen konkreten Schritt
gesetzt. Einig war man sich auch in der Länderkammer, dass es sich
bei dieser Rentenzahlung um eine Geste handelt, die signalisiert,
dass Staat und Kirche die Verantwortung für Geschehenes übernehmen.

Misshandelte Heimkinder erhalten zusätzliche Rente von 300 € ab Juli
2017

Die Rentenleistung kann erstmals ab 1. Juli 2017 ausbezahlt werden,
wobei Personen, die bereits eine Pension beziehen bzw. das
Regelpensionsalter erreicht haben, die Rente rückwirkend erhalten,
wenn sie innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten des Gesetzes einen
Antrag einbringen. Ansonsten wird die Rente mit dem Folgemonat des
Antrags gewährt. Sie wird ab 2018 valorisiert und gilt nicht als
Einkommen, sie ist unpfändbar und hat keine Auswirkung auf das
jeweilige Existenzminimum, unterstrich David Stögmüller (G/O) jene
Einwände der Opposition, die im vorliegenden Gesetzestext gegenüber
der ursprünglichen Fassung berücksichtigt wurden. Eine
Verfassungsbestimmung stellt sicher, dass die Leistung auch nicht als
Einkommen nach den Mindestsicherungsgesetzen der Länder gilt und auch
nicht auf diese Geldleistungen anzurechnen ist. Der Betrag wird also
brutto für netto ausbezahlt.

Die Entscheidung über eine Rentenleistung fällt der zuständige
Sozialversicherungsträger mit Bescheid. Dagegen kann beim Arbeits-
und Sozialgericht berufen werden. Unberechtigt empfangene
Rentenleistungen sind unter bestimmten Voraussetzungen zu
refundieren. Ins Gesetz aufgenommen wurde auch eine Verpflichtung,
relevante Änderungen der Sozialversicherung zu melden.

Betroffene Personen, die keine einmalige Entschädigungsleistung
bekommen haben, etwa weil der Heimträger einem Antrag nicht
entsprochen hat oder ihnen aus besonderen Gründen keine zeitgerechte
Einbringung eines Antrags möglich war, haben die Möglichkeit,
nochmals bei der Volksanwaltschaft einen Antrag zu stellen. Sie
müssen dabei die ihnen zugefügte vorsätzliche Gewalt wahrscheinlich
machen. Die Volksanwaltschaft richtet dafür eine weisungsfreie
Rentenkommission ein, der jedenfalls VertreterInnen von
Opferhilfeorganisationen angehören. Ihre Aufgabe wird es im
Wesentlichen sein, Vorschläge für die schriftlich begründeten
Empfehlungen zu erstatten, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine
Rentengewährung vorliegen. Dadurch will der Gesetzgeber auch eine
einheitliche Entscheidungspraxis sicherstellen. Die Entscheidung über
die Rente obliegt jedoch der Sozialversicherung, diese ist nicht an
die Empfehlung der Rentenkommission gebunden. Die Kommission kann
auch im Vorfeld der Empfehlung Clearingberichte der für die
jeweiligen Opfer maßgeblichen Ansprechpartner und Institutionen
einholen oder selbst Erhebungen durchführen.

Die Rentenleistung gebührt für die Dauer der Zuerkennung einer
Eigenpension, somit würde die Leistung nach Ablauf einer befristet
zuerkannten Eigenpension - etwa einer Invaliditätspension - ebenfalls
wegfallen. Die Rentenleistung soll zudem für die Dauer der Verbüßung
einer Freiheitsstrafe und der Unterbringung in einer Anstalt für
geistig abnorme Rechtsbrecher, entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher
und gefährliche Rückfallstäter entfallen.

Künftig Präventionsmaßnahmen notwendig

Es war höchste Zeit, ein Zeichen der Verantwortung der Republik
Österreich zu setzen, betonte Mario Lindner (S/St). Bei der Geste der
Verantwortung wurde zugehört und Schritte zur Unterstützung
betroffener Personen gesetzt. Eine monatliche Rente von 300€ stelle
aber keine Wiedergutmachung für Geschehenes dar, so Lindner, dem es
wichtig war, das Thema damit nicht abzuschließen. Gewalt sei
geflossen, wo Hilfe und Geborgenheit benötigt worden wären, sagte
Gregor Hammerl (V/St). In seltener Einhelligkeit wurde daher das
Heimopferrentengesetz von allen Parteien im Nationalrat beschlossen
und trifft auch im Bundesrat auf die ausdrückliche Zustimmung aller.
Ermutigend fand Hammerl das Budget für Präventivmaßnahmen, das
notwendig sei, um künftig die Würde des Menschen zu schützen.

Bundesminister Alois Stöger will die erforderliche Sensibilität für
das Thema aufbringen und ihm auch in Zukunft seine Aufmerksamkeit
widmen. Die Rentenleistung werde durch ein einfaches,
unbürokratisches Verfahren abgewickelt, betonte er insbesondere
gegenüber jener Vielzahl an Menschen, die immer noch nicht über
Erlebtes sprechen. Gewalt gehört geahndet und dessen Konsequenzen
müssen hervorgehoben werden, plädierte auch Ana Blatnik (S/K) für
Präventivmaßnahmen.

FPÖ will echte Entschädigung für Missbrauchsopfer

Mitverhandelt wurde auch ein älterer Antrag der FPÖ, worin Monika
Mühlwerth (F/W) eine echte Entschädigung für Missbrauchsopfer
fordert. Konkret ging es ihr darum, sämtliche bisher abgelehnte Fälle
des Missbrauchs in Kinderheimen nach dem Verbrechensopfergesetz
neuerlich zu behandeln und den Fristenablauf für die Beantragung von
Entschädigungen zu hemmen. Weiters müssen Zugangshürden beseitigt
werden, so Mühlwerth, die auch nach dem Beschluss des
Heimopferrentengesetz weitere Schritte setzen will, um und die Augen
vor weiteren Gewalttaten zu öffnen. Wir sind nicht davor gefeit, es
kann jederzeit wieder passieren, sagte sie. David Stögmüller (G/O)
konnte der FPÖ nicht zustimmen, da dies zu einer Retraumatisierung
der Opfer führen könnte. Stögmüller brachte aber seitens der Grünen
einen Abänderungsantrag ein. Geht es nach ihm, so sollten eben diese
Verfahren von einer unabhängigen ExpertInnengruppe gesichtet werden.
Stögmüller will dadurch Lücken in der Rechtslage von Opfern
schließen. FPÖ und Grüne konnten sich gegenseitig nicht zustimmen und
fanden auch keine Zustimmung der anderen Parteien. (Fortsetzung
Bundesrat) gro

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