- 21.04.2017, 14:09:25
- /
- OTS0161
Parlament: TOP im Nationalrat am 26. April 2017
Aktuelle Stunde, EU-Erklärung, Zusatzrente für misshandelte Heimkinder, neues Versammlungsrecht, Erleichterung bei Rot-Weiß-Rot- Karte
Utl.: Aktuelle Stunde, EU-Erklärung, Zusatzrente für misshandelte
Heimkinder, neues Versammlungsrecht, Erleichterung bei
Rot-Weiß-Rot-
Karte =
Wien (PK) - In der kommenden Woche tritt der Nationalrat an zwei
Tagen zusammen. Beschlossen werden am Mittwoch nach einer Aktuellen
Stunde und einer EU-Erklärung von Bundeskanzler Christian Kern und
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner vor dem Brexit-Sondergipfel am 29.
April als erster Tagesordnungspunkt eine Zusatzrente für misshandelte
und missbrauchte Heimkinder. Dem auf Initiative von
Nationalratspräsidentin Doris Bures abgehaltenen Staatsakt, bei dem
seitens Politik und Kirche im vergangenen November ein symbolisches
Zeichen zur Anerkennung der Leiden jener ehemaligen Heimkinder
gesetzt wurde, die unter staatlicher bzw. kirchlicher Obhut Opfer von
Gewalt wurden, folgt damit ein weiterer, konkreter Schritt.
Den Nationalrat passiert nächste Woche auch bereits das neue
Versammlungsrecht, auf der Tagesordnung stehen außerdem Gesetze für
einen erleichterten Zugang von Studierenden und Start-ups zur Rot-
Weiß-Rot-Karte sowie Lockerungen im Lohn-und Sozialdumpinggesetz für
die Transportbranche. Mit einem Abkommen zwischen Österreich und
Albanien sollen Versicherungslücken geschlossen werden.
Kein Glück werden die NEOS mit dem Versuch haben, die
Zwangsmitgliedschaft bei der Arbeiterkammer abzuschaffen. Die Grünen
wollen wiederum bei der Wirtschaftskammer ansetzen. Strafgelder von
Vergehen gegen die Gewerbeordnung sollten aus ihrer Sicht nicht in
die Kammer fließen. Die Initiative zur Änderung der Gewerbeordnung
wird in einer Ersten Lesung diskutiert.
Die Sitzungen beginnen sowohl am Mittwoch als auch am Donnerstag um
9.00 Uhr.
Aktuelle Stunde
Das Thema für die Aktuellen Stunde "Eliteunis für alle durch faire
Studienplatzfinanzierung" haben diesmal die NEOS ausgewählt.
EU-Erklärung
Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner
geben im Vorfeld des Sondergipfels der EU-Staats- und
RegierungschefInnen eine Erklärung ab. Der Sondergipfel am 29. April
dient der Festlegung der Leitlinien für die Brexit-Verhandlungen.
Zusatzrente für misshandelte Heimkinder
Mit einem auf Initiative von Nationalratspräsidentin Doris Bures
abgehaltenen Staatsakt im Parlament haben Politik und Kirche im
vergangenen November ein symbolisches Zeichen zur Anerkennung der
Leiden jener ehemaligen Heimkinder gesetzt, die unter staatlicher
bzw. kirchlicher Obhut Opfer von Gewalt wurden. Nun folgt dieser
"Geste der Verantwortung" ein weiterer, konkreter, Schritt. Der
Sozialausschuss des Nationalrats stimmte mit S-V-G-N-Mehrheit dem
Vorhaben der Regierung zu, den Betroffenen ab Juli 2017 eine Rente zu
gewähren. Wer in Heimen des Bundes, der Länder und der Kirche
missbraucht bzw. misshandelt wurde, wird ab Erreichen des
Regelpensionsalters bzw. ab Pensionsantritt eine monatliche Zahlung
von 300 € erhalten. Dieser Betrag soll brutto für netto gelten.
