• 26.04.2017, 11:10:32
  • /
  • OTS0094

Nachrangdarlehen sind künftig grundsätzlich als Veranlagungen zu qualifizieren und fallen damit unter die Prospektpflicht

Wien (OTS) - Seit der breiten öffentlichen Diskussion über
Bürgerbeteiligungsmodelle, Crowdfunding und Start-up-Finanzierungen
werden zunehmend Finanzierungen in Form von Nachrangdarlehen
angeboten. Einerseits, weil qualifizierte Nachrangdarlehen keine
konzessionspflichtige Finanzdienstleistung darstellen, andererseits,
weil sie so ausgestattet werden konnten, dass sie nicht als
Veranlagung einzustufen sind, wodurch diese bisher auch nicht unter
die Prospektpflicht fielen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sieht
darin eine Lücke im Verbraucherschutz und hat daher jüngst die
diesbezügliche Rechtsprechung präzisiert, wodurch Nachrangdarlehen
nun grundsätzlich als Veranlagung einzustufen sind und damit der
Prospektpflicht unterliegen. Bereits platzierte Nachrangdarlehen sind
von dieser neuen Auslegung nicht betroffen.

Folgende Argumente werden für die Einstufung als Veranlagung
vorgebracht:
• Bei alter Rechtsauslegung entsteht eine Verbraucherschutzlücke bei
Nachrangdarlehen mit einem Finanzierungsvolumen von mehr als € 1,5
Mio., weil es da keine gesetzlichen Transparenz- und
Informationspflichten gibt.
• Der Gesetzgeber wolle, dass immer zumindest eines der beiden
Anlegerschutzkonzepte (1. „Konzessionspflicht – Aufsicht –
Einlagensicherung“ oder 2. „KMG/AltFG – Prospektpflicht“) angewendet
wird.
• Das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) schließt Nachrangdarlehen
explizit ein und definiert sie als Veranlagung.

Die präzisierte Rechtsauslegung stellt nun sicher, dass auch bei
Nachrangdarlehen eine abgestufte und durchgehende Transparenz- und
Informationspflicht besteht:
• Unter € 100.000 Finanzierungsvolumen: Es gilt die generelle
Ausnahme von der Prospektpflicht
• € 100.000 bis € 1,5 Mio.: Informationsblatt gemäß AltFG
• € 1,5 Mio. bis € 5 Mio.: Vereinfachter Prospekt gemäß Schema F KMG
• Über € 5 Mio.: voller Veranlagungsprospekt gemäß KMG

„Die neue Rechtsauslegung stellt einerseits einen konsistenten Schutz
der Anleger und Verbraucher sicher und gibt andererseits den
Unternehmen Rechtssicherheit“, so der Vorstand der FMA, Helmut Ettl
und Klaus Kumpfmüller: „Der gesetzlich verpflichtende Prospekt stellt
dem Anleger standardisiert ein angemessenes Mindestmaß an
Informationen zur Verfügung, wobei der Emittent sowohl beim Fehlen
des Prospektes als auch für falsche oder irreführende Angaben haftet.
Das schließt Rücktrittsrechte des Anlegers als auch Schadenersatz
ein. Die Werbung für das Angebot darf überdies nicht irreführend
sein, muss den Hinweis auf den Prospekt enthalten und muss mit dem
Prospekt im Einklang stehen.“

Die FMA wird auf die ihr bekannten Anbieter, soweit ihr das möglich
ist, auch aktiv zugehen, um die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf
die Aufnahme etwaiger neuer Finanzierungen in dieser Rechtsform zu
erläutern. Da diese Finanzierungsform aber nicht ihrer direkten
Aufsicht untersteht, hat sie keine Informationen über alle
österreichweiten Anbieter. Die FMA lädt Anbieter, die eine
Finanzierung mittels Nachrangdarlehen planen, ein, ihr
Finanzierungsmodell im Lichte der neuen Rechtsauslegung zu prüfen.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | FMA

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel