• 24.05.2017, 11:27:04
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  • OTS0102

Verriet Rechtsanwalt Mandanten?

Arbeitnehmer bekämpft erfolgreich –trotz anwaltlicher Mängel - seine ungerechtfertigte Entlassung. Nun wird er vom eigenen Anwalt geklagt.

Utl.: Arbeitnehmer bekämpft erfolgreich –trotz anwaltlicher Mängel -
seine ungerechtfertigte Entlassung. Nun wird er vom eigenen
Anwalt geklagt. =

Linz (OTS) - Georg N. wurde nach 21 Dienstjahren gleich zwei Mal
entlassen und ein Mal gekündigt. Er habe sich u.a. zwei Mal eine
Prämie selbst ausbezahlt (Vorwurf der schweren Untreue) und er habe
Firmeneigentum, insbesondere die Firmenkreditkarte, nicht rechtzeitig
retourniert. Diese Entlassungen - während des Verhandlungszeitraumes
sind 22 Entlassungsgründe vorgebracht worden - bekämpfte Herr N. in
erster Instanz mithilfe des Vertragsanwaltes der AK OÖ. In erster
Instanz gewann er. Das OLG Linz fand jedoch ausgerechnet den 22.
Entlassungsgrund (nachdem 21 bereits entgegnet wurden), eingebracht
mehr als 15 Monate nach der ersten Entlassung, basierend auf den
Aussagen eines –sich widersprechenden- Überraschungszeugen, für
rechtmäßig. Erst der OGH hob das umstrittene Urteil auf und erkannte
eine unzulässige „Motiventlassung“, womit die Entlassungen für
rechtsunwirksam erklärt wurden.

Anwalt klagt eigenen Mandanten

Herr N. einigte sich nun, nach mehr als dreijährigem Prozess und
einer nochmaligen (dritten) Entlassung, gütlich mit seinem ehemaligen
Arbeitgeber. In zweiter Instanz hatte Herr N. den Anwalt mangels
Vertrauen gewechselt. Doch vormaliger AK-Vertragsanwalt klagte nun
plötzlich seinen Ex-Mandanten mit dem Ziel, das Gericht möge
feststellen, dass er sich keine Anwaltsfehler zuschulden habe kommen
lassen. Die Gerichte wiesen diese Klage ab, ein Rechtsmittel ist
nicht mehr zulässig. Umfassende Recherchen des Arbeitnehmers
offenbaren nun ein erschreckendes Bild einer anwaltlichen Vertretung.

Keine Interessensvertretung?

Der Arbeitgeber warf dem Arbeitnehmer auch schwere Untreue vor. Der
Anwalt des Arbeitnehmers hätte den – auch strafrechtlich relevanten -
Vorwurf nicht gekontert. Vom Arbeitnehmer vorbereitete Fragen, die
seine diesbezügliche Unschuld hätten beweisen können, wurden vom
Anwalt trotz Aufforderung nicht vorgebracht. Glücklicherweise hatte
der Arbeitnehmer Kopien der vom Chef abgezeichneten
Überweisungslisten angefertigt, die seine Unschuld belegen. Der
Mandant (er war Prokurist) wurde von seinem ehemaligen Rechtsanwalt
nicht von der Ladung eines zentralen „Belastungszeugen“ informiert,
wiewohl er davon gewusst haben musste. In seinem Schriftsatz führt
der Anwalt zum genannten Vorwurf an, dass er keine Verpflichtung
habe, laufend Akteneinsicht zu nehmen. Obendrein habe sich die
Lohnverrechnung der Kanzlei um mehr als EUR 60.000 zu Lasten des
Mandanten verrechnet. Nach dem Anwaltswechsel habe der Anwalt vom
Arbeitnehmer ein Honorar von EUR 71.000 verlangt, abzüglich bereits
erhaltener Versicherungsleistungen von EUR 29.000 und habe sich auch
noch weitere Kostenansprüche ausdrücklich vorbehalten. Dies obwohl
er von der AK beauftragt sei. Bei der AK als Auftraggeber wurde eine
Beschwerde eingereicht und um Stellungnahme ersucht. Die Einbringung
an die Disziplinarkommission der Rechtsanwaltskammer wird folgen.

Kurze Liste an anwaltlichen Mängeln

•Die Lohnverrechnung der Kanzlei habe sich um mehr als EUR 60.000 zu
Lasten des Mandanten verrechnet.
•Der AK-Anwalt habe unerlaubterweise vorzeitig an den Rechtsanwalt
der Firma die Kündigungsanfechtungsklage übermittelt.
•Der Anwalt hat Weisungen seines Mandanten einfach ignoriert
•Der Anwalt habe ein wichtiges Beweismittel zur Entlastung seines
Mandanten “übersehen”.
•Der Anwalt habe wichtige Beweismittel trotz Aufforderung seines
Mandanten bei Gericht nicht vorgelegt.
•Der Anwalt habe seinen Mandanten nicht über die Ladung des
„Belastungs-Zeugen“ informiert. Der tauchte plötzlich bei der
Verhandlung auf. An der Aufklärung dieser seltsamen Spontan-Ladung
wollte der Anwalt nicht mitwirken.
•Der Anwalt habe eine weitere “Motiventlassung” übersehen. Die
Entgegnung wurde erst mehr als 8 Monate nach Vorbringen des
Dienstgebers, auf Anweisung des Mandanten, bei Gericht eingebracht.
•Der Anwalt habe den ungerechtfertigten Untreue-Vorwurf gegen seinen
Mandanten einfach hingenommen. Das Gericht erkannte später, dass der
Vorwurf zu Unrecht erhoben wurde, um den Arbeitnehmer aus dem
Dienstverhältnis zu entlassen. Dieser Vorwurf war auch strafrechtlich
relevant.
•Der Anwalt hat unzählige Widersprüche nicht hinterfragt.
•Der Anwalt hat die Weisung seines Mandanten „die Geschäftsführer
mögen vereidigt werden“ einfach ignoriert.

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