Man rechnet damit, dass davon zunächst etwa 2.000 Personen Gebrauch
machen werden. Insgesamt geht die Regierung von rund 7.000 Fällen
aus, die jährlichen Kosten werden auf vorläufig 8 Mio. € geschätzt.
Noch verhandelt wird über eine Ausdehnung des Bezieherkreises. Zudem
ist noch offen, inwieweit eine Kürzung der Mindestsicherung durch den
Rentenbezug verhindert werden kann. Bei einem öffentlichen Hearing im
Sozialausschuss forderten die geladenen ExpertInnen auch eine
zentrale und offizielle Anlaufstelle für alle Betroffenen.
Erleichterter Zugang von Studierenden und Start-ups zu Rot-Weiß-Rot-
Karte
Ein erleichterter Zugang ausländischer Studierender und Start-up-
GründerInnen zum österreichischen Arbeitsmarkt, neue Regelungen für
Saisoniers und eine Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen für den
konzerninternen Transfer von Schlüsselarbeitskräften an EU-Recht, das
sind die Eckpunkte einer Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz,
die neben SPÖ und ÖVP voraussichtlich auch die Stimmen der Grünen
erhalten wird. Änderungen gibt es dabei auch für Saisoniers und
ErntehelferInnen.
Demnach sollen ErntehelferInnen erst ab 2019 in die
Pensionsversicherung einbezogen werden. Begründet wird das damit,
dass man bei landwirtschaftlichen Produkten mit Deutschland
konkurrenzfähig bleiben will. Dort gebe es die Möglichkeit,
SaisonarbeiterInnen bis zu 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage
sozialversicherungsfrei zu beschäftigen. Diese Frist werde erst mit
2019 auf zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage reduziert und gleichzeitig
der tarifvertragliche Mindestlohn in der Landwirtschaft erhöht.
Derzeit sind ErntehelferInnen in Österreich nur kranken- und
unfallversichert, das ist künftig EU-rechtlich nicht mehr zulässig.
Noch offen ist, wann die ergänzenden Bestimmungen im Niederlassungs-
und Aufenthaltsgesetz, etwa was die Visaerteilung betrifft, vom
Innenausschuss beschlossen werden.
Wohl nicht durchsetzen werden sich die Grünen als auch die NEOS aber
mit ihrer Forderung, AsylwerberInnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu
eröffnen, wenn das Asylverfahren länger dauert. Nach Meinung der
Grünen verstößt Österreich mit den geltenden Restriktionen gegen eine
EU-Richtlinie, der zufolge AsylwerberInnen nach neun Monaten ein
effektiver Arbeitsmarktzugang zu gewähren ist.
Abgelehnt werden so gut wie sicher auch zwei Entschließungsanträge
der FPÖ. Sie zielen zum einen auf mehr Transparenz bei der Vergabe
von AMS-Kursen und anderen Angeboten zur Wiedereingliederung von
Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt ab. Zum anderen fordert die
Oppositionsfraktion, die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt der
bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Basis eines Urteils des
Europäischen Gerichtshofs zur deutschen Notstandshilfe "Hartz IV" zu
überprüfen.
Lockerungen im Lohn-und Sozialdumpinggesetz für die Transportbranche
Um Lohn- und Sozialdumping durch ausländische Unternehmen in
Österreich zu unterbinden, hat die Politik in den vergangenen Jahren
strenge gesetzliche Regelungen beschlossen. Nun werden die Schrauben
für die Transportbranche allerdings wieder etwas gelockert. Durch
eine Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz kommen für
die Transportbranche bürokratische Erleichterungen bei
grenzüberschreitenden Entsendungen, und zwar sowohl für den Bereich
der Personenbeförderung als auch jenen der Güterbeförderung.
Gemäß den neuen Bestimmungen müssen Transportunternehmen geplante
grenzüberschreitende Entsendungen nach Österreich künftig nur noch
pauschal für jeweils sechs Monate melden. Nachweise von
Lohnunterlagen reichen künftig zudem auch elektronisch. Das
Sozialministerium geht davon aus, dass sich die Unternehmen damit
knapp 3 Mio. € pro Jahr an Verwaltungskosten ersparen werden. Wenig
Verständnis für die Lockerungen haben FPÖ und Grüne.
