Fragestunde im Bundesrat: Von den Identitären bis zum Privatstiftungsrecht
Utl.: Fragestunde im Bundesrat: Von den Identitären bis zum
Privatstiftungsrecht =
Wien (PK) - Einen Einblick in das umfassende Arbeitsprogramm von
Justizminister Wolfgang Brandstetter erhielten heute die Bundesräte
in der Fragestunde der Länderkammer. Der Ressortchef berichtete über
die aktuellen Vorhaben seines Ressorts, die von der Einführung eines
so genannten "Staatsfeinde-Paragraphen", der strengeren Überwachung
von Internetkommunikation, der Erstellung einer Standortstudie für
Justizanstalten bis hin zu einer Attraktivierung des
Privatstiftungsrechts reichen.
Um dem zunehmenden Problem von identitären Bewegungen und
Gruppierungen, die den Staat komplett ablehnen, besser begegnen zu
können, habe sein Haus ein Strafrechtspaket geschnürt, das u.a. einen
neuen Tatbestand vorsieht. Es könne nicht toleriert werden, dass
Menschen in Österreich Gesetze ignorieren und die Behörden
terrorisieren, sagte Brandstetter. Zur effizienteren Bekämpfung
gerade von Schwerstkriminalität sei es zudem notwendig, die
bestehenden Überwachungslücken im Bereich der internetbasierten
Telekommunikation zu schließen, war der Minister überzeugt. In diesem
Zusammenhang sei es aber völlig falsch, von einem Bundestrojaner zu
sprechen; dieser sei nur ein Gespenst, das immer an die Wand gemalt
werde. Außerdem wurden alle möglichen rechtsstaatlichen Kautelen -
inklusive entsprechender Verwertungsverbote - in das neue
Strafprozessrechtsänderungsgesetz, das seit dem 8. März vorliegt,
eingebaut, versicherte er.
Konsequentes Vorgehen der Justiz gegen Identitäre und rechtsextreme
Täter
Der Justizminister informierte die Länderkammer zudem darüber, wie
die Regierung gegen jene neuartigen Bewegungen und Gruppierungen, die
dem Staat unter Anwendung von sublimen Mitteln den Krieg erklärt
haben, vorgehen will. Da die bisherigen Tatbestände nicht ausreichen,
habe sein Ressort ein Gesetzespaket geschnürt, das unter Wahrung
aller Grundrechte maßvolle Instrumente vorsieht, erklärte
Brandstetter gegenüber Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O). Dies war auch
dringend notwendig im Sinne der betroffenen BeamtInnen, die am
Vollzug der Gesetze behindert, attackiert und bedroht oder auf
obskuren Schuldnerlisten eingetragen wurden. Sein Haus werde diese
Bediensteten auch in allen Belangen unterstützen. Wenn die
Durchsetzung des Rechtsstaats sabotiert wird, dann müsse sich eine
Demokratie wehren, stellte der Minister fest.
Konsequent vorgegangen werde auch gegen die von Bundesrätin Susanne
Kurz (S/S) angesprochenen rechtsextremen Tathandlungen, die in der
letzten Zeit stark angestiegen sind, konstatierte der Justizminister.
Dies könne man u.a. an der Tatsache erkennen, dass gleichzeitig die
Anklagen und Verfahren aufgrund des Verbotsgesetzes deutlich
zugenommen haben. Allein im heurigen Jahr gab es bereits 28
rechtskräftige Verurteilungen wegen des Tatbestands der Verhetzung.
Entsprechend reagiert wurde auch auf organisatorischer Ebene,
erklärte Brandstetter, seit dem 1.1.2017 gibt es nämlich die
Möglichkeit, spezielle staatsanwaltschaftliche Teams zum Thema
Rechtsextremismus einzurichten. Erfreulich sei auch, dass fünf
zusätzliche Planstellen für diesen Bereich von Seiten des
Bundeskanzleramts zugesagt wurden.
Kein Bundestrojaner, aber Schließen von Überwachungslücken in der
Telekommunikation
Der technische Fortschritt ist immer schneller als es die Legistik
sein kann, stellte der Justizminister einleitend in Bezug auf Fragen
zur geplanten Ausweitung der Überwachungsmethoden fest. Wenn man
Lücken feststellt, dann müssen sie geschlossen werden. Und genau dies
gelte für den Plan der Bundesregierung, nunmehr auch die
internetbasierte Telekommunikation - Whatsapp, Skype, etc. - zu
überwachen. Fälschlicherweise wird in diesem Zusammenhang immer von
einem Bundestrojaner gesprochen, den es aber gar nicht gibt, betonte
Brandstetter. Er versicherte Bundesrätin Ewa Dziedzic (G/W)
gegenüber, dass es nicht um eine Online-Überwachung geht, sondern nur
darum, die Endverschlüsselung der angesprochenen Dienste zu knacken.
Seit dem 8. März gibt es dazu einen Entwurf seines Hauses, der dem
Koalitionspartner vorliegt. Darin enthalten sind auch strenge
Protokollierungsvorschriften, Verwertungsverbote sowie eine
begleitende und nachträgliche Kontrolle durch den
Rechtschutzbeauftragten, der zudem IT-Sachverständige heranziehen
kann. Etwaige offene technische Fragen werden sicher noch geklärt
werden, zeigte sich der Minister optimistisch. Mit diesem Entwurf
befinde man sich jedenfalls auch im internationalen Vergleich in
bester Gesellschaft.
Brandstetter sieht EU bei der Rückführung von ausländischen
Straftätern gefordert
Gegenüber Bundesrat Reinhard Pisec (F/W) räumte der Justizminister
ein, dass es immer wieder Probleme gibt, ausländische Straftäter in
ihre Heimatländer zurückzustellen. Bei den konkret angesprochenen
Ländern Algerien und Nigeria sei dies vor allem auf rechtliche
Probleme zurückzuführen. In anderen Fällen gebe es faktische Gründe,
da man natürlich der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in
Österreich Verfassungsrang hat, verpflichtet sei. Dabei handelt es
sich um einen Themenbereich, in dem die EU gefordert ist, die sich
natürlich als Institution viel leichter tut, entsprechende Regelungen
zustande zu bringen, meinte Brandstetter. Dennoch versuche man auch
auf bilateraler Ebene, Gespräche mit den einzelnen Staaten zu führen.
Im Jahr 2016 etwa hat Österreich 27 Ersuchen auf Überstellung von
Häftlingen an Drittstaaten gerichtet, nur sechs davon waren positiv
beschieden. Erfolgreicher war man aber bei der Überstellung von
Straftätern in andere EU-Länder, im letzten Jahr betraf dies 91
rumänische, 31 slowakische und 41 ungarische StaatsbürgerInenn.
Dennoch verhehlte Brandstetter nicht, dass es noch Luft nach oben
gibt und dass die aktuelle Situation auch für ihn aus
staatsbürgerlicher Sicht nicht befriedigend ist.
Um generell die Situation in den österreichischen Haftanstalten zu
verbessern, setze er sich intensiv dafür ein, die derzeit offenen 150
Planstellen im Bereich des Strafvollzugs bzw. bei der Justizwache so
bald wie möglich zu besetzen, informierte Brandstetter Bundesrat
Armin Forstner (V/S). Aufgrund des recht hohen Anforderungsprofils -
nur 20% der BewerberInnen schaffen die Aufnahmetests - sei man leider
etwas in Verzug. Deshalb wurde auch eine mediale Offensive gestartet,
um für diesen anspruchsvollen und interessanten Beruf zu werben. Um
das Risiko von Gesundheitsgefährdungen für Bedienstete zu senken,
wurden u.a. die Schutzausrüstungen verbessert und auf gesetzlicher
Ebene dafür vorgesorgt, dass die Strafen bei Übergriffen auf das
Personal härter ausfallen. Bundesrätin Adelheid Ebner (S/N), die sich
nach der Errichtung von neuen Justizanstalten erkundigte, teilte
Brandstetter noch mit, dass es einen generellen Masterplan in diesem
Bereich geben sollte. Daran werde unter Einbindung mit
WissenschaftlerInnen gearbeitet. Für wichtig erachtet es der
Minister, dass im Maßnahmenvollzug neue Akzente gesetzt werden. Eines
sei jedenfalls klar für ihn - in Zukunft sollte es kein Gefängnis
mehr geben mit mehr als 400 Insassen; dafür sprächen alle
internationalen Studien.
Privatstiftungsrecht soll wieder attraktiver gestaltet werden
Schließlich nahm der Justizminister noch zum Privatstiftungsrecht
Stellung, das von Bundesrat Magnus Brunner (V/V) thematisiert wurde.
Es handle sich dabei um ein Erfolgsmodell, das im Jahr 1993 vom
damaligen Finanzminister Lacina eingeführt wurde. Da sich die
rechtlichen Bedingungen in diesem Bereich in den letzten Jahren
verschlechtert haben, seien aber viele Vermögenswerte aus Österreich
wieder abgeflossen, zeigte Brandstetter auf. Man solle zudem nicht
vergessen, dass hinter den Stiftungen oft große Unternehmen stehen,
die viele Arbeitsplätze sichern. Sein Ressort arbeite daher gerade an
einem Entwurf, der auf eine Attraktivierung des Privatstiftungsrechts
abzielt, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu beleben. Er hoffe,
dass noch heuer die Umsetzung gelingt. (Fortsetzung Bundesrat) sue
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