NEOS gegen Zwangsmitgliedschaft bei der Arbeiterkammer
Die NEOS pochen in einer Entschließung darauf, die
Zwangsmitgliedschaft bei der Arbeiterkammer abzudrehen. Mit den von
den Mitgliedern zu zahlenden Beiträgen von 0,5% des Bruttogehalts
würde nicht nur Vertretungsarbeit für ArbeitnehmerInnen geleistet,
vielmehr würde damit ein Vermögen angehäuft, das keine sinnvolle
Verwendung findet, kritisieren sie. Diese Mittel würden von
MitarbeiterInnen der Arbeiterkammer dann beispielsweise für völlig
unsinnige Preisvergleichsstudien, etwa von Faschingskrapfen,
eingesetzt.
Die Oppositionsfraktion drängt außerdem darauf, die Arbeiterkammer zu
verpflichten, einen Bescheid auszustellen, wenn sie einem
Arbeitnehmer keinen Rechtsschutz in einer arbeits- und
sozialrechtlichen Angelegenheit gewähren. Damit hätten Betroffene die
Möglichkeit, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu ergreifen,
argumentieren die NEOS. Unterstützung kam bisher nur von den
Freiheitlichen und dem Team Stronach.
Team Stronach will ausländischen PensionistInnen Ausgleichszulage
streichen
Auf Ablehnung im Nationalrat wird zudem ein Antrag vom Team Stronach
stoßen, in dem es fordert, in Österreich lebenden ausländischen
PensionistInnen die Ausgleichszulage zu streichen. Es komme nämlich
immer wieder vor, dass sich faktisch mittellose Personen einen
Aufenthaltstitel erschleichen, indem sie über Umwege ausreichende
Existenzmittel nachweisen, um in weiterer Folge dann
Sozialleistungen, etwa in Form der Ausgleichszulage, zu beanspruchen,
so die Argumentation. Die Oppositionsfraktion will grundsätzlich
verhindern, dass sich Menschen aus ärmeren EU-Ländern in Österreich
niederlassen.
Abkommen zwischen Österreich und Albanien über soziale Sicherheit
Außerdem auf der Tagesordnung steht ein Abkommen zwischen Österreich
und Albanien zur sozialen Sicherheit. Damit sollen
Versicherungslücken von Personen, die sich vorübergehend im anderen
Staat niedergelassen haben bzw. in beiden Ländern erwerbstätig waren,
geschlossen und Doppelversicherungen vermieden werden. Im Bereich der
österreichischen Pensionsversicherung geht man von 18 Neuzugängen im
ersten Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens und durchschnittlich
fünf Neuzugängen in den Folgejahren aus.
Versammlungsrecht
Mit der Novelle zum Versammlungsgesetz wird es in Zukunft rund um
Demonstrationen eine Schutzzone von bis zu 150 Meter geben. Zudem
erhält die Regierung die Möglichkeit, Wahlkampfauftritte
ausländischer PolitikerInnen in Österreich unter bestimmten
Voraussetzungen zu verbieten. Die Neuerungen bleiben aber umstritten.
Der Innenausschuss hat den diesbezüglichen Antrag der Koalition einer
zweiwöchigen Begutachtung unterzogen, dabei wurden rund 40
Stellungnahmen abgegeben. Die Debatte im Ausschuss brachte keinerlei
Annäherungen der Positionen, dem Plenum werden auch keine
substantiellen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Antrag
vorgelegt.
Die Opposition lehnt den Entwurf einhellig ab, man befürchtet, das
Demonstrationsrecht von AusländerInnen werde übermäßig eingeschränkt.
SPÖ und ÖVP wiederum versichern, die Versammlungsfreiheit werde nicht
angetastet, und betonen, das Versammlungsrecht werde praktikabler; es
gehe um Rechtssicherheit und darum, die Arbeit der Polizei zu
erleichtern. Innenminister Wolfgang Sobotka hielt dazu im Ausschuss
fest, die Änderungen zielten darauf ab, die bestmögliche Sicherheit
für alle Beteiligten zu gewährleisten. Er kündigte auch eine Enquete
zum Versammlungsrecht an, da man sich überlegen müsse, wie man
unbeteiligt Dritte besser schützen und die Verantwortlichkeit des
Versammlungsleiters präzisieren könne.
Ziel der neuen Schutzzone ist die Gewährleistung des ungehinderten
Ablaufs von Demonstrationen. Weder am Ort einer rechtmäßigen
Versammlung noch innerhalb des Schutzbereichs darf künftig eine
andere Versammlung abgehalten werden. Damit wollen die
Regierungsparteien die Störung oder Verhinderung einer Versammlung
durch Gegendemonstrationen verhindern. Das Ausmaß des Schutzbereichs
ist von der Behörde vorab festzulegen, zu berücksichtigen sind dabei
etwa die Zahl der erwarteten TeilnehmerInnen sowie der zu erwartende
Verlauf der Versammlung. Wird kein ausdrücklicher Schutzbereich
angeordnet, gilt eine allgemeine Schutzzone von 50 Metern, das
betrifft auch sogenannte Spontanversammlungen. Maximal darf eine
Schutzzone jedenfalls 150 Meter betragen.
Um Behörden ausreichend Zeit für die Prüfung und für vorbereitende
organisatorische Maßnahmen zu geben, wird die Frist zur Anmeldung
einer Versammlung von 24 auf 48 Stunden verlängert. Ist die Teilnahme
eines Vertreters bzw. einer Vertreterin eines ausländischen Staates
oder einer internationalen Organisation an der Versammlung geplant,
verlängert sich diese Frist auf eine Woche.
Deutlich ausgeweitet wird die Möglichkeit, politische Kundgebungen
von Nicht-EU-BürgerInnen zu verbieten. Demnach kann die zuständige
Behörde eine Versammlung künftig dann untersagen, wenn sie "der
politischen Tätigkeit von Drittstaatsangehörigen dient und den
anerkannten internationalen Rechtsgrundsätzen und Gepflogenheiten
oder den völkerrechtlichen Verpflichtungen, den demokratischen
Grundwerten oder außenpolitischen Interessen der Republik Österreich
zuwiderläuft", wie es im Wortlaut nunmehr heißt. Ist der Auftritt
eines ausländischen Politikers oder eines anderen Vertreters eines
ausländischen Staates bei einer derartigen Versammlung geplant, liegt
es im Ermessen der Bundesregierung, ein Verbot zu verhängen. Die
Grundrechte sehen die Regierungsparteien durch die neue Bestimmung
nicht verletzt: Auch die Europäische Menschenrechtskonvention erlaube
es, die politische Tätigkeit von AusländerInnen bestimmten
Beschränkungen zu unterwerfen, wird in den Erläuterungen zum
Gesetzentwurf hervorgehoben.
Erste Lesung: Gewerbeordnung und Wirtschaftskammer
Eine Erste Lesung gibt es schließlich über eine Initiative der
Grünen, in der sie sich gegen die Weitergabe von Strafgeldern an die
Wirtschaftskammer aussprechen. Derzeit werden eingehobene Strafgelder
von Vergehen gegen Bestimmungen der Gewerbeordnung
von der Bezirksverwaltungsbehörde an die Wirtschaftskammer
weitergegeben, was die Oppositionsfraktion als Querfinanzierung der
Wirtschaftskammer durch den Steuerzahler kritisiert. Die Grünen
verlangen eine Änderung der Gewerbeordnung. Die Kammer soll Mittel
für die Unterstützung von Unternehmen aus ihren gewöhnlichen
Einnahmen aufbringen und nicht als "Zubrot" von den
Bezirksverwaltungsbehörden einfordern, so der Antrag, der dem
Wirtschaftsausschuss zugewiesen wird. (Schluss) keg/jan
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA